Die Apokalyptischen Reiter
Track by Track zu "Der Rote Reiter"

Special

DIE APOKALYPTISCHEN REITER sehen Rot

Fast drei Jahre liegt die Veröffentlichung von „Tief.Tiefer“ zurück. Ein Werk, das aus den APOKALYPTISCHEN REITERN für einige DIE „EUKALYPTISCHEN“ REITER gemacht hat – aufgrund des leicht bitteren Nachgeschmacks. Spaß beiseite. Doch das Doppelalbum hat schon einige Kritik einstecken müssen. Umso spannender wird das zehnte Studioalbum erwartet, das im laufenden Jahr am 25. August rauskommt und auf den Titel „Der Rote Reiter“ hört.

Wenn Fuchs zweimal die Lautstärke erhöht …

Album Nummer zehn heißt quasi Jubiläum – die REITER nullen zum ersten Mal. Da hat Nuclear Blast schon ein paar Jahre mehr auf dem Rücken, denn das Label feiert 2017 das 30-jährige Bestehen. Viele gute Gründe, um gemeinsam ein paar Kästen Bier, einige Pressemenschen und Vertreter des größten Band-Fanclubs zu einer Listening Session zu versammeln. Die fand in den Chameleon Recording Studios in Hamburg statt, wo die in Eigenregie produzierte Platte unter anderem aufgenommen wurde – in Zusammenarbeit mit Alexander Dietz (HEAVEN SHALL BURN) und Eike Freese, der zu Beginn eine kleine Tour durchs analoge Tonstudio mit uns macht.

„Ein Studio ist ein Tempel“, sagt der Produzent und schwärmt vom nostalgischen Charme und der Gemütlichkeit. Recht hat er, die Räume strahlen Wärme und Authentizität aus: angenehm dämmeriges Licht, dunkle Holzverkleidungen, Kerzen sowie Retro-Utensilien wie riesige Stehlampen und Telefone mit Wählscheibe. Interessant, dass hier so unterschiedliche Künstler wie Tina Turner, Udo Lindenberg, Deep Purple und Roy Black ihre Musik aufgenommen haben. Nun reihen sich DIE APOKALYPTISCHEN REITER ein, die ihr 13 Lieder umfassendes Neuwerk knapp vier Monate vor Release zum ersten mal präsentieren. Dass Fuchs noch während des ersten Stücks zweimal die Lautstärke nach oben hin regelt, könnte ein Indiz für deutlich mehr Metal sein …

Die Apokalyptischen Reiter – Der Rote Reiter

Tief, tiefer, Album Nummer 9? „Der Rote Reiter“ gallopiert aus dem Tief heraus!

„Wir Sind Zurück“

Wer die Songs auf dem Vorgänger zu seicht fand, wird sich freuen, dass DIE APOKALYPTISCHEN REITER im Opener direkt mit Metal loslegen. Die Drums treiben den Song ordentlich voran, das Tempo liegt im oberen Drittel. Bis sich ein epischer Part einschleicht und klassische Anmut versprüht. Die Geschwindigkeit wird noch weiter gedrosselt und der Fokus rückt immer mehr auf die Leadgitarre. Die technisch anspruchsvolle Zwischenpassage ist aber nur ein ruhiger Ausreißer, denn insgesamt präsentiert sich „Wir Sind Zurück“ als nahezu lupenreine Metal-Nummer, die auch kurzzeitig auf Hochtempo agiert. Insgesamt überraschend und richtig stark!

„Der Rote Reiter“

Es folgt schon der Titelsong – aber noch kein Stilwechsel. Erneut ist Metal angesagt! Die Vocals liegen zwischenzeitlich im Growl-Bereich, die instrumentale Ausrichtung ist fast durchgehend hart. Wobei „hart“ hier tatsächlich bedeutet, dass vereinzelt mächtiges Geballer serviert wird. Die Geschwindigkeit senkt sich auf Midtempo und die Texte zeigen sich wie so oft von einer sehr eingängigen Seite. Auf ein Break folgt erst mal niedriges Tempo, die Vocals werden gesprochen. Zum Ende kommt durch Stakkato-Riffing eine modernere Stimmung auf. Eine abwechslungsreiche, aber summa summarum ebenfalls recht brachiale und im Endeffekt sehr überzeugende Nummer.

„Herz in Flammen“

Die REITER haben wieder Bock auf Metallisches. Auch Song Nummer drei legt massiv los, die verspielte Leadgitarre tobt sich dabei mächtig aus. Der starke Refrain kommt mit cleanen Vocals daher, die wieder richtig gut reingehen. Dann plötzlich ein Breakdown. Ernsthaft? Passt aber irgendwie, zieht das Stück jedoch erneut auf die moderne Seite. Die Leadgitarre verliert die Lust so gar nicht und verleiht dem Song großes Live-Potenzial. Was für ein Albumauftakt!

„Ich Bin Weg“

Nach drei harten Songs ist der Beginn von „Ich Bin Weg“ instrumental gesehen zum ersten Mal eher stimmungsvoll. Sieht man von der zwischenzeitlich agierenden Akustikgitarre ab, entpuppt sich das Teil als lupenreiner, sehr dynamischer Punkrock – relativ geradlinig und äußerst fetzig. Mal ein paar Worte zum Sound: der ist jederzeit klar, aber keineswegs steril, sicherlich nicht oldschool, doch vielmehr organisch als glatt produziert.

