Ulver - Silence Teaches You How To Sing

Review

Noch einmal springen diese Norweger tapfer in einen neuen, musikalischen Bereich…mit herrlichen Resultaten. Von dem epischen schwarzen Metal hin zu den spärlichen, akustischen Klängen von „Kveldssanger“, vom rohen Schwärzungsgrad des 3. Albums zur Elektronik und zu den Soundscapes der letzten Veröffentlichungen haben sie durchweg Qualitätskunst produziert. Dieses Album ist der zweite Teil der noch aus „Perdition City“ & „Silencing The Singing“ bestehenden Trilogie und dem letzten Werk ähnlich im Ton und in der Avantgardeart. Die Scheibe ist wie eine Übung, ein Experiment, in dem man versucht, einen Ton zum Singen zu bringen („embryonale“ Musik?), und in dem Stille einen großen Teil des Schallspektrums bildet… Andererseits ist das Wort „Experiment“ unpassend, denn aus dieser Musik emaniert sehr viel Natürlichkeit und Spontaneität. Obgleich die ganze Musik auf einer Schiene erscheint, gibt es Reihen und eindeutige Übergänge. Der Song fängt mit einem „kratzenden“ Ton an und geht über in Statikmomente, doch der erste, deutliche Übergang erscheint nach ca. 5 Minuten, wenn eine große Schallwelle zu den wiederkehrenden, atmosphärischen Klaviertönen wechselt…wirbelnde Klänge nachgeben. Die Klavieranfänge verblassen…die Statik vom Anfang kehrt zurück, um einen netten Kontrast mit den passiven Tönen, die eine Weile hörbar sind, zu bilden. Der nächste, große Übergang kommt bei 9 Minuten, wenn ULVER mit computererzeugten Geräuschen experimentieren, was aber im Endeffekt kein befremdliches Gefühl hervorruft. Klaviermusik kommt zurück…merkwürdige, verworfene Stimmen steigen aus dem Hintergrund heraus und ändern sich langsam in erkennbarere Strukturen. Es gibt viele überlagerte Geräusche: Pieptöne, Schleifen, elektronische Trommeln. Ein geschlungener Abschnitt des Klaviers führt zu dem nächsten Übergang. Seine Klänge werden langsam moduliert, bis sie im Hintergrund immer leiser werden. Ein anderer Klavierteil kommt herein und verbindet die omnipräsenten Hintergrundsynths. Einige Holzblockschläge (?) erschaffen eine mysteriöse Atmosphäre…Die permanente Ungewissheit, was noch kommt…und dann? – ein erhofftes Ende: „Silence sing“…Weiche, harmonische Vocals…berührend, geheimnisvoll…einfach herrlich! Der Titel „Silence Teaches You How To Sing“, beschreibt genau das, was auf der Scheibe geschieht…Die kleinen Schritte führen letztendlich zu einem Gesang. Das „inzwischen“ besteht aus vielen Elementen, die noch einmal in den musikalischen Eigenartigkeiten forschen. Durch reife und dunkle Töne zeigen Garm & Co., wie umfangreich die Musikwelt ist. Ein gelungener Übergang von Signaltönen zu atmosphärischen Klängen. Das Experimentieren ist im Endeffekt nichts anderes als das Natürliche, so gegensätzlich, wie es sich anhört…In Verbindung mit unterschiedlichsten Stimmungsabschnitten der „Perdition City“ öffnet diese Scheibe noch einmal die Tür zum „Realm“ der Nachtmusik. Mechanisch in ihrem Aufbau erschafft sie sonderbare und wundervolle Schalllandschaften, die einer intensiven Auseinandersetzung bedürfen, damit wir die vollkommene Schönheit des Ungewöhnlichen wirklich genießen können. Doch eines sollte uns gegenwärtig sein: Die „alten“ ULVER sind tot und begraben, entweder erfassen wir ihre neuen, zeitgenössischen Ideale oder werden wir uns dieser Musik nicht hingeben können!

02.06.2002
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