Parkway Drive - Ire

Review

Dass PARKWAY DRIVE keine Experimente scheuen, haben sie mit dem starken 2012er Werk „Atlas“ bereits eindrucksvoll gezeigt. Und auch das neue Album „Ire“ – die Spatzen pfiffen es bereits seit einiger Zeit von den Dächern – erweist sich als handfeste Überraschung. „Alles – nur keinen Stillstand“ scheint die Maßgabe der Australier gewesen zu sein. Ein Umstand, welcher das mittlerweile fünfte Studiowerk des Quintetts zu einer äußerst spannenden Angelegenheit macht – was allerdings auch Probleme mit sich bringt, die viele (neue) Kritiker auf den Plan rufen dürften.

Die kompromisslose Härte der Frühwerke ist in vielen Momenten aus dem Sound des Fünfers gewichen, während sich PARKWAY DRIVE gleichzeitig stilistisch geöffnet haben: So zeigen sich die Australier in Tracks wie dem melodisch rockenden Opener „Destroyer“ und dem mit klassischen Heavy-Metal-Anleihen versehenen „Vice Grip“ von einer gänzlich neuen Seite. Nicht minder überraschend kommt der Industrial-Stampfer „Crushed“ mit sakralen Chören und rhythmischen Djent-Einsprengseln daher. Dem gegenüber stehen geradlinigere, „traditionell australische“ Abrissbirnen wie das rasende „Dying To Believe“ sowie die nahezu ausschließlich im Core-Segment angesiedelten „Vicious“ und „Dedicated“.

Die Krux ist: „Ire“ vermag es letztendlich nicht, aus den jeweiligen Stilistiken ein stimmiges Gesamtbild zu zeichnen. Insbesondere die ersten beiden Albumdrittel bieten viel Stückwerk, manche der zurückhaltenderen Passagen funktionieren bestens mit den ruppigen Doublebass-Attacken, andere rauschen wirkungslos vorbei. Zudem klingt der in diversen Songs eingesetzte angeraute Flüstergesang Winston McCalls gelegentlich etwas hölzern („Writings On The Wall“), im abschließenden „A Deathless Song“ auf zartem Akustikgitarren-Fundament fast schon unbeholfen. Weiterhin haben sich auf „Ire“ durchaus auch diverse Standard-Riffs eingeschlichen – so belanglos und stereotyp (platte Kraftausdrücke inklusive) wie in „Bottom Feeder“ klangen PARKWAY DRIVE beispielsweise in ihrer gesamten Karriere noch nicht.

Natürlich besitzen die Australier genügend Klasse, um auch auf „Ire“ den einen oder anderen Über-Refrain abzufeuern, zwischendurch sind PARKWAY DRIVE aber immer wieder mit angezogener Handbremse unterwegs. Das an sich ist natürlich kein Kritikpunkt – die Tatsache, dass der Fünfer dabei nur selten überzeugt, hingegen schon. Sicher werden sich viele Mängel im Live-Kontext als weniger schwerwiegend herausstellen. Und die bislang höchsten Chart-Einstiege der Bandgeschichte zeigen, dass die Australier mit ihrem „neuen Sound“ offensichtlich den Nerv vieler Hörer treffen. Allerdings: Auch wenn zahlreiche alte und neue Fans bereit sind, die Band auf ihrem neuen Weg zu begleiten, wird „Ire“ für viele andere vor allem eines sein: eine große Enttäuschung.

05.10.2015
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