Feuerschwanz
“Wie würde ein IRON-MAIDEN-Riff klingen, wenn man es mit Dudelsack vertont?“

Interview

FEUERSCHWANZ lassen endlich ihren “Methämmer“ auf das feierwütige Volk los. Doch seit geraumer Zeit gibt es bei der Band neben den augenzwinkernden Partyhits auch noch eine zweite, tiefgründigere Seite. Das glaubt ihr nicht? Dann lest genau, was Prinz R. Hodenherz III. uns im Interview alles zu erzählen hat. Es geht neben den teilweise ausufernden Gesprächen rund um das neue Album auch um die Verarbeitung innerer Wut, wie man die AfD zum Lachen bringt und warum genau das wichtig für die eine oder andere Diskussion wäre.

metal.de: Unser letztes Interview stand unter dem Motto „Mein Penis hat die Band gegründet“. Was darf ich heute für eine Überschrift erwarten?

Prinz R. Hodenherz III. (Hodi): Na das ist ja jetzt auch wieder fies gefragt. Letztes Mal ist das ja sehr geil entstanden und kam auch vom Peter. Außerdem war ja auch ein bisschen Bier und Pfeffi vom Vortag im Spiel, dass ich jetzt so gefragt keine Überschrift raushauen kann, die es mit der letzten aufnehmen kann.

metal.de: Euer neues Album trägt den Titel „Methämmer“. Was soll das bedeuten und warum die ä-Striche?

Hodi: Das war tatsächlich eine spannende Frage, wie wir das machen. Historisch betrachtet ist das etwa anderthalb Jahre her, da kam der Song “Methämmer“ als erstes rohes Demo auf den Plan. Da habe ich das aufs Demo unverfrorenerweise mit dem “hääämmerrrr“ ein wenig Englisch ausgesprochen, damit das ein bisschen cooler wirkt. [macht englischen Akzent nach] Ich weiß noch, wie ich beim Einsingen gedacht habe: “Was für ein Bullshit!“ und mich totgelacht habe. Zwischen dem Totlachen habe ich noch ein paar Takes “Methämmer, Met-Methämmer“ auf die Reihe gekriegt. Das kam aber auch echt tierisch gut an. Die ganze Band war begeistert. Das ist natürlich aus so einer blöden Suffidee entstanden, irgendwas mit METAL HAMMER zu machen, irgendein blödes Wortspiel. Es hat sich aber in unseren Köpfen echt festgefressen. Deswegen haben wir auch ein bisschen aus martialischen MOTÖRHEAD-Reminiszenz-Gründen die Ä-Striche drüber gelassen, damit man auch, wenn man den Titel liest, die Aussprache mit im Kopf hat, damit das jetzt auch wirklich internationale Topliga wird. Deshalb die Ä-Striche und deshalb der Titel. Das mit dem Met ist ja so ein ganz eigenes Universum bei FEUERSCHWANZ und wir wollten auch mal ganz im Stile der Metal-Heroen eine richtige Ansage machen, quasi Nägel mit Köpfen. Und um bei dem Werkzeugbild zu bleiben: Bei Nägel mit Köpfen braucht man einen Hammer! Bei FEUERSCHWANZ natürlich einen Methammer, also ein “Methämmer“. Das sind unsere philosophischen Gedankengänge.

metal.de: Ich habe mir ja die Platte vorab einmal angehört. Ich dachte ja bei den Ankündigungen aus unserem letzten Interview, dass es mehr in Richtung Metal gehen wird. Es ist zwar deutlich härter, aber ich hätte es noch krasser vermutet. Hattet ihr bei der Produktion des Albums nicht irgendwie Angst, dass die klassischen Mittelalterrockfans dadurch abgeschreckt werden?

