Deadlock
Listening-Session zum neuen Album "The Arsonist"

Special

Deadlock

Die mittlerweile auf ein Quintett geschrumpfte Modern-Melodic-Death-Metal-Band DEADLOCK hat sich spätestens mit „Manifesto“ beachtlichen Respekt erspielt und erntete mit dem darauf folgenden Album „Bizarro World“ längst verdiente Erfolge. Album Nummer fünf erhielt nicht nur bei uns die volle Punktzahl, sondern erreichte immerhin Platz 61 der Media-Control-Charts in Deutschland. „The Arsonist“, das Ende Juli erscheinende Napalm-Records-Debüt- und Nachfolgealbum, bildet für die sympathische Truppe gleich in mehrerer Hinsicht einen neuen Anfang, wobei bereits nach den ersten Klängen offensichtlich wird, dass hier weit mehr als nur eine Entwicklung stattgefunden hat, denn die Kreativität der Band ist scheinbar grenzenlos. Wir durften für euch vorab ins Album lauschen und einen ersten Eindruck davon gewinnen, wie DEADLOCK im Jahr 2013 klingen.

 

„The Great Pretender“

Kein Intro. Kein Mittelfinger in Richtung all jener Metalfundamentalisten, die sich bewusst polarisierenden Elementen auf früheren Alben der Band mit verzerrtem Gesicht abwenden. Keine sanfte Überleitung. Der Opener macht unmissverständlich klar, du bist bereits mittendrin. Die erste halbe Minute drückt so dermaßen brachial an die Wand, dass sich der erste Gesangseinsatz von Sabine Scherer wie eine Verheißung gebärdet, ohne dass das Tempo gedrosselt wird. Der Bass pumpt gnadenlos; die Drums schlagen alles kurz und klein. Die tiefen Growls von John Gahlert, der Johannes Prem vor zwei Jahren beerbte und dafür den Bass an den bisherigen Tourmanager Ferdinand Rewicki abgab, scheinen Gift und Galle zu spucken. Getragen wird der Song von einem unheimlich eingängigen Chorus, bei dem für DEADLOCK neuartige Chöre zu gefallen wissen.

„I’m Gone“

Zunächst sind es die Drums allein, die wie in einer Art Ritual geschlagen für Spannung sorgen, bis atmosphärische Keys und Sabines Gesang einsetzen, bevor ein gewaltiges Inferno aus aggressiven Growls, Gitarre und Bass hereinbricht, das sich nur so gewaschen hat. Der Anteil an harten und zarten Seiten ist wunderbar ausbalanciert und animiert zum Ende lautstark im Chor mit einzustimmen: „Just a promise!“.

„Dead City Sleepers“

Song Nummer drei beginnt elektronisch und ist insgesamt grooviger als die vorherigen Songs. Im Chorus beeindruckt die Kombination aus Scherers ausdruckstarken Gesangslinien mit Gahlerts dunklen Growls. Das Gitarrensolo von Sebastian Reichl im letzten Drittel des Songs rührt zu Tränen und verleiht dem Song nicht nur viel Emotionalität, sondern auch eine gewisse Erhabenheit.

„The Arsonist“

Eine unerwartet inspirierende Überraschung ist der Titelsong, der mit bombastisch klingenden Chören in gewisser Hinsicht an das großartige THIRTY SECONDS TO MARS-Album „This Is War“ erinnert. Der Rhythmus lädt nicht nur zu ausgiebigem Schütteln der Matte ein, sondern auch zu schweißtreibenden Hüpfbewegungen. „The Arsonist“ ist eine hervorragende Symbiose aus Härte und Eingängigkeit und enthält alle Trademarks, die DEADLOCK-Fans lieben, inklusive Gänsehautmoment. Denn wenn im Chorus „What will remain, my dearest desire… Is Fire! Fire! Fire! Fire! The earth will turn to a funeral pyre.“ zu hören ist, bleibt das einfach hängen und spukt noch Tage danach im Gedächtnis umher. Diesen Track muss man gehört haben. Ganz großes Kino!

