Slipknot
Gedanken zum Vorverkauf

Special

SLIPKNOT haben den Vorverkauf für ihre Tour im nächsten Jahr gestartet, und der Vorverkauf übertrifft alle Erwartungen, was Abzocke angeht. Jetzt kommt mir nicht mit dem Argument, dass man ja nicht hingehen muss und nicht den hohen Preis für Konzertkarten zahlen muss. Doch, muss man schon. Jedenfalls wenn man Fan einer Band ist, möchte man auch die Chance haben, diese live zu sehen. Denn im Gegensatz zu einer Albumveröffentlichung ist das Angebot an Konzertkarten nicht unendlich.

Der Name SLIPKNOT kann auch gerne durch einen anderen Bandnamen in dieser Größe ersetzt werden, und es spielt auch keine Rolle, ob die Band, ihr Management oder wer auch immer für die Kartenpolitik verantwortlich ist. Der Name SLIPKNOT steht auf dem Ticket ganz oben, und daher wird die Kritik auch an diese Adresse gerichtet.

SLIPKNOT haben den Vorverkauf am Freitag gestartet.

Offizieller Vorverkaufsstart war am Freitag, den 30.08.2019, doch schon am Dienstag gab es Karten für Mitglieder des Fanclubs von SLIPKNOT. Inhaber der Premium-Mitgliedschaft für 80 US-Dollar im Jahr durften zuerst loslegen. Eine Stunde später dann die Deluxe-Mitglieder, die 40$ im Jahr Mitgliedsbeitrag bezahlen. Wieso nochmal unterteilt man die Fanclub-Mitglieder?
Eine weitere Stunde später kamen dann die Personen an die Reihe, die das neue Album „We Are Not Your Kind“ direkt bei Roadrunner Records vorbestellt hatten.

Am Mittwoch konnte man dann als Kunde der Telekom und von Samsung an Karten gelangen. Stand die Telekom nicht mal für den Inbegriff der deutschen Spießigkeit? Egal, jetzt drängt Magenta Musik 360 in Zusammenarbeit mit Samsung auf den Konzert-Streaming-Markt.

Wir sind immer noch nicht beim offiziellen Start des Vorverkaufs, aber so langsam werden die Hallen voll, denn am Donnerstag werden dann Karten über die Homepage von Ticketmaster verkauft, während offizielle Vorverkaufsstellen und alle anderen Homepages bis Freitag warten müssen.

Slipknot – „European Tour 2019“

Doch wie sind die Preise? Spielen wir es mal am Beispiel vom Konzert in Stuttgart in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle für den 8. Februar 2020 durch.

Sitzplätze gibt es von 64,85 bis 103,6 € je nach Lage zur Bühne. Die Stehplätze im Innenraum kosten 76,35 €.

Als Versand kann man den Standard-Brief wählen, der kostet 4,90 bis 5,90 € wenn man mehrere Tickets bestellt hat. „Kurierversand mit Sendeverfolgung“ ist eigentlich ein normales Einschreiben und wird für 7,90 € angeboten. Möchte man die Karten an der Abendkasse hinterlegen lassen, zahlt man dafür 8,90 €.

Die Tickets werden künstlich verknappt.

Das scheinen alles relativ normale Preise für ein Konzert dieser Größe in den Jahren 2019 und 2020 in Stuttgart zu sein, doch wo ist das Problem? Das Problem ist, dass das ohnehin spärliche Kontingent an günstigen Karten noch künstlich verknappt wird, denn hier tauchen plötzlich „Platin Tickets“, „Hot Ticket Package“ und „Early Entry Package“ auf. Was können die?

Das „Early Entry Ticket“ für 208 € besteht aus:

Man zahlt also 130 € mehr dafür, dass man früher in die Halle darf und irgendwelches Merchandise bekommt, das nicht genauer definiert ist?

Das „Hot Ticket Package“ für 196 € beinhaltet die folgenden Leistungen:

Hier also 93 € mehr für das ominöse Merchandise-Geschenk. Da hätten wir dann auch 15 € Differenz, die der frühe Eintritt kostet.

Bleibt noch das Platinticket, das es für alle Kategorien gibt und im Vergleich zum normalen Ticket mindestens 100 € mehr kostet. Für den Stehplatz 212,50 € statt 76,35 € am 31.08. um 18:40 Uhr. Die Tickets werden teurer, desto weniger es noch gibt. Zitieren wir dafür die Homepage von Ticketmaster:

Was sind Platin Tickets?

Ticketmaster Platin bietet den Fans die Möglichkeit auf Tickets zuzugreifen, die nachfrageorientiert direkt vom Künstler und Management bereitgestellt werden. Ticketmaster Platin ermöglicht dabei eine marktgerechte Preisgestaltung für Live-Events (Preisanpassungen in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage). Das Ziel ist es, den Fans einen fairen und sicheren Zugang zu stark nachgefragten Tickets anzubieten und gleichzeitig den Künstlern und Veranstaltern eine Plattform zu schaffen, auf der Tickets zu ihrem echten Marktwert direkt zum Fan gelangen.