Hodi: Hmmm… ich glaube ja, dass es die klassischen Mittelalterrockfans… das ist ein blödes Wort. Ich sag mal so: Wenn man Marktsackpfeife mit Gitarre und allem in a-Moll hören möchte, gibt es genug Bands, die genau das machen. Die haben immer noch SALTATIO MORTIS, die haben immer noch IN EXTREMO – da brauchen wir keine Scheu zu haben, dass wir irgendwelche Fans verlieren. FEUERSCHWANZ hat sowieso schon immer sein eigenes Süppchen gekocht. Wir wollten da tatsächlich mal ein paar neue Allianzen schmieden, musikalisch gesehen. Mit klassischem Hard Rock oder Heavy Metal hat es auch noch keiner so richtig gekreuzt. Es gibt viel Punk, viel modernen Metal, aber sowas gab es noch nicht. Da sind natürlich auch wieder ein paar Experimente dabei, wie “Schubsetanz“ – und da sind ja noch ein paar mehr Genres drin. Ich finde, dass das die Mittelalterrock-Szene braucht. Man kann nicht ewig weitermachen mit a-Moll-Dudelsack. Das hat man auch in den letzten Jahren gesehen, dass es ein bisschen stagniert ist, wobei ich glaube, dass das schon vorbei ist – dank Bands wie … ich will jetzt nicht DARTAGNAN, aber auch DARTAGNAN, die das Ganze mit nochmal anderen Genres kreuzen. Oder auch VERSENGOLD, die da einen anderen Sound reinbringen. Das braucht es gerade und ich finde, das haben wir auch getan. Ich glaube, dass uns das die Fans danken werden und nicht abgeschreckt sind.

metal.de: Nach dem Hören der Platte stimme ich dir da auch voll zu. Es ist nicht nur klassischer Heavy Metal als Einfluss zu hören, sondern auch eine ganze Ecke mehr.

Hodi: Genau, es ist auch zum Beispiel noch Mittelaltermarktsound mit drin. Da sind wirklich einige Zutaten im Cocktail. Da hat es uns auch wirklich sehr viel Spaß gemacht zu sagen: “Wie würde eigentlich ein typisches IRON-MAIDEN-RIFF klingen, wenn man es mit Dudelsack vertont?“ oder sowas. Wir haben da einige Experimente gewagt.

metal.de: Auf jeden Fall. Eines davon hast du gerade selber angesprochen: “Schubsetanz“ ging auf YouTube ab durch die Decke und holte sogar mehr Klicks als die erste SALTATIO-MORTIS-Single “Große Träume“. Wie erklärt ihr euch diesen Erfolg? Hängt das mit dem Heavy-Metal-Feeling zusammen?

Hodi: Auf jeden Fall! Ein Song der “Schubsetanz“ heißt, muss irgendwie härter daher kommen. Ich glaube aber auch, dass “Schubsetanz“ vor allem deshalb funktioniert, weil es eine Zusammenfassung der letzten 15 Jahre FEUERSCHWANZ ist. Allein schon im Titel: “Schubsetanz ist Rittersport“ sagt eigentlich alles Wichtige, was man über FEUERSCHWANZ wissen muss. Außer Met vielleicht, aber das kann man sich selber noch dazu reimen. Das sagt schon alles aus, da wird Party gemacht und dabei noch eine Ritterrüstung getragen, aber bitte nicht allzu ernst. Das mit der Ritterrüstung ist eine Gaudi – Rittersport gehört dazu. Das ist aber nicht unser Lebensinhalt, sondern es geht vor allem um Spaß. Das bringt der Song rüber und ich glaube, da fühlt sich auch der eine oder andere YouTube-Hörer, der mit der ganzen Sache gar nicht so viel zu tun hat, trotzdem abgeholt, weil es einfach klar verständlich ist.

metal.de: Beim Lesen der Titelliste fallen einige Songs sofort ins Auge. Was verbirgt sich hinter der “Trilogie“? Was können die Fans da erwarten?