„Darkness Divine“

Es wird wieder aggressiver. Die schnellen Schlagsalven von Tobias Graf an den Drums sorgen für viel Bewegung, Breaks und Tempowechsel für extrem viel Abwechslung. Growls gehen über in Shouts, und resultieren in einer mitsingbaren Strophe, die Sabine zum Besten gibt. Vom Feeling her eine Nummer in der Schnittmenge von „We All Shall Bleed“ und „Brutal Romance“.


„As We Come Undone“

Ein Song, der zunächst ein wenig an „Martyr To Science“ erinnert und sich im Verlauf zu einem echten Hit steigert. Das elektronisch vorbereitete, letzte Drittel und die Chöre zum Ende des Songs verleihen diesem Track eine unglaubliche Dynamik.

„Hurt“

Es wird ruhig. „Hurt“ kokettiert mit dem bereits von „Bizarro World“ bekannten Noir-Stil, der ausschließlich von Sabines gefühlvollem Gesang und Pianoklängen lebt, während atmosphärische Keys sanft im Hintergrund zu hören sind. Dieser wunderbare Track – melancholisch, emotional und hoffend – ist einfach nur beeindruckend. Futter für das Gehirnkino.

„The Final Storm“

Es bleibt cineastisch. Neben bombastisch klingenden Soundtrack-Elementen und -Melodien im Hintergrund, arbeitet die Band hier mit richtig fett klingenden, bombastischen Chören, die durch Mark und Bein gehen: „We are, we are… /The Storm/!“. Ohne Zweifel einer der besten Songs, den DEADLOCK je geschrieben haben. Ein Song, bei dem man begeistert ausflippen und mitmachen muss! Ein garantierter Ohrgasmus.

„Small Town Boy“

Nach dem eher missglückten Versuch THE SISTERS OF MERCYs „Temple Of Love“ zu covern, wagen DEADLOCK mit einem BRONSKI BEAT-Klassiker einen erneuten Versuch, und diesmal geht die Rechnung auf! Die Chöre sorgen unweigerlich dafür, dass wirklich jeder, auch diejenigen, die den Song vielleicht (noch) nicht kennen, mit einstimmen und lauthals mitsingen. Allerdings orientiert sich die Band sehr stark am Original, so dass wirklich große Überraschungen wie die rundum überzeugende Cover-Version von RUNNING WILDs „When Time Runs Out“ leider ausbleiben. Eine willkommene Abwechslung.

„My Pain“

DEADLOCK wagen zum Abschluss ein Experiment. Wer bereits THIRTY SECONDS TO MARS‘ aktuelles Album „Love Lust Faith + Dreams“ gehört hat, insbesondere Songs wie „Up In The Air“ oder „The Race“, kann in etwa erahnen, wohin die Reise geht. Ungewohnt und doch beeindruckend, wie DEADLOCK sich mit dieser Nummer neu erfinden und einen Einblick in den weiteren Kreativprozess der Band zum Besten geben. Ausnahme oder Wegweiser? Das wird die Zeit zeigen. Ein starker Abschluss!


Insgesamt ist „The Arsonist“ ein Album, das unheimlich abwechslungsreich geworden ist. Vieles spielt sich im Hintergrund ab, so dass man diese Elemente möglicherweise erst nach mehrmaligem Hören bemerkt und zu schätzen lernen wird. Die Chöre wirken episch und klingen wohl platziert. Vor allem der druckvolle und richtig fette Sound, für den diesmal Eike Freese (DARK AGE, CALLEJON, TODTGELICHTER) verpflichtet werden konnte, beeindruckt. Trotz erweitertem Sound und einer Vielzahl an unerwarteten Einflüssen (Djent!) erkennt man zu jeder Zeit, um welche Band es sich handelt und bekommt auch diesmal alle geliebten Trademarks der Band geboten, während das Album frisch und spannend klingt.

12.06.2013
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