Architects
Das meint die Redaktion zu "Lost Forever // Lost Together"

Special

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Vor zwei Wochen veröffentlichten die ARCHITECTS mit „Lost Forever // Lost Together“ ihr sechstes Studioalbum. Rezensent Anton Kostudis vergab in seiner Plattenkritik neun Punkte an den Briten und bilanzierte: „Kein gekünstelter Scheiß, keine belanglosen Lückenfüller, keine Kompromisse.“

Genau in diesem Moment, nämlich wenn sich ein Schreiber zu Lobeshymnen hinreißen lässt, ist der richtige Zeitpunkt für ein Redaktions-Special. Folglich wurde die Scheibe der Engländer weiteren acht Redakteuren vorgelegt. Mit dabei sind nicht nur ausgewiesene Modern-Metal-Kenner wie Fabian Just, Radu Todoran oder Heiko Eschenbach, sondern auch der Death-Spezialist Patrick Olbrich, unser Black-Metal-Ressortleiter Stephan Möller, Redakteure mit breit gefächerten Vorlieben wie Jan Wischkowski und Allrounderin Nadine Schmidt sowie ein Post-Rock- und Experimental-Spezialist in Person von Rasmus Peters.

Im Sinne der Objektivität und der Vergleichbarkeit wurde den acht Kollegen jeweils ein Katalog mit den selben 17 Fragen vorgelegt. Was dabei herausgekommen ist, lest ihr im Folgenden:

Heiko: Songwriting! Die haben gelernt, wie man Songs schreibt!

Radu: Die Band knüpft am dem Punkt an, an dem sie mit „Daybreaker“ aufgehört hat und wird wieder ein wenig ruppiger.

Patrick: Da mir die Referenzen zu den ARCHITECTS fehlen – dies aber sicherlich auch ein interessanter Gesamtaspekt ist – erschien mir „Lost Forever // Lost Together“ zunächst als herrlich atypisches Metalcore-Album. Die ersten Hördurchläufe segeln geradezu an den eigenen Ohren vorbei, implizieren eine mordsmäßige Dichte, entfalten sich allerdings unheimlich langsam. Daher offenbart sich direkt ein starker Kontrast zu dem sonst so schnelllebigen Referenzgenre, das zumeist durch schnelle Ohrwürmer – den Straßenstrich des Metals – überzeugt. Diese Platte ist mehr, das fällt direkt auf. Die große Offenbarung folgt allerdings erst deutlich später.

Fabian: Bumm. Warum hat mir Sam Carter gerade in die Fresse gehauen? Wie geil ist das denn bitte?

Stephan: Wörtlich bei den ersten Klängen war das ungefähr: ‚Oh gut, sie sind nicht kommerzieller/poppiger geworden.‘ Der erste Eindruck nach dem ersten Komplettdurchlauf war dann eher sowas wie: ‚Ein bisschen underwhelming.‘ Schon gut, aber nicht der Knaller, der der Vorgänger für mich war. Wie gesagt, das war der erste Eindruck. „Lost Forever // Lost Together“ braucht eben eine Handvoll Durchläufe um in Gänze zu zünden – dann tut es das aber auch richtig!

Rasmus: Massiv, brutal, schwermütig.

Nadine: Etwas überladen, ich hatte noch nicht wirklich das Vergnügen mit ARCHITECTS und habe mich immer nur sehr oberflächlich mit der Band befasst. Der erste Eindruck legte sich natürlich relativ schnell und es macht Spaß, den Verzweigungen zu folgen und sie nach und nach zu entwirren. Auch der Bandname ist treffend gewählt, denn die Engländer stapeln, bauen, tunneln, erschaffen tatsächlich sehr durchdachte, massive Songstrukturen, gehalten von mehreren, stabilen Pfeilern. Noch dazu steht ein „Architekt“ für eine Art Anführer und, dass ARCHITECTS mit „Lost Forever // Lost Together“ einen Maßstab im anspruchsvollen Core-Bereich (ganz gleich ob Mathcore, Postcore oder Metalcore…) gesetzt haben, dürfte unbestritten sein.

Jan: Gut, aber nicht so gut wie „Daybreaker“ – aber das sollte sich noch ändern…

Heiko: Stilistisch eine klare Linie ohne wirklich viele Experimente, allerdings mit vielen interessanten Einfällen und einem Höchstmaß an Kreativität, was dem Album einen einheitlichen Fluss und Spannungsbogen verleiht.