Hodi: Als alter Fantasy-… naja alt bin ich nicht, aber als jemand, der vom zwölften Lebensjahr bis heute in seinen feuchten Träumen nur von Jungfrauen und Drachen und DSA-Runden träumt, was irgendwie in jedem zweiten Metalfan und ich würde sagen in jedem Mittelalterfan irgendwo drinsteckt, haben wir unseren eigenen Traum erfüllt, einmal diese ganzen Fantasien rauszulassen und in Songs zu packen, was ja sonst nicht möglich ist. Du kannst in einem dreiminütigen Lied mit einem Standard von zwei Strophen keinen Heldenepos vom Krieger des Mets erzählen. Da braucht man mehr Platz und den gibt es zum Glück im Heavy Metal, siehe Konzeptalben á la “Nightfall At Middleearth“, was ich total liebe. Da geht es ja um das Silmarillion, was natürlich eine tollere Handlung ist, als der Krieger des Mets. Das gebe ich zu. Da könnte man auch wieder das Augenzwinkern entdecken. Wir wollten natürlich für die FEUERSCHWANZ-Welt unser eigenes Ding machen und diesem Krieger des Mets eine Vorgeschichte geben. “Krieger des Mets“ ist ja ein Song auf der letzten Platte „Sex Is Muss“ und der hat jetzt drei Songs als Vorgeschichte inklusive gesprochenen Intros dazu, was ja auch Pflicht ist auf solchen Alben. Das ist auch ziemlich ausufernd und da wird sich wirklich Zeit genommen. Das hat uns so megakrass Bock gemacht, dass wir uns einfach völlig ausgesponnen haben in diesen drei Songs und sämtliche Fantasien reingepackt haben. Hoffentlich kommt es an. Wir hatten auf jeden Fall Gaudi daran.

metal.de: Ein weiterer spannender Song ist “Lustprinzip“. Der wirkt oberflächlich betrachtet wie ein Partysong, doch entdecke ich im Text ein Fünkchen Sozialkritik. Ist dem so oder interpretiere ich da über?

Hodi: Ne, da interpretierst du gar nicht über! Das siehst du genau richtig. FEUERSCHWANZ, das heißt mir und auch der gesamten Band, liegt es fern, Sozialkritik im Sinne des erhobenen Zeigefingers zu üben. Deswegen kann es gut sein, dass es etwas versteckter daherkommt, als bei anderen Bands. Das packen wir auch nicht. Dieser Tonfall, mit dem man in der Musik anderen vorschreibt, wie sie zu leben haben, liegt uns total fern. Deswegen ist “Lustprinzip“ eher eine Beleuchtung von zwei Seiten. Wenn man sich vorstellt, dass man mit blankem Hedonismus durchs Leben geht, ist dabei die Frage, ob man das schafft, ohne anderen dabei auf die Füße zu treten. Wo ist da der Mittelweg? Ein gutes Beispiel dafür sind eigentlich Festivals. Es ist ja die Auslebung kollektiven Hedonismusses, also man eskaliert gemeinsam, man zeltet, man säuft, man hört Musik und so ein bisschen Revolution und ein bisschen Rock’n’Roll und so ein bisschen Weltverbesserung, aber schau dir hinterher mal diesen Zeltplatz an. Was da rum liegt ist einfach nur total asozial. Ich schaff es doch auch im Vollrausch meine Bierflaschen wegzubringen oder wenigstens nicht liegen zu lassen. Zelte musst du doch auch nicht stehen lassen, nimm es doch zweimal. Du kannst nicht gegen Plastikmüll demonstrieren und dann dein PVC-Zelt einfach liegen lassen. Bau es doch ab und nimm es mit heim. Darum geht es ja auch in dem Song.

metal.de: Ihr behaltet euren Trend mit einem ernsten Lied pro Album bei. Warum habt ihr euch für die Thematik in „Der Geschichte Pfade“ entschieden?

