Sepultura - Kairos

Review

Als ich vom neuen Album SEPULTURAs hörte, hatte ich zugegebenermaßen recht niedrige Erwartungen, da mich die letzten Alben der Brasilianer maßlos enttäuschten. Lange hoffte ich, die Band würde sich wieder fangen, das Talent zum Songs Schreiben konnte ja schließlich nicht von einem Tag auf den anderen verflogen sein. Lange war ich jedoch auch der Meinung, SEPULTURA sein bereits auf ihrem Tiefpunkt angelangt und noch schlimmer könne es sowieso nicht kommen. Dann hörte ich mir allerdings “Kairos” an und musste erkennen, dass ich mich in diesem Punkt geirrt hatte.

Denn so viel kann ich vorweg nehmen: Auf meiner Liste der enttäuschendsten Alben des Jahres 2011 wird das neue Werk der Brasilianer mit Sicherheit ganz oben stehen. Dies liegt vor allem daran, dass SEPULTURA auf “Kairos” geradezu krampfhaft versuchen, zu ihren Glanzzeiten Anfang der 90er zurück zu finden, dabei jedoch lediglich wie ein Schatten ihres früheren Daseins wirken – ein trauriger Versuch also, der so kläglich scheitert, dass er sogar Mitleid beim Hörer aufkeimen lässt.

Man höre sich nur den Opener “Spectrum” an, der aus genau einem Riff besteht, das genau einmal die Tonlage wechselt – todlangweilig, überflüssig, für eine Band dieses Kalibers armselig. Die Vocals sind ganz nett, wirken allerdings zahnlos, keine Spur von Aggression und Angriffslust. “Kairos” und “Relentless” machen dann sehr deutlich, wie sehr sich die Brasilianer in glorreiche “Arise”- und “Chaos A.D.”-Zeiten zurück wünschen. Beim Wünschen bleibt es allerdings auch. Warum der folgende Titel positiv aus den bisherigen hervor sticht und als einziger auf dem ganzen Album mit einem brauchbaren Solo aufwarten kann, ist schnell erklärt: “Just One Fix” stammt nicht von SEPULTURA, sondern von MINISTRY. Ganz nettes Cover, reißt aber auch nichts heraus, schon gar nicht, wenn man mit dem Original vergleicht. “Dialog” und “Mask” sind nicht ganz so peinlich wie “Spectrum”, schlagen jedoch in dieselbe Kerbe. Ohne zu übertreiben kann ich sagen, dass jede Demo-Band dieses Genres, die ich in den letzten Jahren gehört habe, bei weitem bessere Songs vom Stapel gelassen hat.
Und so oder so ähnlich verhält es sich mit ausnahmslos allen Titeln auf “Kairos”, deshalb verzichte ich an dieser Stelle darauf, auf weitere einzeln einzugehen. Lediglich das finale an MINISTRY und teilweise FEAR FACTORY angelehnte Instrumental “Structure Violence (Azzes)” verdient gesonderte Erwähnung.

Natürlich wissen SEPULTURA auch auf “Kairos”, was sie tun. Die Platte ist professionell gemacht, ordentlich produziert und hat wenigstens auf dieser Ebene den meisten Demo-Bands etwas voraus, wenn sie es schon auf der des Songmaterials nicht hat. Schade nur, dass diese die entscheidende ist und auf dieser haben SEPULTURA zumindest für mich endgültig ihre Glaubwürdigkeit verloren. Es ist bitter, mit anhören zu müssen, was aus einer einst so fantastischen Band geworden ist und ginge es nach mir, so würde ich den Brasilianern spätestens jetzt endgültig raten, die Waffen zu strecken.

Im Vergleich zu den früheren Glanztaten SEPULTURAs hätte “Kairos” eigentlich Minus-Punkte verdient. Und noch viel mehr, weil sie so verzweifelt versuchen, diese Glanztaten zu kopieren und nicht wenigstens zu ihrem neu eingeschlagenen Stil stehen, der ihnen zumindest zu mittelmäßigen bis knapp überdurchschnittlichen Alben verhalf. Dennoch verweise ich auf die bereits genannte ordentliche Produktion, die technisch einwandfreie Leistung der Musiker und darauf, dass “Kairos”, betrachtet man es NICHT im Vergleich mit anderen Alben der Band, zumindest keine totale Katastrophe ist und vergebe insgesamt vier Punkte.

08.06.2011
Exit mobile version