Neaera - Armamentarium

Review

Mit Death-Metal-Bands ist es ähnlich, wie mit den Schlägern auf den Pausenhöfen: Manche (im Death Metal vor allem die Schweden) drohen dir einen Tritt in die Klöten an, um dich davon zu überzeugen, dass du ihnen dein Pausenbrot geben willst, andere – auf den Death Metal übertragen zumeist die Amerikaner – zücken gleich das Klappmesser und den Baseballschläger. Die fünf Deutschländer NEAERA bewegten sich auf ihren beiden Vorgängeralben „The Rising Tide Of Oblivion“ (2005) und „Let The Tempest Come“ (2006) stilistisch vorwiegend im schwedischen, melodischen Bereich, welchen sie noch mit ziemlich fetten Metalcore-Parts würzen.

Auf „Armamentarium“, dem neuen Werk der Münsteraner, ist das jedoch anders: Es wird nicht mehr nur melodisch gemörtelt, sondern es treten vermehrt Oldschool-Death-Metal-Zitate auf und von den Metalcore-Roots ist so gut wie gar nichts mehr zu vernehmen.

Nach nur wenigen Durchgängen im CD-Player ist klar: NEAERA sind wütender geworden! Das bekommt der Hörer direkt mit dem Opener „Spearheading The Spawn“ mit einem fiesen Grinsen in die weit offenstehende Kauregion gebrandmarkt, denn Gefangene werden auf „Armamentarium“ nicht gemacht. In diesem Stil geht es weiter: Der Titelsong, das geniale „Tools Of Greed“ oder „Harbinger“ lassen alle deutlich die neue, härtere Marschrichtung der Band erkennen, bevor es mit „In Loss“ und „Escape From Escapism“ wieder etwas melodischer zu geht. Die größte Überraschung folgt aber mit dem Rausschmeißer „Liberation“: Haben NEAERA schon immer mal den einen oder anderen Black-Metal-Einfluss durchblicken lassen, ist dieser Song ganz klar mit diversen Schwarzstahl-Zitaten gespickt.

Es gibt allerdings auch einen größeren Kritikpunkt: Fiel schon der Vorgänger „Let The Tempest Come“ etwas gegenüber dem Debüt ab, ist „Armamentarium“ nochmal ein kleiner Qualitätsverlust, denn trotz aller Härte fehlt dieser Scheibe etwas, was die ersten beiden Alben hatten: Hits. Fans, die auf „Armamentarium“ einen unwiderstehlichen Mitgröhl-Refrain wie in „Walls Instead Of Bridges“ oder einen solch eingängigen Riff wie in „The World Devourers“ suchen, werden enttäuscht werden, auch einen solchen Bolzen wie den Titelsong der zweiten NEAERA-Veröffentlichung gibt es nicht. Schade, sehr schade, denn würde die Band ihre neue Härte jetzt noch mit dem Hitcharakter der Songs der ersten beiden Alben paaren, würde tatsächlich eine neue, potentiell ganz große Band in den Startlöchern stehen.

So aber reicht es trotz der coolen, kraftprotzenden Songs, der fetten Produktion und des über allem stehenden Schreihalses Benny Hilleke, der mal mit tiefen Growls, mal mit verzweifelten, hohen Schreien, wie wir sie von den ersten Alben kennen, die intelligenten Texte in die Welt brüllt, „nur“ zu acht Punkten.

31.08.2007
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