Necrophobic - The Nocturnal Silence

Review

Nein, die Schnellsten waren NECROPHOBIC noch nie, und das ist eine Konstante, die angesichts der Wiederveröffentlichung ihres Debütalbums „The Nocturnal Silence“ noch einmal augenfällig wird. Ihre ersten beiden Demos erschienen zu einer Zeit, als ENTOMBED ihr Debütalbum noch nicht auf dem Markt hatten, doch zeigt der Sprung zu ihrem dritten Demo „Unholy Prophecies“, dass dort eine Band am Werke war, die ihren ureigenen Stil erst noch finden wollte und musste. Und so sollte es noch bis Januar 1993 dauern, bis NECROPHOBIC mit ihrer EP „The Call“ endlich neues Songmaterial vorlegten – und im darauffolgenden Sommer waren die vier Musiker endlich soweit, ins Sunlight Studio zu gehen, um „The Nocturnal Silence“ einzutrümmern.

Aber egal, ob NECROPHOBIC recht spät dran waren und andere Bands schon wieder Auswege aus der reinen Death-Metal-Lehre suchten: Die Band hat an ihrem Stil und an jedem einzelnen Song so lange gefeilt, bis jeder Ton sitzt. Und so ist „The Nocturnal Silence“ ein hochkarätiges Album, das von der Band bis zum heutigen Tage zumindest nicht mehr getoppt worden ist – obwohl NECROPHOBIC bis dato einige starke Alben abgeliefert haben.

Im Rückblick ist „The Nocturnal Silence“ natürlich das NECROPHOBIC-Album, das am ehesten Death Metal ist, auch wenn die Musik schon einige Black-Metal-Einflüsse hat. Da gibt es einerseits eine kraftvolle Sunlight-Produktion, die den Songs eine greifbare Nähe gibt, auch wenn der Sound vereinzelt mit Hall versehen wurde. Da gibt es mit Anders Strokirk einen Frontmann, dessen Gesang einfach kerniger ist als das heisere Gekeife eines Tobias Sidegård (der zudem die Hälfte der Silben verschluckt). Da gibt es eher traditionell ausgerichtetes Schlagzeugspiel, das sich an den Konventionen des Death Metals orientiert. Andererseits gibt es aber schon hier jene Gitarrenriffs und Leads, die hörbar zur düsteren Atmosphäre beitragen, die seitdem zu einem Markenzeichen der Band geworden ist – nicht umsonst tauchte Gitarrist David Parland nur unwesentlich später bei DARK FUNERAL im Line-Up auf. Und natürlich gibt es Texte, die sich mehr mit Beelzebub und Fegefeuer als mit faulenden Innereien befassen.

Zum damaligen Zeitpunkt hatte genau diese Schnittmenge ziemlichen Seltenheitswert (und genau dieses Prädikat hat sich die Band bis heute bewahrt), und das macht auch heute den besonderen Reiz von „The Nocturnal Silence“ aus. Der reine Death Metal der ersten Stunde war 1993 in Auflösung begriffen, und die meisten schwedischen Death-Metal-Bands hatten zu dem Zeitpunkt bereits ihr Pulver verschossen und die erste Identitätskrise hinter sich. In diesem Umfeld kam „The Nocturnal Silence“ vielleicht ein wenig untrendig daher, dafür aber umso unbeirrter. Die eigentlichen Innovationen wurden jedoch erst mit dem Zweitwerk „Darkside“ offenbar, das ein gutes Stück schwarzmetallischer klang.

Noch ein Wort zur Wiederauflage von „The Nocturnal Silence“, die beim reanimierten Hammerheart-Label rauskommt: Dass darauf keine Bonustracks zu finden sind, ist nicht weiter verwunderlich, denn NECROPHOBIC haben eigentlich nie auf Überschuss produziert. Irritierend ist aber, dass Track fünf als „Shadows Of The Moon“ ausgewiesen wird, und nicht richtig als „Inborn Evil“. Der Fehler tauchte bereits auf der ursprünglichen Pressung von Black Mark auf, bei späteren Nachpressungen von Hammerheart/Karmageddon jedoch nicht – was die Chose unverständlich macht.

13.01.2011

- Dreaming in Red -

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