Sleep Token - Even In Arcadia
Review
Die Zahlen sind eigentlich unglaublich. Eine bis dahin eher Nischenfreunden bekannte maskierte Band aus Großbritannien schafft es mit ihrem dritten Longplayer „Take Me Back To Eden“ mal eben, das Metal-Album mit den meisten Streams 2023 zu veröffentlichen – und liegt damit deutlich vor METALLICAs „72 Seasons“. Aufrufzahlen von über 220 Millionen für die Single „The Summoning“ – allein beim Branchenriesen Spotify – sorgen fast schon für Ratlosigkeit, ohne überhaupt die Diskussion beginnen zu wollen, ob SLEEP TOKEN nun eine Metal-Band sind oder nicht. Ziemlich genau zwei Jahre später ist der Nachfolger „Even In Arcadia“ da und muss sich an seinem übermächtigen Vorgänger messen lassen.
SLEEP TOKEN – Nur ein verhaltener Start?
Vergleicht man dann auch direkt den Opener „Look To Windward“ mit seinem Counterpart „Chokehold“, bleibt man als Hörer wohl zumindest erst einmal stirnrunzelnd zurück. Alles wirkt seltsam vertraut, vieles soll offenbar möglichst nahtlos anknüpfen. Der zarte Beginn, der plötzliche Wutausbruch samt Screams im Mittelteil, die epische Dramatik – und selbst der stolpernde Elektrobeat. Alles bereits zu finden auf „Take Me Back To Eden“ und hier neu zusammengesetzt. Sicher nicht schlecht, geistern einem aber eher Umschreibungen wie „typischer SLEEP TOKEN-Song“ oder „klassischer Opener“ durch den Kopf.
Letztlich ändert sich zumindest das im weiteren Verlauf auch nicht so wirklich: Die Zutaten sind eigentlich alle bekannt. Echte Neuheiten finden sich kaum, sie beschränken sich weitestgehend auf das Saxophon in „Emergence“ und auf „Gethsemane“, der klingt, als hätten SLEEP TOKEN in den letzten zwei Jahren ziemlich viel LEPROUS, HAKEN und VOLA gehört.
Eines fällt natürlich ebenfalls sofort auf: Die zwar sicher eingängigen, aber für den geneigten Metal-Fan wohl größtenteils unsäglich zuckrigen reinen Pop-Nummern wie „Are You Really Okay?“ oder „DYWTYLM“ fehlen dieses Mal gänzlich (abgesehen vielleicht von „Past Self“), dafür finden sich Elemente daraus in praktisch jedem Song. Diese öffnen sich dann meist zum Ende in Richtung modernem, progressiven Metal bzw. Rock, ein Quasi-Bekenntnis zur Gitarrenmusik ist also durchaus vorhanden. Allerdings nutzt sich diese Vorgehensweise – leiser, poppiger Start bis zum mächtigen Bombast-Finale – auch recht schnell ab, da sie in irgendeiner Art und Weise in fast jeder Nummer auf „Even In Arcadia“ zu finden ist.
Der wichtigste Punkt ist aber das praktisch völlige fehlen dieser Momente, die einem die Kinnlade herunter klappen lassen, wie sie „Take Me Back To Eden“ nun wahrlich zuhauf bieten konnte, auch abseits von Überhits wie „Chokehold“ und „The Summoning“ – einzig der Titelsong kann hier zumindest phasenweise in ähnliche Sphären vordringen. Natürlich hat „Even In Arcadia“ eine Menge Tiefe zu bieten, viele Ebenen, die entdeckt werden wollen und sich nicht unbedingt beim ersten Hördurchlauf erschließen. Das ist definitiv auch stärker ausgeprägt als auf dem überlebensgroßen Vorgänger. Aber man muss auch ehrlich sein: Schlecht war auch dieser in der Hinsicht nicht besetzt und entwickelte seine enorme Strahlkraft eben darüber hinaus durch die in so großer Vielzahl gesetzten emotionalen Momente. Man muss es so klar sagen: Dem wird „Even In Arcadia“ auch nach hundertmaligen Entdeckungsreisen nicht das Wasser reichen können.
Es fehlen die Hits – „Even In Arcadia“
Machen wir es kurz: „Even In Arcadia“ kann „Take Me Back To Eden“ nicht das Wasser reichen. Die vierte SLEEP TOKEN klingt wieder großartig, die Band gibt sich kaum Blöße, spielt ihre Trademarks aus und bedient ihre Hardcore-Fans sowieso souverän. Was der Platte aber einfach massiv fehlt sind Hits, Hits, Hits – die der Vorgänger noch quasi wie am Fließband lieferte.
Wird das dem Hype um die Band schaden? Vermutlich nicht. Bricht man die Songs aber auf ihre Basis herunter, sind sie einfach deutlich weniger zwingend und ergeben ohne besagten Hype ein gerade mal gutklassiges Album. Der eine mag das Album als mutig bezeichnen, der andere wird unken, dass SLEEP TOKEN in Sachen Songwriting ihr Pulver bereits verschossen haben. Was am Ende stimmt, muss der Zahn der Zeit zeigen.
Sleep Token - Even In Arcadia
| Band | |
|---|---|
| Wertung | |
| User-Wertung | |
| Stile | Alternative Metal, Modern Metal, Pop, Progressive Metal, Progressive Rock |
| Anzahl Songs | 10 |
| Spieldauer | 56:34 |
| Release | 09.05.2025 |
| Label | RCA / Sony Music |
| Trackliste | 1. Look To Windward 2. Emergence 3. Past Self 4. Dangerous 5. Caramel 6. Even In Arcadia 7. Provider 8. Damocles 9. Gethsemane 10. Infinite Baths |