Platin Tickets sind keine VIP-Packages und enthalten keine Zusatzleistungen!

Du erhältst automatisch das Ticketmaster Collector Ticket.

Also ist das Ticket statt aus verstärktem Papier aus Plastik.

Ein Stück Plastik ist um mehr als 100 € teurer als Papier.

Slipknot – „European Tour 2019“

Je nach Veranstaltungsort gibt es dann noch Premiumplätze oder Logenplätze mit Buffet und Freigetränken ab 200 €. Der ganz normale Wahnsinn in den modernen Arenen.
Aber diese Plätze sind auch nicht das Problem, sie sind halt vorhanden und müssen für einen höheren Preis als der normale Stehplatz verkauft werden, man bekommt ja schließlich auch mehr Leistung.

Das Problem ist die Verknappung der schon wenigen und nicht gerade günstigen Stehplatztickets durch „Early Entry Ticket“ und „Platin Tickets“. Sind die normalen Tickets weg, MUSS auf die teuren Tickets ausgewichen werden, und hier haben wir den Unterschied von Konzertkarten zu Alben. CDs gibt es in fast unbegrenzter Anzahl, und ob BELPHEGOR jetzt eine Gasmaske, AMON AMARTH ein Wikinger-Schild aus Pappe oder SABATON einen Panzer beilegen, ändert nichts an der Verfügbarkeit der Musik. Die Musik ist das Hauptprodukt, und sie ist für jeden für einen konstanten Preis zu bekommen.

Konzertkarten sind begrenzt, eine Halle umfasst nur eine begrenzte Zahl an Plätzen, und das Jahr hat eine begrenzte Zahl an Tagen, wo die Band spielen kann. Also warum dann nicht einfach Angebot und Nachfrage den Preis regeln lassen? Weil es sich hier nicht um Kunden, sondern um Fans handelt. Der Kunde zieht weiter, wenn ihm das Produkt nicht gefällt. Der Fan steht aber zu seiner Band und steht auch in schlechten Zeiten zu ihr. Man frage beispielsweise mal bei IRON MAIDEN oder METALLICA nach, wie es ihnen unterschiedlich in den unterschiedlichen Ländern ergangen ist, als sie schwächeres Material veröffentlicht haben. Man frage auch mal MANOWAR, was passiert, wenn man den Bogen der hohen Preise überspannt, obwohl man treue Fans hat.

SLIPKNOT gibt es nun auch schon fast 25 Jahre und METALLICA fast 40 Jahre. Ein Grund, dass die Bands sich so lange halten konnten, ist es, dass immer Fans nachgewachsen sind. Es kamen immer wieder junge Fans nach, die Lust auf die Bands hatten. Sie konnten es sich aber auch finanziell leisten. Schaut euch bitte mal auf eurem nächsten Konzert um, wie gering mittlerweile der Teil der Konzertbesucher unter 20 ist. Das war mal anders und betrifft nicht nur ein Genre des Metals und nicht nur die großen oder die kleinen Konzerte. Das hat auch mit der Preisgestaltung zu tun, denn statt einem Konzert von SLIPKNOT kann man sich auch locker fünf bis zehn kleine Konzerte leisten.

Slipknot – „European Tour 2019“

Schneidet sich die Szene ins eigene Fleisch?

Noch laufen genug Fans zu den Konzerten in die großen Hallen und machen Eintrittspreise von 100 € und T-Shirt-Preise von 30 € mit. Doch zu welchen Kosten? Wird das Geld bei den kleinen Bands eingespart oder bei anderen Hobbys? Schneidet sich damit die Szene nicht über kurz oder lang ins eigene Fleisch, wenn keine Bands mehr nachwachsen und die jungen Fans sparen müssen, um ein großes Konzert und ein Festival pro Jahr besuchen zu können? Bei den Festivals munkelt man gerade davon, dass die Szene am Schrumpfen ist. Bei den kleinen Konzerten sieht es wohl nicht anders aus. Hoffen wir darauf, dass es sich um ein Gesundschrumpfen handelt und nicht die letzten Zuckungen begonnen haben. Wenn mir jedenfalls im Jahr 1999 jemand erzählt hätte, dass sich in den nächsten 20 Jahren die Konzert- und Festivalpreise verdoppeln werden, hätte ich ihn für verrückt erklären lassen.

Macht bitte nicht jeden Scheiß mit und fragt euch zweimal, was euch ein 10.000er-Konzert wert ist und ob es wirklich fünfmal so gut wie eine Clubshow ist und ob ein T-Shirt aus Kinderhand wirklich 30 € wert ist.

Die Kolumne „St. Anger – Die Meinungsmache“ ist, wie der Name schon sagt, Meinung. Begründet, aber gefärbt, wertend und vielleicht provokativ – und jeder Artikel ist das Produkt eines kleinen Teils der Redaktion. Daher spiegelt der Inhalt des Artikels auch nicht unbedingt die Ansichten der gesamten Redaktion wider.

05.09.2019
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