Radu: Siehe „Stärken“.

Fabian: Siehe „Schwächen“…

Nadine: Atmosphärisch wirkt „Lost Forever // Lost Together“ nur als gesamtes Werk und darf meiner Meinung nach auf keinen Fall zerpflückt werden. Die Frage nach Bandbreite stellt sich nicht wirklich – die Platte lebt und man muss jeden Atemzug, ganz gleich ob hektisch-aufgeregt oder entspannt-beruhigend, mitkriegen.

Stephan: Sehr abwechslungsreich. Siehe „Stärken“: Von intim bis hin zu wütend und aggressiv, von verletzlich bis furios decken die ARCHITECTS (einmal mehr) eine unglaubliche emotionale wie musikalische Bandbreite ab.

Patrick: Gerade emotional bedienen die ARCHITECTS eine enorme Vielfalt an unterschiedlichen Facetten. Mal graben sich die Jungs wütend in die Magengegend, bevor die durchaus ansprechenden Clean-Vocals, gemeinsam mit der richtigen Instrumentalkraft, wieder die weinerliche Seite der Abgeschiedenheit einbrennen. Wichtig ist dabei aber, dass die Wechsel stimmig sind und der richtige Zeitpunkt zielsicher abgestimmt wurde.

Jan: Abwechslungsreich genug, um die Spannung hochzuhalten, aber zum Glück nicht so sehr, dass der rote Faden plötzlich ein Regenbogen ist.

Patrick: Auch wenn für mich „Lost Forever // Lost Together“ zunächst kein potentieller Alltime-Burner ist, so zählt die Platte doch zu dem Besten, was ich im weitesten Bereich Metalcore in den letzten Jahren gehört habe. Die Briten trauen sich, die starre Halskrause dieses Genres auf die Deponie zu verfrachten und spielen hörbar befreit auf. Ich reihe mich persönlich irgendwo zwischen 8 und 9 Punkten ein.

Stephan: Sehr gut – wenn nicht gar überragend. Ein unglaublich mitreißendes Album, dem wenige -core-Alben, die ich in den letzten Jahren gehört habe, das Wasser reichen können. Die einzige Scheibe, die mir in den Sinn kommt, wäre eben „Daybreaker“. Es gab sicherlich auch von einigen anderen Bands Alben, die unter bestimmten Gesichtspunkten ähnlich gut waren wie dieses hier – die letzten Werke von PARKWAY DRIVE in Sachen Intensität und Härte, die aktuelle CIRCLE TAKES THE SQUARE was die Dynamik angeht, das letzte Album von WE CAME AS ROMANS bezüglich der Eingängigkeit…aber eine Band, die alle diese Kriterien so kunstvoll und gekonnt in einem Album vereint, fällt mir gerade nicht ein. Auch wenn „Lost Forever // Lost Together“ halt zwei, drei Runden mehr braucht, bis auch ich die Genialität sehe. Oder, in Punkten ausgedrückt: ganz klare 9 von 10 Punkten.

Jan: Klasse Album, ohne Wenn und Aber. Den Rest lest ihr in der Kritik vom Kollegen Kostudis, ich glaube, ich habe nichts hinzuzufügen!

Heiko: In seinem Bereich für mich der Maßstab der kommenden Monate.

Nadine: An „Lost Forever // Lost Together“ hat man sehr lange zu knabbern, kein Happen für Zwischendurch. Es lohnt sich, sich damit zu befassen und auf den Takt der ARCHITECTS einzulassen.

Rasmus: In diesem Bereich mit das Beste, was mir bisher untergekommen ist. Mindestens gleichauf mit PARKWAY DRIVEs „Horizons“ und „Atlas“ oder HEAVEN SHALL BURNs „Iconoclast“, die hier jedoch nur teilweise als Referenz angeführt werden können.

Fabian: Modern Metal Album des Jahres 2014. Falls das noch jemand überbietet, fange ich an zu weinen.

Radu: Absolut starkes Album, das vielleicht auf den ersten Eindruck nicht so zugänglich wirkt, aber mit jedem Durchgang an Qualität und Eindringlichkeit gewinnt. Ich bin jetzt schon gespannt was wir mit der nächsten Platte zu erwarten haben.

 

26.03.2014
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