Slipknot - All Hope Is Gone

Review

Da ist es nun, das neue Album der Maskenträger. SLIPKNOT melden sich mit dem von vielen Madenjüngern lang erwarteten neuen Album „All Hope Is Gone“ zurück, und ob nach meiner Meinung tatsächlich jegliche Hoffung verschwunden ist, möchte ich versuchen, in den folgenden Zeilen zu erzählen.
Zunächst sei noch gesagt, dass ich mich hier nicht über die Maskerade der Band auslassen möchte, denn der eine findet es kultig, der andere durch und durch albern; belassen wir es also dabei.

Im Vorfeld des Albums kündigten SLIPKNOT ein „noch härteres Album“ an, das alles toppen soll, was die Truppe zuvor abgeliefert hat. Nun, wenn man bedenkt, was SLIPKNOT speziell mit „Vol 3: The Subliminal Verses“ abgeliefert haben, ist es nicht so sonderlich schwer, härter und wilder zu sein, denn auch wenn das Album durchaus seine Momente hatte, fehlte mir persönlich irgendwie der letzte Kick. All jene, die nun fürchten, SLIPKNOT würden auf „All Hope Is Gone“ wie die Bekloppten herumtrümmern und die Musikwelt komplett in Schutt und Asche legen, dürfen aufatmen, denn das Album ist mitnichten härter als die vier Vorgänger. Andersherum bedeutet es natürlich, dass alle SLIPKNOT-Anhänger, die bereits bei „Vol 3: The Subliminal Verses“ ein langes Gesicht gezogen haben, nach dem Genuss von „All Hope Is Gone“ vermutlich ihre komplette Bude vollreiern werden. Wieso? Na, weil „All Hope Is Gone“ klingt, wie der große Kompromiss mit einem Majorlabel.

Nichts gegen große Labels, aber deren Philosophie geht einfach in Richtung Verkaufserfolg, da braucht man sich nichts vorzumachen. In wie weit „All Hope Is Gone“ da unter den Fittichen des Labels stand, vermag ich nicht zu sagen, es spielt letztendlich aber auch keine Rolle, denn SLIPKNOT treten mit dem Album auf, also müssen sie dahinter stehen.

Mir persönlich geht das Album viel zu sehr auf Nummer sicher und klingt bei genauerer Betrachtung, bzw. genauerem Hinhören in einigen Bereichen etwas auffällig ausgesteuert, aber dazu gleich mehr. Angefangen beim Sound, der so typisch ist, wie er nur sein kann, bewegen sich SLIPKNOT vermutlich einem neuen, kommerziellen Zenit entgegen, weil alles eben so ist wie die Masse es erwartet und haben möchte. Wagnisse gibt es gar keine und alles ist hübsch an seinem Plätzchen und macht genau das, was die Leute hören wollen. Im Vorfeld getätigte Forensprüche wie „ungehört 10/10 Punkte“ bekommen hier eine bestätigte Bedeutung.

Gemixt hat übrigens niemand Geringeres als Colin Richardson, der bereits Bands wie FEAR FACTORY, NAPALM DEATH und CARCASS produziert hat und unter anderem den Mix für CRADLE OF FILTH, MACHINE HEAD und das SLIPKNOT-Livealbum „9.0: Live“ erledigt hat. Das Schlagzeug poltert recht weit vorne im Sound-Gewand herum, was durchaus verständlich wäre, wenn Drummer Joey Jordison tatsächlich so Großartiges leisten würde, wie immer wieder behauptet wird. Mag ja sein, dass er ein außerordentlich guter Stöckeschwinger ist, auf „All Hope Is Gone“ jedoch bringt er lediglich Standardleistung, die man nicht sonderlich würdigen muss.

Schreihals Corey Taylor klingt erschreckend schwachbrüstig, so als ob er nicht genug Puste hatte um richtig loszubrüllen. Hinzu kommen seltsam mehrstimmige „College“-Gesänge, die mir doch das eine oder andere Fragezeichen auf der Stirn erscheinen lassen. Auf dem nächsten Album verschwinden die harten Shouts dann wohl komplett…
Der Gesang wurde nach meinem Empfinden ebenfalls ziemlich dominant abgemixt, was mitunter ein wenig zu Lasten der Gitarren-Power geht, die zeitweise eher wie eine reine Begleiterscheinung klingen. Manche mögen dies, ich aber kritisiere es, denn gerade die fetten Grooves waren es immer, die mir SLIPKNOT (zumindest auszugsweise) sympathisch machten. Natürlich gibt es diese Grooves auch jetzt noch, aber es knallt nicht mehr ganz so saftig wie früher, ohne nun den blöden Satz „früher war alles besser“ rauszukramen.

Der Sound ist insgesamt klar und deutlich, keine Frage, er ist auch vielleicht besser als ein Großteil der Reglerkreationen, die manch andere Band zustande bringt, und trotzdem fehlt mir ein Funken Energie, der Schlag ins Gesicht, der Tritt in die Magengrube, der finale Hieb, der Knock-Out.

Der schwächste Aspekt auf „All Hope Is Gone“ ist allerdings eindeutig das Songwriting, wobei jeder vermutlich etwas anderes erwartet von einer Band, die den Dollar bereits in großen Mengen genießen durfte. Der eine erwartet genau das, was SLIPKNOT auf „All Hope Is Gone“ getan haben: Insgesamt ruhiger werden, mehr Dynamik, mehr Abwechslung und sogar ein paar (man möge mir verzeihen) regelrechte Schmuseparts einbauen, was alles bereits nach wenigen Liedern immer stärker ins Gewicht fällt. SLIPKNOT zeigen mit zunehmender Spielzeizt kaum noch Zähne und verrennen sich zum Ende des Albums hin sogar immer mehr in sagenhaft schlechten pseudomelodischen Refrains und immer flacheren Gesangspassagen. Ob hier die Kreativität am Ende war weiß ich nicht, aber nach großer Musik klingt das hier jedenfalls nicht, eher nach dem kläglichen Versuch, eine Brücke zwischen Härte und leichtfüßiger Eingängigkeit zu finden.

Insgesamt enttäuschen mich SLIPKNOT auf „All Hope Is Gone“ doch deutlich. Selbst die paar Blastbeats, die eingestreut wurden, um die Hose etwas dicker aussehen zu lassen, können hier nicht den Stempel „wilde Kerle“ rechtfertigen. Das Album klingt harmlos, etwas identitätslos und auch feige. Anstatt mit einem räudigen Bastard daherzukommen und zu zeigen, dass die Samenstränge noch bestens funktionieren oder zumindest den goldenen Mittelweg zwischen Gut und Böse zu wählen, um niemandem vor den Kopf zu stossen, haben sich SLIPKNOT für die Lutschnummer entschieden. Irgendwie schade, wenn auch aus rein kommerzieller Sicht vielleicht nachvollziehbar. Wenn hier wenigstens die Qualität der Songs gestimmt hätte, wäre der Kompromiss sicherlich nicht schwer gefallen, so aber bleibt für „All Hope Is Gone“ einfach nur das Prädikat ‚Mittelmaß‘ übrig.

02.09.2008
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