Nile - Annihilation Of The Wicked

Review

Wie ein kleines Kind hab ich mich auf die neue NILE gefreut. Besonders seit die vier Ägyptologen auf den diesjährigen No Mercy Festivals zum ersten mal so richtig überzeugen konnten! Den Weggang von Jon Vesano hat die Band mehr als gut verkraftet, zumal man in Joe Payne einen Mann für den Viersaiter gefunden hat, der nicht nur optisch an Jason Newsted und Steve Tucker erinnert. Mit seinem absolut überzeugenden Spiel trägt der 19-jährige Wunderknabe enorm zum neuerdings ungeheuer tighten Auftreten der Band bei. Das war nicht immer so. Denn während NILE auf Platte schon immer eine ungeheure Macht waren, konnten sie mich live nie wirklich überzeugen. In der Vergangenheit störte doch die Zerfahrenheit der Bühnenperformance den Fluss des Gigs ziemlich, da nach jedem Song erst einmal Pause war, um neue Samples zu laden und an den Klampfen rumzuschrauben. Doch nicht so dieses Jahr! So perfekt aufeinander eingespielt hatte sich das Quartett noch nie präsentiert.
Entsprechend hoch waren dann auch die Erwartungen an den neuesten Streich „Annihilation Of The Wicked“. Wirkliche Sorgen, ob die Band das hohe Niveau des grandiosen Vorgängers „In Their Darkened Shrines“ würde halten können, keimten zwar nicht auf, da man von NILE seit jeher nichts anderes als Qualität gewohnt ist. Trotzdem hielt sich dahingehend eine gewisse Spannung, da sich die Band mit diesem Album selbst ein Denkmal gesetzt hatte. „Annihilation Of The Wicked“ erfüllt aber alle gehegten Hoffnungen souverän! NILE haben es zum Glück vermieden, „In Their Darkened Shrines – Part 2“ aufzunehmen und gehen stattdessen ein gutes Stück back to the roots. Das Album zeichnet sich durch eine ausgeprägte Direktheit aus und kommt zügiger auf den Punkt als der Vorgänger. Vor allem die starke Reduzierung der ägyptischen Samples und der atmosphärischen Breaks, die sich noch durch „Black Seeds Of Vengeance“ und „In Their Darkened Shrines“ zogen, macht „Annihilation…“ sehr straight und zielstrebig. Den Zusammenhang dieser Entwicklung mit der musikalischen Ausrichtung der „Saurian Meditation“ weist Mr. Sanders jedoch als rein zufällig von der Hand.
Oftmals fühlt man sich durch diese Konzentration auf den metallischen Bestandteil und die einhergehende wiedergewonnene Rocksong-Attitüde an das Debüt erinnert. Dabei liegt es jedoch nicht an dieser Schnörkellosigkeit allein, die Songs wie „Cast Down The Heretic“ (quasi „Chapter For Transforming Into A Snake 2“) oder „Lashed To The Slave Stick“ so catchy macht. Gerade letzterer überrascht nicht nur durch seine für NILEsche Verhältnisse sehr ausgeprägte Geradlinigkeit, sondern auch durch den Einsatz eines Black Metal Riffs, das die Schlichtheit des Songs unterstützt. Auch wenn die Progressivität in diesen Songs nicht auf die Spitze getrieben wird, wissen NILE trotzdem genau, was sie ihren Hörern schuldig sind, und lassen mit den letzten beiden Tracks ein Monumentalepos vom Stapel, das selbst einem „Unas“ zur Ehre gereicht. Generell deckt das Album das gesamte NILEsche Klangspektrum ab, das von atmosphärisch dichten Doomstern („Von unaussprechlichen Kulten“, „User-Maat-Re“) bis zu atemberaubenden Überschallkrachern („Cast Down The Heretic“) reicht, die technisch einmal mehr über jeden Zweifel erhaben sind. Es bleibt nur eine Schlussfolgerung: Blind kaufen! Mit dieser Scheibe kann man nichts falsch machen.

21.05.2005
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