Hodi: Ich finde es ist ein ganz gutes Gegengewicht. SABATON zum Beispiel ist ja von Hause aus irgendwie kriegsverherrlichend. Da lässt sich zwar drüber streiten, ob es nun kriegsverherrlichend ist oder nur Geschichte besingt, aber es wird nicht gerade von zwei Seiten beleuchtet und nur auf epische Schlachten gesungen und Drachen und Schwerter und supergeil. Das hat ja auch irgendein Gegengewicht gebraucht, wie ich finde. Da haben wir mit “Der Geschichte Pfade gemacht“, was ja letztendlich auch kein Protestsong á la BOB DYLAN ist, sondern eher eine Art Momentaufnahme von verschiedenen Szenen der Kriegsgeschichte. Da gibt es eine Strophe über die Kreuzzüge, eine Strophe über den dreißigjährigen Krieg und eine Strophe über den ersten Weltkrieg. Es geht um die kleinen Leute, die in das Mahlwerk der Geschichte geraten. Es soll zum Nachdenken anregen und ist total ironiefrei gemeint. Es ist ein Antikriegssong.

metal.de: Das gefällt mir richtig gut. Ich bin ohnehin ein Fan der ruhigen Songs der letzten Alben.

Hodi: Es ist auch für uns cool sowas zu machen. Früher war das für FEUERSCHWANZ undenkbar und mittlerweile, weil es die Leute uns auch abgekauft haben, haben wir uns das erstritten. Dann darf es aber auch mal wie bei “Lustprinzip“ halbkritisch sein. Man muss eben auf alles gefasst sein, wenn man so ein FEUERSCHWANZ-Album durchhört.

metal.de: Das ist es ja auch, was es von den frühen Alben unterscheidet. Die zünden bei mir auch weniger. Natürlich gab es ein paar Partyhits, aber das war es ja schon fast. Gerade die letzten drei bis vier Alben und insbesondere die neue Platte haben mich dann überzeugt. Das ist ein Weg der mir gefällt und der bei vielen Bands leider in eine andere Richtung verläuft. Vielleicht nicht unbedingt nur im Mittelaltergenre, aber gerade die Neue Deutsche Härte flacht mittlerweile ziemlich ab. Da gibt es viel Oberflächlichkeit und “Phrasengekloppe“ – das geht mir auf die Nerven. Da ist es schön, dass es auch Bands gibt, die einen anderen Weg bestreiten.

Hodi: Ich glaube die Neue Deutsche Härte braucht auch mal eine Krise. Eine Krise und ein paar Leute, die mal auf neue Ideen kommen. Man kann nicht ewig auf den stampfenden Beats, dem rrrollendem Rrrr und dem tiefen Männergesang rumreiten. Irgendeine Scheißidee muss da mal jemand haben. Was weiß ich… kombiniere… oder lass eine Frau das singen! Das wäre ja schon mal was Neues. Also eine “Female-Fronted-NDH-Band“ – das gibt es noch nicht.

metal.de: Eigentlich wollte ich diese Frage erst später stellen, aber sie passt gerade so schön. Auf eurer Tour begleiten euch SCHATTENMANN. Unübliche Band wie mir scheint – wie seht ihr das?

Hodi: Das gehört zu unserer Agenda, der Mittelalterszene ein wenig Frische zu geben. Da könnte man jetzt genauso gut eine Metalband mitnehmen. Wir wollten es nur vermeiden, ewig in der eigenen Suppe zu kochen. Man gibt dann eben den Fans von FEUERSCHWANZ die Möglichkeit einen SCHATTENMANN abzufeiern. Man gibt aber auch den Fans von SCHATTENMANN, die vielleicht vorher sagen, dass Mittelalter kacke ist, die Chane einen FEUERSCHWANZ abzufeiern. Das gibt quasi ein paar Impulse, ein paar Arschtritte. Dazu kommt, dass SCHATTENMANN gute Kumpels sind und aus Nürnberg kommen. Das erschien uns dann doppelt passend. Wir glauben auch an die Band. Wenn die jetzt scheiße spielen würden, würden wir sie ja nicht mitnehmen. Da kommt es halt dazu, dass die Jungs echt einen tollen Job machen und auf einem sehr guten Weg sind. Die schreiben sich ja auch auf die Fahnen, der NDH ein paar neue Impulse zu geben.

