
Miskatonic Theater
Horror Musical Sommer 2025
Special
Interview zu „Träume im Hexenhaus“
Wir haben Gundi Schulz und Hendrik Heiler zu ihrem Musical einige Fragen über Musik mitgebracht und machen einen kurzen Exkurs in Richtung Doom-Metal. Zusätzlich plaudern wir nach dem Stück auch über Albträume im Schatten-Bochum, Bananen und andere Herausforderungen.
Ich komme von metal.de und muss deswegen natürlich vorher fragen: Wie Metal seid ihr überhaupt?
G: Mein Start mit Metal war mit 13 oder so durch meinen großen Bruder, aber ich bin nicht hängengeblieben. Ich habe es immer Spinnenkotze-Metal genannt, wegen der Screams und Shouts. Das habe ich viel im Auto mit ihm gehört, aber das hat mich ein bisschen abgeschreckt. So richtig bin ich also nicht drin.
H: Ich bin auch überhaupt kein klassischer Metal-Hörer. Die letzten Wochen bin ich zufälligerweise auf Doom-Metal gestoßen, weil ich ein großer Pen-and-Paper-Fan bin und ich mir das Spiel Mörk Borg gekauft habe. Das ist ein kleines Heft und optisch super gut – und das bezeichnet sich selbst als das Doom-Metal-Album des Pen-and-Papers.
Darüber habe ich angefangen, mir Doom-Metal-Playlists anzuhören und ich muss sagen, bisher ist das irgendwie der Metal, der mir am nächsten ist, weil ich Stimmung von Musik schnell übernehme. Wenn ich so laute, schnelle Musik höre, dann komme ich nicht runter. Doom-Metal mit dem etwas langsameren Ding fand ich ganz gut. Da habe ich Sachen, wo ich hinhören werde.
Wenn eure Charaktere in einer Band spielen würden, was für Musik würden die machen?
G: Sina steht, glaube ich, schon auf peppig-poppig-leichte, ein bisschen vielleicht sogar schlager-angehauchte Musik. Ich denke, das wäre leider ihr Genre, die ist ganz leichtfüßig und süß.
H: Ich spiele drei Rollen in dem Stück. Keziah, die böse Hexe, wäre wahrscheinlich in einer sehr lauten, nischigen Experimental-Metal-Untergenregruppe, die vielleicht dadaistisch überhaupt gar keinen Wert auf Inhalt legt. Da sehe ich die Hexe.
Brown Jenkins, die Ratte mit Menschengesicht, ist ein Soul-Dude.
Und der böse Vermieter, Gerd Rumpelstiel, mag keine Musik. Musik hält ihn davon ab, Geld zu verdienen.
G: Ich glaube, der hört klassische Musik.
H: Nee, klassische Musik ist zu freundlich für ihn oder hast du eine andere Definition von klassischer Musik? Böse?
G: Ich finde klassische Musik nicht freundlich. Ich finde klassische Musik oft sehr unterkühlt.
Lars (Henriks) hat dieses Stück geschrieben. Hattet ihr Einfluss auf die musikalische Richtung, die es genommen hat?
G: Auf die Interpretation der Songs, aber nicht auf das Schreiben.
H: Im ersten Entwurf des Stücks war das Abschlusslied zwischen dem Vermieter und Sina noch nicht drin. Ich habe mir aber ganz, ganz doll gewünscht, dass wir einen Les Miserables-artigen Kampf mit Singen kriegen. Als großer Les Miserables-Fan habe ich darauf bestanden. Lars hat viel zu tun gehabt und fand es gar nicht so gut, aber hat es dann gemacht und es ist wunderbar geworden.
Was habt ihr in diesem Stück verarbeitet, was für euch besonders wichtig ist? Wie viel davon war Lovecraft und wie viel Kreativität?
