Between The Buried And Me -
es ist gesund, alles zu hinterfragen

Interview

Mit „The Blue Nowhere“ setzen BETWEEN THE BURIED AND ME einmal mehr ein Statement im Progressive Metal: komplex, vielschichtig, emotional und garantiert nichts für den schnellen Konsum. Statt klarer Konzepte stehen diesmal Stimmungen und Gedankenräume im Fokus. Im Interview spricht Sänger Tommy Rogers über Streicher, Ego, Einsamkeit – und warum sich ein Hotel perfekt als Bühne für das menschliche Innenleben eignet.

„The Blue Nowhere“ ist wieder ein Album, das sich nicht sofort erschließt, sondern Zeit und Aufmerksamkeit braucht. Hast du Freude daran, Musik zu schreiben, die sich erst nach und nach entfaltet, statt direkt zu zünden?

Ich finde gar nicht unbedingt, dass unsere Musik keine direkte Wirkung hat. Aber wir gehören sicher zu den Bands, bei denen man mit jedem Hören neue Details entdeckt. Und genau das gefällt mir als Hörer – dass es sich bei jedem Mal wie ein neues Erlebnis anfühlt. Klar, unsere Musik ist ziemlich komplex, und beim ersten Hören kann sie etwas überfordernd sein. Aber das ist einfach unsere natürliche Art zu schreiben. Wir versuchen nicht, uns irgendwo einzuordnen oder bestimmten Leuten zu gefallen. Uns geht’s darum, das festzuhalten, was wir in dem Moment fühlen – und uns selbst zu inspirieren. Das ist für uns das Entscheidende.

Auf dem Album erkundet ihr neue klangliche Bereiche – unter anderem mit Streichern und Bläsern. Wie habt ihr diese orchestralen Elemente in euren Bandsound integriert?

Diese Elemente waren eigentlich schon immer Teil unseres Sounds. Aber bei diesem Album war uns schon früh klar, dass wir an bestimmten Stellen echte Streicher brauchen – da reichten Plugins einfach nicht mehr aus. Wir haben auch früher schon Bläser eingesetzt. Auch Keyboards gehören immer dazu, oft mit Streichern im Hintergrund. Es war also ein ganz natürlicher Schritt. Wir hatten Klangvorstellungen im Kopf, die genau nach diesen echten Instrumenten verlangten.

Ich bin froh, dass wir es gemacht haben – das Ergebnis kann sich sehen lassen. Dan [Dan Briggs, Bassist; Anm. d. Red.] hat das Ganze organisiert. Er hat ein kleines Orchester aus befreundeten Musiker:innen zusammengestellt und vieles selbst aufgenommen. Und es ist richtig gut geworden.

Between The Buried And Me – Summer Breeze Open Air 2025

Im Gegensatz zu euren früheren, erzählenden Alben wirkt „The Blue Nowhere“ eher emotional als narrativ. Warum habt ihr euch diesmal für Stimmungen statt für eine durchgehende Geschichte entschieden?

Ganz ehrlich – Geschichten finde ich mittlerweile etwas langweilig. Ich habe das einfach schon oft gemacht. Diesmal wollte ich etwas finden, das besser zum Album passt. Ich wollte schon seit Jahren über ein Hotel schreiben. Ich wusste nicht genau, was das bedeuten würde – nur, dass ich es irgendwann tun möchte.

Als wir dann die ersten Songs zusammenhatten und der musikalische Weg klarer wurde, ergab plötzlich alles Sinn. Jeder Song fühlte sich an wie ein eigener Raum, eine eigene Atmosphäre. So entstand die Idee, dieses Hotel als eine Art wandelbare Welt zu inszenieren – ein Ort, der sich in verschiedene Zeiten und Szenarien verwandeln kann. Irgendwie surreal, jenseits von Raum und Zeit.

Am Ende ging es dann mehr um das Menschsein an sich – um das Chaos, die Schönheit, um Selbstfindung und die Suche nach Bedeutung. Dinge, die uns alle betreffen.

Das hat sich alles erst im Prozess entwickelt. Ich hatte keinen festen Plan, als ich anfing zu schreiben – was spannend war. Normalerweise gehe ich da sehr strukturiert ran, aber diesmal habe ich es einfach fließen lassen.

 

Gibt es wiederkehrende Themen oder persönliche Erfahrungen auf dem Album – etwa Einsamkeit, Ego oder Selbstreflexion? Welche Emotion steht im Zentrum?

Ich glaube, das sind Themen, die wir alle kennen. Wie gesagt, es geht um das Menschsein. Die erste Single etwa handelt im Kern vom Ego – etwas, das wir alle irgendwann hinter uns lassen müssen. Manche schaffen das nie. Und wie stark dein Ego ausgeprägt ist, hängt oft auch mit deinem sozialen Status zusammen – darum geht’s auch ein bisschen.

