
Soundcheck September 2025# 11
ARJEN ANTHONY LUCASSEN ist vor allem für AYREON und STAR ONE bekannt. Der freundliche Niederländer betreibt nebenbei ein Dutzend weiterer Projekte, die er mehr oder weniger regelmäßig pflegt. Meist arbeitet er mit einer Riege von Persönlichkeiten zusammen, doch alle Jubeljahre zaubert er ein komplettes Soloalbum aus dem Hut. Zuletzt geschah dies 2012 mit „Lost In The New Real“. Der nächste Streich, „Songs No One Will Hear“, dreht sich um eine nahende Apokalypse: Ein Asteroid wird in fünf Monaten die Erde zerstören. Trotz des Soloaspekts hat das Universalgenie Gastsänger:innen eingeladen, die die Platte veredeln.
ARJEN ANTHONY LUCASSEN lässt die Welt untergehen
Trotz der zahlreichen Projekte ist Lucassens Handschrift unverkennbar. Hochqualitative Gitarrenarbeit und der charakteristische Einsatz der Hammondorgel sind feste Stützpfeiler seiner Musik. Natürlich nutzt er diese auch auf seinem Soloalbum. Durch die Stimmen von Floor Jansen, Marcela Bovio, Robert Soeterboek und Mike Mills als Erzähler erhält die Platte AYREON-Charakter. Die Thematik des Asteroiden passt dazu, lediglich die Lyrics sind irdischer.
„The Clock Ticks Down“ besingt das nahende Unheil und erzählt von letzten Wünschen und Unternehmungen der Erdenbewohner. „Goddamn Conspiracy“ wirkt erschreckend realistisch, denn jede:r kann sich vorstellen, dass es Realitätsverweigerer gäbe, wäre das Szenario echt. Musikalisch bewegen sich diese Stücke im Prog-Rock-Universum, wobei „Goddamn Conspiracy“ eingängiger ist und Single-Potenzial hat.
„The Universe Has Other Plans“ ist nachdenklich und besticht durch ein beeindruckendes Violinsolo. Herrlich absurd ist „Shaggathon“ – hier beschreibt Lucassen die letzte große Orgie der Menschheit. Der 65-Jährige lässt sein inneres Kind raus und liefert einen lockeren Gute-Laune-Track mit Rock-’n‘-Roll-Flair.
Apokalypse im Lucassen-Stil
„We’ll Never Know“ glänzt mit einem Duett zwischen Lucassen und Floor Jansen. „Dr. Slumber’s Blue Bus“ ist musikalisch im Blues verortet und erzählt von Menschen, die dorthin reisen, wo der Asteroid einschlagen wird, um einen Platz in der ersten Reihe zu haben – erschreckend plausibel.
„Just Not Today“ ist ein kurzes, akustisches Stück, eher ein Intro zum großen Finale. Mit „Our Final Song“ endet „Songs No One Will Hear“ in einem ruhigen Vierzehnminüter, der introspektiv bleibt und gelegentlich bombastisch aufbricht. Musikalisch tobt sich Lucassen hier weniger aus als bei langen Epen anderer Projekte – etwa „Lost Children Of The Universe“ von STAR ONE oder „The Day That The World Breaks Down“ von AYREON –, doch das Stück ist ein vielschichtiger Grower mit Potenzial.
Lucassen singt auf diesem Album viel selbst – und überzeugt. Dadurch hebt sich die Platte von AYREON und anderen All-Star-Projekten ab.
„Songs No One Will Hear“ werden einige Leute hören
Zum Glück schlägt kein Asteroid ein, und autokratische Spinner jagen die Erde hoffentlich auch noch nicht in die Luft. So können viele Menschen „Songs No One Will Hear“ hören. ARJEN ANTHONY LUCASSEN hat ein Händchen für stimmige Geschichten. Dieses Mal sind sie besonders cineastisch und nachvollziehbar, was auch am Erzähler und der dystopischen Nähe liegt. Musikalisch bleibt die Platte allerdings etwas hinter seinen großen Bands zurück.

Lucassen, Arjen Anthony - Songs No One Will Hear
Jannik Kleemann
Lucassen, Arjen Anthony - Songs No One Will Hear






























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