H: Viel wurde aus der Lovecraft-Geschichte übernommen. Die Sina-Figur ist auf dem Papier recht nah an dem Protagonisten vom Hexenhaus. Der Protagonist ist ein Mathematikstudent, der mit Hilfe von Winkeln Magie lernen möchte.
Und auch Keziah Mason und Brown Jenkins. Das Schöne an Lovecraft ist, dass er tolle Konzepte hat, die er mit unglaublich schlechten Charakteren füllt. Wenn man die Charaktere einfach gegen was Besseres austauscht, kriegt er auf einmal eine ganz neue, tolle Farbe.
Das ist Lars‘ großes Talent, diese Ideen von Lovecraft zu nehmen und da wunderbare Charaktere reinzusetzen.
G: Ja und dann tatsächlich mit Leben zu füllen. Lovecrafts Geschichten lesen sich für mich immer total stimmungsstark, aber statisch, was die ganze Welt betrifft. Es werden immer irgendwelche philosophischen Konzepte und theoretische und wissenschaftliche Konflikte abgehandelt, aber es hat keine Seele im Sinne von einer Figur, mit der ich so richtig mitgehe. Das fehlt mir bei Lovecraft total, wenn ich das lese.
H: Weil seine Figuren weder was machen noch was wollen. Da setzt Lars dann gute Figuren rein. Es macht Spaß, die mit Leben zu füllen und viele von den Konzepten übernimmt er…
G: … und streicht den Rassismus.
Was war für euch herausfordernd an der Umsetzung? Entweder technisch oder auch schauspielerisch.
G: Wir haben ein Baby zu Hause, das war eine große Herausforderung. Für mich ist das das erste Mal, dass ich ein Stück auf die Bühne bringe, seit ich Mama geworden bin, so ein Jahr nach der Geburt. Das mit meinem Partner, dem Papa vom Kind zu machen, ist gleichzeitig Fluch und Segen gewesen. Wir haben uns unfassbar auf diese Gelegenheit gefreut, sind teilweise aber an unsere Grenzen geraten. Wir hatten einfach einen sehr, sehr vollen Alltag und es war viel zu tun.
So eine Probenzeit ist nie lang und ich habe mit den Choreografien gestruggelt, also das alles szenisch umzusetzen. Die Musik hatten wir und dann mussten wir gucken, wie bauen wir das alles, dass es auch cool anzusehen ist und nicht nur zu hören. Das gehört auch zu einem Musical dazu, dass diese Songs irgendwie Bewegung bekommen.
Das fand ich eine große Herausforderung. Und dann natürlich, dass wir das zu zweit hier alleine wuppen auf der Bühne. Hendrik macht den Großteil der Technik selbst.
H: Was heißt selbst, ich drücke die Knöpfe.
G: Aber du fährst das ganze Ding und steuerst das Licht und so weiter. Die Übergänge waren unfassbar aufregend und einen oder zwei Tage vor der Premiere stand das ganze technische Gerüst und da mussten wir das sofort umsetzen, weil keine Zeit dafür war, das noch groß einzustudieren und zu testen. Zum Glück hat es hingehauen.
H: Natürlich mit Baby zu Hause, das ist schon bei den Vorstellungen herausfordernd, dass wir immer jemanden organisieren müssen, der das kann und möchte. Aber auch bei den Proben sah es am Ende des Tages so aus, dass wir den Großteil der Proben hier einfach eine Kindertagesstätte eingerichtet haben, irgendwelche Leute, die sich bereit erklärt haben, unser Kind zu hüten, hergebracht haben, vorne was zum Spielen aufgebaut haben und dann parallel geprobt.
Das war eine Herausforderung, eine einzigartige Situation. Und während des Stücks, ja, die Technik ist sehr aufwendig. Und ich, im Gegensatz zu Gundi, habe weder eine musikalische noch eine tänzerische Ausbildung und dementsprechend ist alles mit einer Menge Unsicherheit gewürzt, die ich nicht vom reinen Theaterspielen kenne.
