The Devil Wears Prada - Color Decay

Review

Die Entwicklung der amerikanischen Metalcore-Band THE DEVIL WEARS PRADA hat sich in den letzten Jahren nicht unbedingt abgezeichnet. Noch mit dem letzten vollwertigen Album „The Act“ schien es als sei man nun verstärkt in rockigeren Gefilden, denn im klassischen Metalcore unterwegs. Die im Jahr 2021 folgende EP „ZII“ war dann hingegen ein düsteres Manifest, das im Hinblick auf den chronologischen Werdegang der Truppe wieder deutlich mehr Augen im Hinterkopf hatte. Mit „Color Decay“ verschmelzen diese Tage Versatzstücke beider Welten, auch wenn musikalisch am Ehesten noch der Vergleich mit dem letzten Langspieler gelten darf.

„Color Decay“ ist der Schmelztiegel der letzten Jahre

Der Opener „Exhibition“ kommt zunächst im typischen Screamo-Korsett mit dynamischen Riffs und elektronischen Passagen, die in allen Linien darauf hinspielen, einen Earcatcher-Refrain einzuleiten. Gerade in der ersten Hälfte von „Color Decay“ geht dieser Schlachtplan von THE DEVIL WEARS PRADA herausragend auf. Das nachfolgende „Salt“ hat eine wahnsinnig fette Bridge, erneut inklusive absolut eingängigem Refrain. Gestützt wird dies durch einen mittlerweile absolut routinierten Leadsänger Mike Hranica, der insbesondere dann am stärksten wirkt, wenn er in seinen Screams etwas geschmeidiger agiert und damit eine Art Lückenfüller zwischen ebendiesen und Klargesang markiert.

Das Hitpotenzial schöpfen THE DEVIL WEARS PRADA auf ihrem Neuwerk auch im Folgenden hinreichend aus. Dabei variieren die US-Amerikaner in ihren Möglichkeiten durchaus, arbeiten etwa in „Noise“ mit wuchtigen Stampfparts oder drehen im ebenfalls starken „Time“ den strukturellen Aufbau eines Songs gewissermaßen um. Im letzten Drittel von „Color Decay“ geht die Metalcore-Combo dann erneut merklich experimenteller vor. Das Ganze beginnt mit „Twenty-Five“, dem wohl gesangstechnisch intensivsten und durchdringendsten Stück auf der gesamten Platte, das von einer rockigen Instrumentalfraktion begleitet wird.

Platz in der Champions League gesichert

„Fire“ ist dann so etwas wie eine Pop-Ballade, die aber unter dem Banner von THE DEVIL WEARS PRADA ebenfalls ziemlich gut funktioniert und in seiner Stimmung ein wenig an KATATONIA zu Zeiten von „Viva Emptiness“ erinnert. „Hallucinate“ hat einen unverkennbaren Industrial-Einschlag, behält aber trotzdem den Stempel der Macher. Den Abschluss bildet das etwas bizarr alternative „Cancer“, das den Gedanken des Schreibers bei der Todesnachricht einer geliebten Person thematisiert, wobei ebendieser hofft, dass es sich eben nicht um Selbstmord o.Ä. handelt.

Mit „Color Decay“ untermauern THE DEVIL WEARS PRADA abermals ihre Champions-League-Zugehörigkeit, was die Metalcore-Schublade betrifft. Was das neuste Album des Quintetts aus Ohio noch unter Beweis stellen muss, ist die Langzeitwirkung einer Scheibe, die vom ersten Durchlauf enorm leichtfüßig in die Gehörgänge schleicht. Da man sich hier aber keineswegs ausschließlich auf der Standardschiene befindet, sondern den eigenen Sound in verschiedenste Richtungen expandieren lässt, kann man nur guter Dinge sein.

07.10.2022
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