Kampfar - Mellom Skogkledde Aaser

Review

Bevor Pagan Metal in den meisten Fällen zu etwas geworden ist, das weder mit Heidentum, noch mit Metal viel zu tun hat, hatte er ursprünglich seine Wurzeln im frühen norwegischen Black Metal. Die erste Band, die diesen Begriff benutzte, waren IN THE WOODS…; guten Gewissens kann man zudem das Frühwerk von ULVER, HELHEIM, BORKNAGAR, ENSLAVED und natürlich WINDIR in diese Kohorte einordnen, die rein gar nichts mit Odins neuzeitlichen Auswüchsen und Verfehlungen gemein hat. Eine Band die von Anfang an unbestreitbare Meister darin waren, harschen Black Metal mit folkloristisch anmutenden Melodien und Themen zu unterfüttern, waren natürlich auch KAMPFAR, deren wunderbares Debüt “Mellom Skogkledde Aaser” (“Zwischen bewaldeten Hügeln”) wir diese Woche im Blast From The Past behandeln wollen.

KAMPFAR: Das erste Album ist der Maßstab

Die seit nunmehr 30 Jahren beharrlich von Shouter (und damals auch Drummer) Dolk geführte Band hat natürlich auch in ihrer zweiten Karrierehälfte sehr starke Alben à la “Heimgang” oder “Profan” veröffentlicht, muss sich in gewisser Weise auf ewig aber an seinem Erstling messen. Einerseits ist “Mellom Skogkledde Aaser” die Geburt des typischen KAMPFAR-Sounds: schroffe Riffs, Vocals, die wie von einem Troll gekeift klingen und ein zurückhaltender Einsatz folkiger Melodien. Andererseits besitzt das Album die besondere Magie skandinavischer Debüt-Alben aus den Neunzigern, die man als aufstrebende Band nicht kopieren, als etablierte Band nicht reproduzieren kann.

Solche Klassiker sind nämlich bestenfalls unperfekt. Unperfekt wie die nahezu völlig basslose und karge Produktion, die allerdings gut zur trostloseren Facette der skandinavischen Landschaft passt. Das spiegelt auch das unperfekt-schrullige Coverfoto wider. Völlig erhaben und durchweg vorbildlich ist hingegen die Epik von Stücken wie “Valgalderkvad” oder dem treffend betitelten “Hymne”. Mit zurückhaltenden Keyboards erzeugen KAMPFAR darin eine ähnlich suggestiv-bedrohliche Atmosphäre wie ihre Kollegen ENSLAVED auf “Frost”.

Nachhaltig einflussreich

Ansonsten klangen Dolk und sein Saiteninstrumentalist Thomas auf den schwarzmetallischeren Stücken des Albums wie eine BATHORY-Version der ersten drei TAAKE-Alben. Ähnlich wie die Bergener besaßen auch KAMPFAR ein Talent dafür, mit wenigen Mitteln und ohne viel Schmuck, Songs mit großem erzählerischen Potential zu schreiben.

“Mellom Skogkledde Aaser” – Karrierestart einer wunderbaren Band

Retrospektiv ist “Mellom Skogkledde Aaser” der Karrierestart für eine Band, der man einfach Respekt zollen muss. Ohne sich je groß zu verbiegen oder Trends aufzusitzen, ohne prätentiöse Prog-Ambitionen oder Ausverkauf ziehen Dolk – übrigens ein Jugendfreund von ex-MAYHEM-Sänger Dead – und Co. seit dreißig Jahren stoisch ihr Ding durch, sind qualitativ eine verlässliche Konstante und angenehmerweise zudem nie durch Skandale, Völkermord-Fantasien oder ähnliche Unannehmlichkeiten aufgefallen. Das Debüt von KAMPFAR ist eine dieser wunderbaren Platten, die man regelmäßig etwas aus den Augen verliert, um dann von ihrer Klasse wieder vollkommen gefangen zu werden. Lasst euch mal wieder verzaubern!

06.03.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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