Panzerpappa - Landsbysladder

Review

Der Norweger Trond Gjellum unterhält eine ganze Reihe an progressiven Projekten mit zumeist schrägem Flair, die sich allesamt jedoch recht einschlägig der skandinavischen Schule des Prøg zuordnen lassen. Besonderen Eindruck hinterließ der Schlagzeuger beim Verfasser mit dem 2021er Werk „Demagogue Days“ seiner Band SUBURBAN SAVAGES. Seitdem sind vier Jahre ins Land gezogen, in denen Gjellum offenbar hauptsächlich sein Elektrokraut-Projekt ELECTROND unterhalten hat. Nun im Jahre 2025 kehrt er mit einer seiner ersten Bands PANZERPAPPA zurück, unter deren Namen er einst erste Demos heraus brachte, und veröffentlicht mit „Landsbysladder“ gleich mal ein instrumentales Konzeptalbum.

Ein instrumentales Konzeptwerk?

Was man sich unter einem instrumentalen Konzeptalbum vorzustellen hat, hängt vermutlich komplett davon ab, ob man dem Waschzettel die zentrale Thematik von Dorftratsch und wie sich dieser verselbstständigt abnimmt oder nicht. So ganz ohne Songtexte muss man auf Empfängerseite bereit sein, das instrumentale Gewusel als die verschiedenen Stimmen von Dorfbewohnern zu deuten, die Ideen in Form von Motiven aufschnappen, verdrehen und weitergeben, so eine Art Stille Post wenn man möchte. Das lässt sich durchaus im Verlauf von „Landsbysladder“ wiederfinden, ist an sich aber auch eines der grundsätzlichen Mittel, um rein instrumentale Kost in erster Linie überhaupt interessant zu halten. Dieser Aspekt ist somit Ansichtssache.

Worauf man sich bei Gjellum und Co. jedoch wieder einmal blind verlassen kann, ist, dass alles wieder einmal hervorragend inszeniert ist, stets Luft zum Atmen lässt und doch dicht gepackt mit purer, instrumentaler Spielfreude kommt. Es erreicht zwar nicht den Sweet Spot aus Progressivität und Eingängigkeit von „Demagogue Days“, ist in seiner Eigenschaft als skandinavisches Prøg-Exponat jedoch durchweg gelungen. Die Musik ist wuselig, stimmungsvoll, inkorporiert freizügig Elemente des Jazz und der Weltmusik, im Falle von „Landsbysladder Petty Four“ möglicherweise sogar ein bisschen Ragtime, und stopft das alles in ein sympathisch-schräges Paket. PANZERPAPPA liefern also auf instrumentaler Ebene voll ab.

Wenn man sich drauf einlässt, funktioniert das auf „Landsbysladder“ tatsächlich besser als erwartet

Und am meisten Spaß macht „Landsbysladder“, wenn man die Albumkonzeption nehmen, sie dem Verstand an die Hand geben und beide auf Reisen schicken kann. Will sagen: Wenn die Instrumentalkunst tatsächlich bewegte Bilder im Geiste hervorbeschwört, dann ist das Album am stärksten. Das kann man beispielsweise in „Kuldeskrik“ beobachten, das sich anhört, als hätte sich im verschlafenen Dorf ein Mord ereignet, der die Gemeinde langsam aber sicher in Panik versetzt – und natürlich wird polizeilich ermittelt und verhört mit einschlägigen Film Noir-Vibes. „Landsbysladder Pas De Deux“ fühlt sich ein bisschen wie das (mögliche?) Aufblühen einer heißen Affäre mitten im Dorfleben an, über das sich natürlich fleißig das Maul zerrissen wird.

An anderer Stelle ist die Instrumentalkunst von PANZERPAPPA etwas schwieriger in Kontext zu bringen, dadurch aber nicht weniger gelungen. Der Rausschmeißer „På Jolla, Til Nordafjell“ [was laut Dr. Google wohl „Mit dem Schlauchboot nach Nordafjell“ heißt, Anm. d. Red.] beginnt fast wie die inoffensive, Corporate-freundliche Hintergrundbeschallung für die Werbung eines Reiseveranstalters für dessen Norwegen-Programm, ehe der Song etwas düsterere, progressivere Nuancen annimmt, fast als wolle die Musik Reisende vor ebendiesem Urlaubsziel warnen, ehe sich der Song gegen Ende wieder versöhnlich zeigt, als wolle er sagen „Naja, so schlimm ist es doch nicht“.

PANZERPAPPA halten anno 2025 die Prøg-Fahne weiter empor

Und eine Kuriosität steckt im „Landsby Intermezzo“, das wie die Musik eines Retro-Indie-Videospiels klingt, mit Hochfrequenz-8bit-Gezirpe und Synthesizern, die definitiv nicht auf einen NES-Chip gepasst hätten. Dafür klingt das Stück tatsächlich so, als wolle man sämtliche Facetten des Dorflebens einfangen, vom verschlafenen Exterieur hin zu all den Intrigen und Feindseligkeiten unter der Oberfläche – und ein Bosskampf ist da auch mit reingerutscht. Alles in allem ist „Landsbysladder“ ein gelungenes Werk voller quirligem, schrägem Prøg, der durchaus imstande ist, belebte, dem Konzept getreue Bilder im Kopf der Hörerschaft zu erzeugen, wenn diese sich darauf einlassen kann. Vermutlich wäre bei so einem Konzept ein Album mit konkreten Lyrics noch eine Spur besser gewesen, aber dennoch halten PANZERPAPPA die Prøg-Fahne 2025 souverän empor.

24.08.2025

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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