metal.de: Neulich haben Johanna und Mieze Myu (mal wieder) auf einen Kommentar geantwortet, der euch Sexismus vorwarf. Beeinflussen euch solche Kommentare (immer noch) in eurem Handel und musikalischen Schaffen? Oder sagt ihr eher: “Ey komm, lass mich in Ruhe damit?“

Hodi: Es ist eher Zweiteres. Die ganze Sexismusdiskussion ist so wie viele andere Diskussionen extrem hypersensibel. Da fühlt sich jeder auf den Schlips getreten. Ich sehe es eher so: Sexismus ist nicht gleich Sexismus. Das ist so ein riesiges Wort und steht elefantenschwer im Raum, aber es gibt einen Unterschied zwischen “Ich-habe-einen-Blondinenwitz-gemacht“-Sexismus und “Ich-schlage-meine-Frau-weil-sie-eine-Frau-ist“-Sexismus, mal überspitzt gesagt. Wenn mir also in diesem Sinne jemand sowas vorwirft, kann man auch einfach mal ruhig bleiben und sagen: “Ja ich habe einen Witz gemacht und der heißt ‘Bück dich Fee, Wunsch ist Wunsch‘“, den darfst du lustig finden oder nicht. Er ist sexistisch, definitiv. Für mich ist das allerdings eine Ausdrucksform des Sexismus, der vertretbar ist. Das muss man auch mal zugeben können. Unsere Köpfe sind alle voll von Vorurteilen. Das Gehirn würde ohne Vorurteile gar nicht funktionieren und wir müssen eigentlich rund um die Uhr dagegen ankämpfen. Ein paar davon sind vielleicht auch notwendiges Übel. Oder wenn man dann mal einen Witz macht auf Kosten einer Frau oder eines Mannes oder eines Schwulen, dann ist das vielleicht ein wenig homophob, aber ich kann damit leben, weil ich weiß, dass mein Gegenüber mich versteht. Es ist halt einfach ein blöder Witz.

metal.de: Das kommt sicherlich auch auf die Situation an oder auf die Person, mit der man spricht.

Hodi: Ja natürlich, immer! Aber die Grundaussage des letzten Albums ist ja: “-ismen sind scheiße!“ Dabei bleibe ich und dabei bleiben wir. Deswegen haben wir ja auch versucht mit diesem Album eine Entspannung dieser Diskussion hervorzurufen. Sexismus hin oder her, ohne Sex wird es trotzdem nie gehen. Jede Schnecke im Tierreich muss irgendwann mal bumsen, um ihre Art zu erhalten. Aber wir haben nicht zu einer deutschlandweiten Entspannung der Diskussion beigetragen. Es wird weiter gegendert und diskutiert, aber es ist auch gut so, dass diskutiert wird. Bei jeder Diskussion braucht es einen Standpunkt X und einen Standpunkt Y. Die sollen sich ordentlich in die Haaren kriegen. Dann kann es jemanden geben, der relativiert und milde stimmt und im Idealfall gibt es dann noch jemanden, der einen blöden Witz macht, sodass sich alle ein bisschen entspannen, am Ende zu einem Ergebnis kommen und sich nicht in die Eier treten. Und diese Position – das sind wir!

metal.de: Das hört man dem letzten Album auch an, Gerade bei Liedern wie “Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“…

Hodi: Genau, das ist dann so die Position des Narren. Das habe ich übrigens live wirklich so erlebt, nämlich im Altersheim. Alte Männer sind natürlich sehr starr in ihren Meinungen. Ich saß da mit meinem Opa und zwei anderen alten Herren am Tisch. Der eine war ein tiefschwarz-rechter Ex-Polizist, also jetzt kein AfD-Wähler, aber bayrischer Ex-Polizist, CSU. Der andere war ein lammfrommer, sanfter, gutmütiger Mann und die haben diskutiert. Der eine hatte knüppelharte Standpunkte, der andere hat relativiert und dann kam mein Opa und hat einen Witz gemacht und alle haben gelacht. Das war aber auch wichtig für die Diskussion, weil sonst alle zu machen und sich die Sache festfährt. Man kommt sonst zu keinem Ergebnis. Man sollte eigentlich auch mal einen Standup-Comedian in den Bundestag einladen.

metal.de: Wahrscheinlich wäre das die ultimative Lösung. Oder sogar das nächste FEUERSCHWANZ-Konzert: ab in den Bundestag!

