Gösta Berlings Saga - Konkret Musik

Review

Manchmal gehen Bands, die ihre progressiven Wege verlassen oder eben vorübergehend hintenan stellen, einfach nur die Ideen aus. Manchmal kommt dabei aber  auch Großes dabei heraus, wie hier im Falle des neuen Albums „Konkret Musik“ von GÖSTA BERLINGS SAGA. Das Album ist längst nicht die experimentelle Odyssee, die noch „ET EX“ darstellte. Stattdessen konzentrieren sich die Schweden hier aufs Wesentliche und bringen ein Album heraus, das im Grunde als die bessere ZOMBI-Veröffentlichung betrachtet werden kann, die dieses Jahr das Licht der Welt erblickt hat.

GÖSTA BERLINGS SAGA veröffentlichen das bessere ZOMBI-Album

Sprich: GÖSTA BERLINGS SAGA spielen heuer elektronischen Instrumental-Rock, der nicht mehr so sehr auf progressive Tuchfühlung geht wie sein Vorgänger. Es ist stattdessen ein mal mehr, mal weniger tanzbarer Trip mit sich wiederholenden Motiven und Melodien, der meist von Synthesizern angeleitet wird, wobei sich deren Loop-Lastigkeit in Grenzen hält. Eingefasst ist das Ganze in elegante aber bestimmte Rhythmen, die selten aus dem 4/4-Korsett heraus brechen. Zu den Ausnahmen gehört beispielsweise „Vinsta Guldglocka“. Das haben sie aber auch nicht nötig, da das Elektro- und Saitengespinst ganze Arbeit leistet, um die Tracks mit Leben zu füllen.

Der Fluss des Albums fühlt sich an, als sei es in mehrere Segmente untergliedert, die wiederum aus jeweils zwei bis drei meist fließend ineinander übergehenden Tracks besteht. Teilweise sind das Intros („Closing Borders“) auf welche die eigentlichen Songs folgen („To Never Return“), teilweise auch aufeinander folgende Songs, die ineinander übergehen, wie beim eröffnenden Doppel „Släpad“ und „Vinsta Guldglocka“. Dabei werden diese Tracks nicht zwangsläufig motivisch verknüpft, haben aber eine vergleichbare Stimmung inne und sind damit in der gleichen Klangfarbe gehalten.

„Konkret Musik“ überzeugt mit Konsistenz und drückender Stimmung

Und apropos Stimmung: Diese ist durchweg düster geraten. Es scheint ein konstantes Gefühl der Bedrohung durch, angefangen bei der sinister anmutenden Melodieführung und den gespenstischen Synths des Openers „Släpad“ über aggressive, leicht psychotische Banger wie dem Titeltrack hin zu den arschcoolen Grooves eines „To Never Return“, die dem Song den Charakter eines besonnenen, stylischen Bösewichts verleihen. Da ist die staubige Rock-Explosion von „The Pugilist“ fast schon ein Segen, in dem die Band einer Synth-affinen Variante der DESERT SESSIONS gleichkommen, zuzüglich Arpeggio-lastigem Riffing und wilder aber nicht ungestümer Percussion.

„ET EX“ war schon gut, um nicht zu sagen: besser, als Unsereins seinerzeit zugeben wollte. Aber mit „Konkret Musik“ schlagen GÖSTA BERLINGS SAGA (einstweilig) einen neuen, erfrischenden Pfad ein. Mit Leichtigkeit ist das Album deshalb mitnichten genossen. Denn dafür drückt die Atmosphäre dann doch ein bisschen zu sehr. Doch das höhere Maß an Zugänglichkeit ist schon spürbar, auch aufgrund des beeindruckenden Flows, den das Album hat. Dazu kommt ein klarer, druckvoller Sound und die stets geschmackvolle Ausgestaltung der Songs – und das Ergebnis ist abwechslungsreicher, stimmungsvoller, aber auch erstaunlich tanzbarer Trip, den man nicht verpassen sollte.

22.07.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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