Glittertind - Djevelsvart

Review

GLITTERTIND präsentieren sich auf „Djevelsvart“ zum ersten Mal als komplette Band. Gleich mit sechs Mannen treten sie an, um den nächsten Kelch mit kreativer Melodieflut über uns auszuschütten. Ohne groß Spannung aufbauen zu wollen darf ich vorwegnehmen, dass das Ergebnis grandios ist! Jedes Gefühl wird auf „Djevelsvart“ angesprochen: GLITTERTIND nehmen uns mit in stürmische Schlachten, geben uns schmachtende Balladen und alles derart tiefgründig und fernab von üblichem Vorgehen, dass man mühelos aus dem alltäglichen Trott gezogen und für knappe 36 Minuten in einer anderen Welt geparkt wird.

Die norwegischen Texte weisen manchmal den Rhythmus asiatischer Musik auf, was Songs wie das heroische „Sundriven“ noch bunter macht. Ausklingend erinnert das Stück „Sprekk For Sol“ ebenfalls an asiatische Vorgehensweisen, eine kindliche Geistermelodie begleitet den plötzlich komplett auseinanderbrechenden Takt und beendet den Song. Der Band Punk-Anleihen zu unterstellen halte ich für etwas übertrieben. Es blitzen zwar punkige Strukturen im Opener „Djevelsv“ oder im später folgenden, tanzbaren „Tåketanker“ auf und einige dicke Basslines sind punküblich, aber grundsätzlich haben wir es hier mit Folk, Viking Metal und Rock im weitesten Sinne (!) zu tun.

Obwohl es natürlich auch ordentlich Tempopeitschen gibt und sogar einige „Growls“, geht es auf „Djevelsvart“ grundsätzlich sehr elegant, gemächlich und märchenhaft zu. GLITTERTIND sind eine der wenigen Bands bei denen man hört, dass jemand richtig (!) Klavier spielen kann. Wir reden nicht von Akkorden vorlegen oder theatralisch-zuckrigen Synthiesounds, sondern von der Begabung, dem Ungetüm alle Emotionen zu entlocken. Ein Klavierstück ist dann besonders gut, wenn der letzte Ton erklungen ist, man die Stille förmlich hören kann und kurzzeitig wie gelähmt ist. Nachzuhören beim letzten Stück „Utgang“, wehmütig und melancholisch entlassen uns GLITTERTIND und zwingen den Hörer praktisch zum Neustart der Platte. Auch in „Nymåne“ wird sich der guten und bösen Tasten bedient und hier schenken uns die Nordmänner eine bewegende Ballade, die besonders mit dem richtigen Ambiente eine angenehme, wehmütige Schwere im Raum verbreitet. Absolut perfekte Trommelschläge, eine anrührende Melodie und einen stetig anschwellenden Aufbau. Lediglich „Stjerneslor“ ist das Sorgenkind der Platte, denn irgendwie haben wir das vorher bei „Nymåne“ schon besser gehört. Das Stück wirkt verloren und etwas ziellos, im Vergleich zu den restlichen Perlen.

GLITTERTIND schreiben Musik für die Seele, mal feinfühlig, mal stürmisch und immer bezaubernd! Fans, die mit Pagan ausschließlich Humppa und Bier verschütten assoziieren, können weiter ihr Schwert putzen. Kenner von Pagan-Musik ohne Scheuklappen müssen dieses Album zwingend kaufen und auch Grenzgänger zumindest mal reinhören. GLITTERTIND erzählen wahre Geschichten, jeder Song schlägt eine weitere staubige Seite auf und das Sextett nimmt den Hörer schnell gefangen. Mit jedem Durchlauf entblättern die Norweger noch mehr Detailverliebtheit und „Djevelsvart“ wächst somit mit jeder Begegnung.

19.11.2013
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