Hodi: Ich glaube da sehe ich FEUERSCHWANZ dann doch nicht. So lustig sind wir dann doch wieder nicht, um die AfD zum Lachen zu bringen.

metal.de: Meinst du es gibt eine Band, die das kann?

Hodi: Ich weiß es nicht, vielleicht… Nein, jetzt rede ich mich um Kopf und Kragen. Da sag ich besser gar nichts mehr.

metal.de: Erwarten denn eure Fans bei einem Aufeinandertreffen, dass ihr immer und überall lustig seid?

Hodi: Das ist ja eigentlich unmenschlich, wenn man das die ganze Zeit macht. Ich glaube nicht, dass es die Fans erwarten, weil es nicht wirklich ist. Ich glaube auch, dass wir uns mit Songs wie “Der Geschichte Pfade“ den Platz erkämpft haben, dass auf einem Album auch mal am Ende des Liedes kein Kalauer kommen muss. Das machen wir ja live auch so. Das war auch schon manchmal schwierig die Leute runterzubringen. Aber auch das haben wir mittlerweile ganz gut drauf. Du musst das in der Setlist auch einfach beachten, dass da nicht “Bück dich Fee, Ficki Ficki Ficki“ kommt und dann wird “Auf Wiederseh’n“ gespielt. Das ist auch für dich als Musiker schwer, da musst du deine Berg- und Talfahrt finden. Aber das soll es ja auf einem Konzert auch sein: Eine Reise durch alle Emotionen. Nur dann ist es auch wirklich geil hinterher.

metal.de: Was passt denn deiner Meinung nach am besten vor “Auf Wiederseh’n“, wenn ihr den Song denn mal wieder live spielt?

Hodi: Ohh das weiß ich nicht gar nicht mehr von damals. Wir spielen es ja auch lange nicht mehr live. Wir haben auf jeden Fall danach immer “Träumer und Tor“ gespielt. Das war so ein Midtempo zum langsam wieder hoch kommen. Das war superwichtig, weil die Stimmung nach so einem Song ganz eigen ist in so einer Halle. Und das versuchen wir gerade auch bei “Der Geschichte Pfade“. Das wollen wir auf jeden Fall spielen. Aber das wissen wir noch nicht so genau. Da wird eine ziemlich mystische Mittelalterstimmung sein und daher kann man vielleicht danach mit “Oh Fortuna“ die Feuer anzünden und so langsam wieder in Gang kommen.

metal.de: Stimmt, das würde gut passen. “Oh Fortuna“ gefällt mir übrigens auch sehr gut. Tatsächlich gibt es keinen Song auf der Platte, der mir absolut nicht gefällt. Das war bei “Sex Is Muss“ ein kleines bisschen anders. Da gab es mit “Teufel“ eine Nummer, die nicht so richtig gezündet hat. Und auch an den “Krieger des Mets“ musste ich mich erst gewöhnen.

Hodi: Beim “Krieger des Mets“ auf der letzten Platte waren wir auch noch nicht so weit wie jetzt. Das war quasi ein Vorbote für das, was da noch kommen mag. Da wussten wir noch gar nicht, dass wir eigentlich Bock haben so eine Metalplatte zu machen, die ja jetzt doch nicht so schlimm Metal ist. Da gebe ich dir total recht, das ist überhaupt nicht so. Wir wollten trotzdem aus einem Guss daherkommen und so einen Film finden. Ich glaube auch, dass auf der Platte alles mehr in eine Kerbe schlägt als auf der letzten, wodurch man weniger das eine feiert und beim anderen total rausfliegt.

metal.de: Genau, man kann es gut durchgängig hören, aber auch als einzelne Hits in einer Playlist.