Ich komme hier an meine Grenzen in dem Sinne, dass wenn irgendetwas passiert, dann kriege ich Panik und eigentlich bin ich darüber hinaus, auf der Bühne Panik zu kriegen, wenn irgendwas schiefläuft. Aber das ist so ungewohnt, dass es jedes Mal zu einem kleinen Herzinfarkt führt.
Seid ihr zufrieden, wie es bisher gelaufen ist?
H: Ich liebe das Stück. Ich bin super stolz drauf. Es ist das erste Stück dieser Art, das wir gemacht haben. Es macht ganz große Freude, mit Gundi zu spielen.
G: Das ist ein Stück, das mir auch Spaß bringen würde, selber zu gucken, weil es irgendwie so schräg ist.
H: Schräg, schrill, laut, bunt und manchmal unheimlich. Es macht große, große Freude. Es ist was ganz anderes, als wir bisher gemacht haben. Die Lieder sind super.
G: Und es ist eine geile Charakterentwicklung, die ich spielen darf. Von diesem treudoofen Mädchen, das einfach dringend eine Wohnung braucht und sich total über den Tisch ziehen lässt und nicht schafft, richtig für sich einzustehen – und es dann packt, nachdem sie eine existenzielle Krise durchlebt hat. Das macht einfach total Spaß.
Im Stück seid ihr viel in Träumen unterwegs. Hattet ihr in eurem eigenen Leben auch mal einen Traum, der euch kreative Erleuchtung gebracht hat? Oder existenzielle Krisen?
H: Ich träume viel und recht eindrücklich. Eine Zeit lang habe ich immer gedacht, dass das sehr gute Ideen sind, die ich träume und dann habe ich angefangen, ein Traumtagebuch zu führen und immer, wenn ich aufwache, sofort den Traum niederzuschreiben.
Ich habe dann gemerkt, dass das gar nicht so gute Ideen sind, die man träumt. Häufig bin ich aufgewacht, habe gedacht, das ist die beste Geschichte der Welt, aufgeschrieben, weitergeschlafen. Beim nächsten Mal aufwachen habe ich das gelesen und dachte mir: Das ergibt gar keinen Sinn.
Also von vorne bis hinten nicht. Dementsprechend zügele ich meine Erwartungen immer, wenn ich denke, das war der beste Traum der Welt. Meistens nicht.
G: Ja, das kenne ich auch, aber nur sehr selten. Ich habe auch immer morgens aufgeschrieben, was ich für eine krasse Story hatte oder irgendwelche Wortspiele und ich schreibe ganz gerne Gedichte.
Dann bin ich mit schlechter Laune den Tag gestartet, weil die Sache doch nicht so gut war, wie sie mir erschien.
H: Ich weiß nicht, ob es eine häufige Sache ist, aber ich habe eine zusammenhängende Traumwelt von dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin. In dem träume ich regelmäßig. Das ist eine gruselige Version von dem Stadtteil von Bochum im Ruhrgebiet und die hat wiederkehrende, mythische Orte.
Ich könnte sie aufmalen. Ich weiß, wo das große Heckenlabyrinth ist, in dem ein Monster wohnt. Da habe ich grundsätzlich nur Albträume. Nicht häufig, aber regelmäßig. Das ist vielleicht ein angsterfüllender Traum, aber mittlerweile kenne ich es so gut, dass es nicht mehr so gruselig ist wie vor zehn Jahren.
Ich sage wahrscheinlich psychologische Dinge. Sollte man keinen Freud drüber gucken lassen über Traum-Dahlhausen.
Inwiefern hat sich Träume im Hexenhaus von den Sachen unterschieden, die ihr bisher gemacht habt? Was ist daran das Besondere für euch?
G: Das ist das erste Musical, das ich spiele und dabei habe ich irgendwann in meinem Leben eine Musical-Ausbildung gemacht. Ich hatte danach gar keinen Bock mehr drauf – und jetzt erfüllt es mich, endlich mal Musical auf die Bühne zu bringen, das nicht nur Shaking Hands und hohe Beine ist, sondern mich schauspielerisch total fordert.
