Machine Head - The Blackening

Review

Mein lieber Herr Gitarrenverein. Manche Bands brauchen offensichtlich ein Aha-Erlebnis, einen kleinen Schlag ins Genick, manchmal auch einen Roundhouse-Kick von Chuck Norris, um wieder auf die richtige Spur zu kommen. Sie raffen es sonst einfach nicht. MACHINE HEAD hatten diesen ab 2001, als sich die Band durch einen locker-flockigen Prozess der musikalischen Anbiederung sowie externer „Unregelmäßigkeiten“ beinahe selbst erhängt hatte. Und wie so oft, wenn man anschließend – bewiesen durch „Through The Ashes Of Empires“ – plötzlich wieder Freude am Geschmack seiner eigenen Wurzeln hat, passiert was? Richtig. Man möchte noch einen draufsetzen. Mit „The Blackening“ wollen die Jungs es nun endgültig wissen.

Acht Songs in 61 Minuten. Da ahnt man bereits vor dem ersten Hörgang, was auf einen zukommt. Intensiv und gezielt wurden Gerüchte und Statements im Vorfeld – besonders von Frontmann Robb Flynn („zweites ‚Master of Puppets’“) – gestreut, um auf das sechste Studioalbum heiß zu machen. Und entsprechend fällt die Jungfernfahrt durch die Scheibe aus: Ernüchternd. Den schweren Brocken zu verarbeiten (nicht zu verstehen!), bedarf einiger Zeit. Doch ab dann sollte man sich vor der Walze in Deckung nehmen – zumindest meistens.

Von METALLICAs Akustikklängen zum Intro von „Battery“ inspiriert, schießen MACHINE HEAD in „Clenching The Fists Of Dissent“ brachial los. Parallelen zum Übersongs „Imperium“ sind nicht von der Hand zu weisen. Doch sind die Kalifornier diesmal in ihren Songstrukturen unberechenbaren und warten im Opener – neben den tonnenschweren Riffs und bekannten Ausflügen in seichtere Refrain-Gewässer – mit mehr Masse, Streubomben und sogar einem Weiber-Gangshout auf. Das obligatorische Riffing zum Schluss faded den Song aus – schwacher Schluss. Wesentlich schneller zum Schuss kommt „Beautiful Mourning“, das durch sein plakatives Eingangsstatement („Fuck You All!“) doch recht deutlich zeigt, in welche Richtung es gehen soll, sich aber nicht verkneifen kann, die Handbremse zwischendurch anzuziehen.

Kommen wir zu einem wesentlichen Highlight der Platte. Phil Demmel, der sich diesmal ins Songwriting (auffallend) einbringen konnte, und Robb Flynn liefern sich eine Gitarren-Solo-Schlacht, die jeden Liebhaber mit der Zunge schnalzen lässt. Teilweise über Minuten prallen zwei musikalische Alpha-Tiere mit beharrlicher Ausdauer aneinander, die die Saiten und Fingernägel nur so zum Glühen bringen. Es werden Brücken geschlagen, die groovige Stampfer wie „Halo“ oder „Aesthetics of Hate“ aus der Aggression heraus in fast epische Gefilde führen – und wieder zurück.

Auch bei acht Songs besteht natürlich die Gefahr, den einen oder anderen in den Sand zu setzen. Ist dies der Fall, schlägt das entsprechend schwerwiegend zu Buche. Bei „Now I Lay Thee Down“, aber auch in der ersten Hälfte von „Wolves“, kann man nicht unbedingt von „in den Sand“ sprechen, doch wollen diese für MACHINE HEAD Verhältnisse nicht wirklich überzeugen und dümpeln gemächlich an einem vorbei. Ob das einer Band mit solchen Ansprüchen wirklich passieren darf, besonders wenn diese so laut in die Welt posaunt werden? Die lange Spielzeit relativiert sich zudem etwas durch das ein oder andere ausschweifende Intro/Outro, wie z.B. im letzen Lied „A Farewell To Arms“, das trotzdem einen gebührenden Abschluss darstellt. Der Song täuscht eine Ballade an und schafft es, in seinen zehn Minuten immer aggressiver und brutaler zu werden. Nicht nur hier haben MACHINE HEAD mit „The Blackening“ bewiesen, dass Mut belohnt wird.

24.03.2007
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