Todtgelichter - Apnoe

Review

Die TODTGELICHTER sind zurück – und sind doch nicht zurück. So oder ähnlich könnte man „Apnoe“ umreißen. Die Jungs und das Mädel sind zweifellos mit einem neuen Tondokument zurück auf der Bildfläche – doch all diejenigen, die sich schon angesichts des mit „Angst“ eingeschlagenen Wegs eine baldige Rückkehr zu den vermeintlichen schwarzmetallischen Wurzeln TODTGELICHTERs gewünscht hatten, werden enttäuscht sein. Alles andere würde mich zugegebenermaßen auch überraschen.

Dabei wäre es eigentlich ganz einfach, den ewig nörgelnden Black Metal-Puristen den Wind aus den Segeln zu nehmen: Auch wenn, rein technisch betrachtet, nur noch Fragmente der schwarzmetallischen Tonkunst zu erkennen sind (Tremolo-Picks der Gitarren, Doublebass-Attacken, Neu-Vokalist Tobi kann auch ganz anständig kreischen) – „Apnoe“ vermittelt eine Atmosphäre, die vielen heutigen Black Metal-Veröffentlichungen auf der Suche nach dem längst verblassten Ideal eines musikalischen Ausdrucks abgeht.

Dabei entwickelt die zum Sechser angewachsene Band den bereits auf „Angst“ spürbaren Ansatz weiter: Es wird weniger auf Klangdichte gesetzt, sondern auf die durch Weglassen entstehenden Räume – die Motive sind sparsam, aber gerade dadurch unheimlich effektiv. Dazu gesellen sich noch mehr Elemente, die jedem Trve-Black Metal-Warrior die Schamesröte ins Gesicht treiben würden – könnte man sie denn unter dem Corpsepaint sehen: Ambient meets Tribal, Jazz, sogar Gothic Rock gibt es auf „Apnoe“ zu hören.

Die Hamburger gehen dabei dramaturgisch ganz geschickt vor: Der Opener „Embers“ sowie das nachfolgende „Lights Of Highways“ hätten ohne Weiteres auch auf „Angst“ zu finden sein können – wunderbar postrockiger Metal, der seine schwarzmetallischen Wurzeln nicht verleugnen kann und möchte, sich aber dennoch auf den Weg in Richtung Horizont macht. „Expectations“ zeigt dagegen erstmals in aller Deutlichkeit auf, was TODTGELICHTER spätestens jetzt nicht mehr sind: Vorhersehbar. Ein wunderbares Duett zwischen Marta und Tobi und ein feines accelerando am Ende seien hier als Merkmale genannt.

Mit „Kollision“ geht es in Richtung Ambient, Soundtrack, Tribal sogar. Ein gelungener Schnitt, bevor es mit „Beyond Silence“ tatsächlich ein wenig in Richtung Gothic Rock geht. Sänger Tobi zeigt hier im Klargesang seine enorme Bandbreite – und wird dabei noch unterstützt durch Daniel Brennare (LAKE OF TEARS). Mit „Soil“ – einem der stärksten Songs des Albums – geht es daraufhin wieder in eine etwas metallischere Richtung, bevor „Odem“ und das jazzige „Until It All Begins“ (in dem Martas Gesang zeitweise sehr an Anneke van Giersbergen erinnert) weitere Facetten TODTGELICHTERs anno 2013 präsentieren.

Habe ich gerade von einem der stärksten Songs des Albums gesprochen? Hier nun der in meinen Ohren schwächste (was natürlich Jammern auf hohem Niveau ist!): „Tiefer Fall“ kann mich mit seiner Gothic Rock-Attitüde und seinem deutschen Text leider nicht restlos überzeugen – wenngleich ich zugeben muss, dass der Song durchaus Ohrwurm-Potential besitzt. Ja, wir sprechen über TODTGELICHTER, und ja, ich spreche hier von Ohrwurm.

Insgesamt ist „Apnoe“ ein sowohl atmosphärisch als auch musikalisch extrem stimmiges Album, das nicht ganz an „Angst“ heranreicht – es zeigt aber stärker als jenes eine Entwicklung, die einen frischen musikalischen Ausdruck verspricht, auf den ich weiterhin sehr neugierig bin.

16.04.2013
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