Und ich mag es total gerne, ein Zwei-Personen-Musical-Stück zu spielen, das ist einfach ein Banger. Das ist ein großes, großes Ding, finde ich. Die kurze Zeit, die wir dafür geprobt haben, hat, glaube ich, zu einem ganz geilen Resultat geführt. Ich bin einfach stolz drauf.
H: Es ist auch das erste volle Musical, das wir als Theater machen. Musik war immer schon in fast allen Stücken ein Teil und ein, zwei Lieder kommen durchaus mal vor, aber es ist das erste Zehn-Lieder- von vorne bis hinten durchgezogenes Musical-Musical. Und ja, dementsprechend auch eine Premiere.
Ich muss natürlich für die metal.de-Leser:innen fragen, ob ihr euren Einfluss geltend machen werdet und ob wir bald ein Metal-Musical erwarten können.
H: Ich befürchte, ein reines Doom-Metal-Musical wird es in absehbarer Zukunft nicht geben. Aber wenn es so weitergeht, dann belabere ich Lars so lange, bis er ins nächste Musical ein, zwei Doom-Metal-Songs reinschreibt.
G: Ich glaube, das ist eine realistische Prognose.
Für eure Zielgruppe müsste es doch bestimmt passen, oder nicht?
H: Das auf jeden Fall, das würde ziehen. Vielleicht muss ich Lars mit der Herangehensweise dazu zwingen, das zu machen und dann stehen wir hier das nächste Mal und shouten an die ewig gebärenden Ziegenmutter.
Worauf können sich Leute, die jetzt noch zu euch kommen, besonders freuen, wenn sie „Träume im Hexenhaus“ sehen?
G: Auf eine richtig, richtig creepy Rattenpuppe mit Menschengesicht und auf einen relativ schnellen Puls im Stück, den wir erreichen, obwohl wir nur zwei Leute sind. Das hoffe ich zumindest.
Und auf schräge Charaktere mit dennoch guter Anschlussfähigkeit. Man erkennt vor allem, wenn man in einer Großstadt lebt und den Wohnungsmarkt hier schon mal erlebt hat, einige Struggles aus dem eigenen Leben wieder.
H: Gute Laune, gute Musik, Ratten mit Menschengesicht und zumindest einen fiktiven Sieg gegen das größte Übel der Welt. Und das sind Vermieter.
Und dann zuletzt noch aus persönlichem Interesse: Kannst du (Hendrik) Bananen noch sehen, wenn das hier vorbei ist?
H: Ah, schwierig. Sehr schwierig. Schon vor der Premiere dachte ich, es war eine doofe Idee.
Es war eine der ersten Ideen, die ich für die Rolle hatte. Wir beide haben vor langer Zeit im Hamburger Dungeon gearbeitet und da war einer der größten Späße, die Leute, die darauf warten, dass es losgeht, irgendwie zu ärgern. Da waren Bananen immer das beste Comedy-Prop, das es gibt. Kein Obst ist witziger als Bananen. Dementsprechend kam die Idee recht schnell. Ich habe es dann bereut, weil es bedeutet, dass ich die ganze Zeit Bananen essen muss, und zwar in einem Haps. Und Gundi fand die Idee so wunderbar…
G: Ich habe den passenden Anzug dazu gefunden. Wir versuchen, so viel wie möglich Secondhand zu kaufen, aber der musste einfach sein. Der kam dann aber nicht an bis kurz vor der Premiere, wir hatten die Bananen also schon wieder verworfen. Aber als dann der Anzug kam, war es ein Zeichen: Es mussten die Bananen sein.
H: Und jetzt esse ich viele Bananen. Aber alles für die Kunst.
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Louisa Esch





























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