„Folgt uns“

„Ich Bin Weg“ war keineswegs langsam, „Folgt uns“ zieht die Geschwindigkeit aber zunächst noch mal an. Hier beherbergen allein die Texte ausuferndes Potenzial, auch live zu funktionieren – das geht beim appellativen Titel los. Es bleibt ein Weile energisch und schnell, erst nach der Hälfte kehrt Epik in die Nummer, bevor ein sehr ausgebautes Break zum letzten Mal den Refrain einleitet. Alles in allem flacht das durch die ersten drei Lieder kreierte hohe Niveau etwas ab.

„Hört Mich An“

Die Stimmung verändert sich wieder: diesmal wird Atmosphärisches priorisiert. Der Song macht einen sehr düsteren Gesamteindruck, sicherlich forciert durch das immer wieder einsetzende Glockenläuten. Die kurzzeitige RAMMSTEIN-Vocal-Reminiszenz wird von der Dominanz einer vielfach tieferen Stimme überlagert. Instrumental hört man wieder eine moderne Schlagseite, während insgesamt der Groove regiert.

„Die Freiheit Ist Eine Pflicht“

Passend zur positiven Konnotation des Titels präsentiert sich der Einstieg auch hier wesentlich stimmungsvoller. Genau diesen Aspekt bauen die REITER noch aus – „Die Freiheit Ist Eine Pflicht“ ist vermutlich die tanzbarste Nummer auf dem Album, ohne dabei allzu zaghaft zu agieren. Quasi eine Proklamation der Freiheit in Metal-Form.

Wieder deutlich mehr Metal, typisch APOKALYPTISCHES und ein paar Lückenfüller

„Brüder Auf Leben Und Tod“

Eine stark verzerrte Gitarre zieht die Hörerschaft ruckartig in den Song, der sich bei den Riffs deutlich am Thrash und mitunter am Death Metal orientiert, während das Schlagzeug wieder mit treibender Kraft arbeitet. Inhaltlich passt das Stück gut zur Location, denn die „Ahoi, Ahoi“-Rufe sind nur ein Teil der ganzheitlichen Seemannsthematik. Kann man sich alles auch gut von der Bühne aus vorstellen.

„Ich Nehm Dir Deine Welt“

Das neunte Lied gaukelt einem im Titel eine Härte vor, die es dann nicht zu hören gibt. „Ich Nehm Dir Deine Welt“ ist strukturell auch eher eine erzählte Geschichte als ein typischer Song: mit vielen instrumentalen Ruhephasen und etlichen gesprochenen Vocals. Der Klaviereinsatz gen Ende tönt noch am spannendsten, ansonsten eher unspektakulär.

„The Great Experience Of Ecstacy“

Der Beginn klingt exotisch. Und auch sonst hat der Song so einige Stilwechsel inne – im Sinne der Abwechslung ein großes Plus. „The Great Experience Of Ecstacy“ ist die wohl schnellste Nummer auf „Der Rote Reiter“, bringt das Klavier wieder ins Spiel, setzt auf Blastbeats, verbaut Episches und holt auch das Moderne wieder zurück (diesmal überraschenderweise bei den Vocals). Trotz der Vielzahl an unterschiedlichen Elementen ist das Teil im Vergleich – mindestens gefühlt – kürzer.

„Franz Weiss“

Nachdem die Stimme im Vorgänger gemessen am Bandkosmos untypisch war, hören wir hier wieder die gewohnte Intonation. Auch die Eingängigkeit im Refrain kehrt zurück – und zwar mächtig. Das Klavier präsentiert sich noch verspielter, sonst ist „Franz Weiss“ eher unauffällig.

„Auf Und Nieder“

Das Beste kommt zum Schluss? Nicht beim vorletzten Lied, denn hier verbirgt sich das Interessanteste im melodischen Beginn. Ebenso interessant ist der generelle Stimmungswechsel auf dem neuen Album – von düster auf positiv, wieder zurück und immer so weiter. Tja, „Auf Und Nieder“ eben. Der zwölfte Song gehört wieder zur positiven Fraktion, auch wenn sich das nicht auf die Qualität an sich bezieht. Ok, der Refrain hat einen deutlichen Hookline-Charakter, böse Stimmen würden ihn aber auch als simpel bezeichnen. In der Summe nicht schlecht, aber keinesfalls großartig.

„Ich Werd Bleiben“

Wenn andere ihre Alben mit einem Rausschmeißer enden lassen, machen es DIE APOKALYPTISCHEN REITER genau umgekehrt. „Ich Werd Bleiben“ ist nicht nur der langsamste Song auf dem Neuwerk, sondern eine Ballade mit E-Gitarren, die in den Strophen wenig aufregend, im Refrain dafür herausragend ist.

Fazit: DIE APOKALYPTISCHEN REITER haben sich die Reaktionen zu „Tief.Tiefer“ entweder zu Herzen genommen oder schlichtweg wieder Spaß an der härteren Gangart!

22.06.2017
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