Dominik Feldmann - Metal-Nerds – Jäger der verlorenen Philosophie

Review

“Metal Nerds – Jäger Der Verlorenen Philosophie“. Das klingt erst mal spannend, so ein bisschen nach E-Gitaren-Indiana Jones meets Stadtbibliothek und Brettspielverein, aber auf eine gute Art. Ähnliches suggeriert der Pressetext, in dem es wie folgt heißt: “ „Metal-Nerds“ ist ein krachender wie verrückter Clash der Kulturen, in dem auf leicht verständliche Art gezeigt wird, wie eng die unterschiedlichen Bereiche des Lebens miteinander verknüpft sind. So werden Philosophie, Coming-of-Age, Heavy Metal und Populärkultur auf wahnwitzige und äußerst unterhaltsame Weise verwoben.“

Missverständlich Etikettiert

Leider liegt hier ein ziemlich dreister Etikettenschwindel vor. So ist der Clash der Kulturen weder krachend noch verrückt, und auch auf den Wahnwitz und die Unterhaltung muss man als Leser vergebens warten. Wer jedoch eine gute Einschlaflektüre sucht, ist mit “Metal Nerds“ bestens bedient und wird sich garantiert mit dem Buch in der Hand in Windeseile bei einem Nickerchen erwischen. Das Konzept wurde in unterschiedlichsten Lebenslagen ausprobiert – vor allem an Orten und zu Gegebenheiten, bei denen man sonst weniger zum Einschlafen neigt, sondern als Vielleser eher die Ruhe und Gelegenheit, zwischendurch ungestört ein paar Seiten lesen zu können, zu schätzen weiß.

Dabei ist “Metal Nerds“ nicht einmal grottenschlecht. Es ist einfach nur sehr fade und langweilig. Das liegt zum einen an den Protagonisten. Die zwei Freunde Aristoteles und Friedrich sind eigentlich Philosophiestudenten, deren Charaktere sich aber teilweise lesen und anfühlen wie pubertierende Schüler aus der Mittelstufe. Gerade im ersten Drittel werden, um die Affinität der beiden zur Musik der härteren Gangart zu betonen, immer wieder Bandnamen und Trivia aus der Rock- und Metalwelt eingeworfen, was irgendwann ein wenig willkürlich wirkt. So, als hätte der Autor in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Infos einbringen wollen, um zu betonen, wie Metal die Charaktere sind, und damit auch das Buch. Dazu sind sie natürlich D&D- und Brettspieler, von der äußerlichen Beschreibung her unsportlich, und zumindest Aristoteles hat gewaltige Ladehemmungen, was die Damenwelt angeht, was dann auch zum Coming-of-Age-Anteil der Geschichte führt. Doch das wäre gar nicht einmal so schlimm, ein bisschen Klischee kann oft die Würze in einer guten Geschichte sein.

Der zweite große Kritikpunkt ist, dass die Kapitel fast immer nach dem gleichen Schema verlaufen. Die Charaktere finden sich in einem halbwegs vielversprechenden Anfangsszenario wieder: bei der Bandprobe, beim Essen im Imbiss, im Kino, beim gemütlichen Saufabend bei einem Kumpel, auf einem Festival mit ihren Flammen. Irgendwer wirft eine Frage auf, und schon wird seitenlang philosophiert. Dadurch stagniert der recht dünne Handlungsstrang mit dem Coming-of-Age Anteil erst recht. Getoppt wird das Ganze nur durch die aufzählende Erzählweise. Sinngemäß liest es sich an vielen Stellen in etwa so: „der Raum war groß. Die Vorhänge waren gelb. Der Tisch war braun. Das Geschirr darauf war weiß. Es war gedeckt für sechs Personen“. Diese Kombination sorgt weder für Wahnwitz noch für Unterhaltung, sondern einfach nur für das Bedürfnis, die Augen zu schließen und weg zu dösen.

Dabei sind die gewählten philosophischen Beispiele selbst für Menschen ohne jegliche Begeisterung für Philosophie nicht einmal schlecht, und jeder, der gerne philosophiert oder sich eingehender mit der Materie beschäftigt, wird diese Stellen vermutlich sogar gerne lesen. Der Autor hat sich spürbar etwas gedacht dabei, und sich die Auswahl sicher auch nicht leicht gemacht. Spätestens beim Beispiel von ICED EARTH und Jon Schaffer und der Frage, ob und wie man Kunst vom Kunstschaffenden trennen kann, werden sogar Leute aufmerken, die sonst mit Philosophie nicht viel am Hut haben. Diese Frage beschäftigt die meisten Musikliebhaber früher oder später mindestens einmal, wenn nicht mehrmals.

Die Jagd nach der verlorenen Unterhaltung

Insgesamt wäre, vor allem unter der Beschreibung, mit der das Buch beworben wird, ein bisschen mehr Ausgewogenheit großartig gewesen. Mehr Coming of Age und Wahnwitz, und die Philosophie vielleicht weniger mit dem Vorschlaghammer, sondern eher mit dem Dosierlöffel einbringen. Oder dem Buch von vornherein ein anderes Label verpassen. So ist die Umsetzung jedoch leider weniger gut geglückt. “Metal Nerds“ liest sich brottrocken und verführt nicht dazu, sich mit dem Buch die Nächte um die Ohren zu schlagen. Eher lädt es dazu ein, den Blick sehnsüchtig übers heimische Bücherregal schweifen zu lassen, auf der Suche nach der Lektüre, die es zur Belohnung nach der vorliegenden Pflicht gibt.

09.12.2025

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