Aber nein – ich erzähle keine konkreten Erlebnisse aus meinem eigenen Leben. Es geht mehr um das große Ganze. Einsamkeit spielt definitiv eine große Rolle. Auch das Thema Hotel passt da gut rein – in unserer Welt verbringen wir viel Zeit allein und in Hotels. Für mich ist das ein Ort, an dem ich gut reflektieren kann.

Viele Menschen finden Stille oder Alleinsein beängstigend. Ich nicht. Ich mag das. Ich sitze gern mit meinen Gedanken da und denke nach. Man beginnt, alles zu hinterfragen. Ich finde, das ist gesund.

Between The Buried And Me – Summer Breeze Open Air 2025

Gab es besondere Momente oder Herausforderungen beim Recording-Prozess?

Ehrlich gesagt – nicht wirklich. Es war einfach magisch. Der Schreib- und Aufnahmeprozess lief unglaublich rund. Es ging schnell, wir hatten Spaß, es war durchweg eine tolle Erfahrung. Ich bin wirklich stolz auf dieses Album. Vielleicht ist es sogar einer der stolzesten Momente unserer Karriere. Und wenn man nach über 25 Jahren Bandgeschichte immer noch Lust hat, neue Musik zu veröffentlichen und ins Studio zu gehen, dann sagt das, denke ich, einiges aus. Also – keine besonderen Schwierigkeiten, nur viel positive Energie.

Eure Fans lieben euren einzigartigen Mix aus Prog, Metal, Jazz und vielem mehr. Wie schafft ihr es, euch weiterzuentwickeln und gleichzeitig euren Kernsound zu bewahren?

Das ist nichts, worüber wir groß nachdenken. Wir schreiben einfach Musik. Meistens fangen wir alle unabhängig voneinander an zu schreiben, tauschen Ideen aus und daraus entsteht dann ganz organisch etwas Größeres.

Ein Gedanke wird zu hundert neuen Ideen. Und was wir über die Jahre gelernt haben: Egal, wohin wir stilistisch abdriften, am Ende klingt es immer nach uns. Das liegt einfach in unserer DNA.
Zum Beispiel der Titelsong des neuen Albums: Der ist für uns schon ziemlich anders – aber trotzdem hört man sofort, dass wir das sind. Das verleugnet nichts.
Wir tun einfach, was sich für uns richtig anfühlt – und dadurch bleibt unsere Identität erhalten.

Seit eurem letzten Album sind vier Jahre vergangen. Wo steht ihr heute – kreativ und persönlich? Und was bedeutet „The Blue Nowhere“ für die Zukunft der Band?

Uns geht’s gerade richtig gut. Wir touren viel – ich bin aktuell in München. Alle in der Band sind motiviert. Wie gesagt, die Studiozeit war fantastisch. Jetzt warten wir gespannt darauf, wie das Album ankommt. Diese Phase kurz vor dem Release ist immer spannend – man ist neugierig, wie die Leute reagieren.

Aber was die Zukunft betrifft: Wir nehmen es Jahr für Jahr. Nächstes Jahr sind wir viel unterwegs. Mal sehen, was passiert. Wir hoffen natürlich, neue Fans dazuzugewinnen und weiterhin kreativ zu bleiben. Wir lieben, was wir tun. Das ist für uns nicht selbstverständlich. Wir freuen uns aufs Touren, aufs Musikmachen und darauf, weiterzumachen.

Between The Buried And Me – Summer Breeze Open Air 2025

Ihr behandelt jedes eurer Alben als Gesamtkunstwerk – inklusive verschiedener Formate. Welche Editionen oder Aspekte sind euch bei „The Blue Nowhere“ besonders wichtig?

Mir ist vor allem wichtig, dass alles stimmig ist und sich wie ein zusammengehöriges Universum anfühlt. Als wir das Artwork zu „The Blue Nowhere“ entworfen haben, wusste ich sofort: Das ist anders – aber es hat Charakter. Mir geht’s darum, dass alles – Merch, Videos, Musik – aus einer Welt zu kommen scheint. Dass man das Gefühl hat, das gehört alles zu diesem Album. Das ist für mich das Wichtigste. Wir machen normalerweise gar nicht so viele Bonus-Sachen, aber diesmal gibt’s eine Special Edition mit einem Bonustrack. Der hat es nicht aufs Hauptalbum geschafft, weil er den Flow gestört hätte, aber als Extra funktioniert er gut. Ich liebe diesen kreativen Prozess rund um das Album – nicht nur das Musikmachen, sondern das ganze Drumherum.

Zum Abschluss: Möchtest du unseren Leser:innen und euren Fans noch etwas mitgeben?

Ein riesiges Dankeschön an alle – ob neue oder langjährige Fans. Wir sind dankbar, dass wir das nach all den Jahren immer noch machen dürfen. Und dass ihr uns auf dieser Reise begleitet. Ich freue mich auf den Auftritt heute Abend – und danke für das Gespräch!

Quelle: Tommy Rogers / Between The Buried And Me
14.09.2025

It`s all about the he said, she said bullshit.

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