Hodi: Ja also ein Konzeptalbum ist es nicht.

metal.de: Nein, aber die Anordnung der Titel ist sinnvoll, was nicht bei allen Alben so ist.

Hodi: Ja so ein roter Faden ist immer ganz gut. Mir geht es gerade im Augenblick bei DARTAGNAN ähnlich. Wenn man die Sachen in relativ kurzer Zeit macht und die Songs nicht aus vielen verschiedenen Schaffensphasen kommen, dann wird das Album mehr aus einem Guss erscheinen, weil man alles mit einer ähnlichen Stimmung im Bauch geschrieben hat. Ich hatte bei “Methämmer“ ziemlich viel Wutpotential in mir drin. Das hört man den Sachen auch an. Da kam der Metal auch nicht von ungefähr, das kam von allein. Und dann ist ein Song wie “Schubsetanz“ auch wirklich schnell, da kriegt man fast schon einen epileptischen Anfall.

metal.de: Woher kommt denn die Wut? Kommt die immer noch von den Vorwürfen über euch, aus dem privaten oder woher?

Hodi: Nein, von den Vorwürfen überhaupt nicht. Mir ging es letztes Jahr einfach schlecht. Das, was letztendlich in der Trennung von Felix bei DARTAGNAN gegipfelt ist… da gab es viele Probleme und Konflikte auszutragen und das geht einem einfach nah, wenn man so tief drin steckt. Das ist ja nicht nur ein Job. Das ist Job, Freunde, Musik, alles. Wenn da solche Konflikte passieren, ist das wirklich eine Horrorshow. Das habe ich irgendwie alles ganz gut ertragen. Wir sind am Ende auch ganz gut auseinandergegangen, ohne dass einer sein Gesicht verliert. Alle sind mittlerweile glücklich, aber es gab Zeiten, in denen es mir einfach nicht gut ging, wo ich das natürlich runterschlucken musste. Weitermachen, weitermachen. Dann sitzt du daheim am Rechner und baust irgendwie ein Demo zusammen und wunderst dich hinterher, warum das so krass abgeht, was aber irgendwie auch geil ist.

metal.de: Aber es wirkt ja so, als würde es dir mittlerweile deutlich besser gehen. Das schließe ich zumindest aus dem Gespräch.

Hodi: Das kann ich total bestätigen. Schön, dass man es merkt. Mir geht es megagut mittlerweile. Ich habe mit DARTAGNAN den Output meines Lebens. Es läuft sehr, sehr gut und was beim “Methämmer“ gerade passiert ist auch megageil. Also wir haben uns für das Video den Arsch endlos aufgerissen.

metal.de: Das ist auch so großartig. Ich habe sehr gefeiert beim Schauen. Die Idee stammt ja vom Schlagzeuger Sir Lanzeflott oder?

Hodi: Genau. Der ist da bei uns der Mann vom Fach. Wir haben dann quasi Arbeitsgruppen gebildet innerhalb von FEUERSCHWANZ. Darin arbeiten wir auch, damit wir keine Konflikte mehr mit uns rumtragen und über alles reden. Da machen wir gerade wirklich Gesprächsrunden, wo jeder fast wie im Kindergarten sagen kann, was ihn belastet, was sehr gut ist! Das hat zum Beispiel beim Videodreh so funktioniert, dass wir da einen Arbeitsbereich gebildet haben. Das waren der Hauptmann, ich und Sir Lanzeflott und wir haben dann so einen Film entwickelt, den er dann letztendlich als Fachmann auch umsetzen musste.

metal.de: Also er arbeitet tatsächlich auch noch neben der Band in diesem Job?

Hodi: Ja genau, er ist da im 3D-Design und Grafikbereich. Das Video fing halt bei einer Konzeptionierung an, die nicht einfach war und es hörte damit auf, dass wir nach dem Dreh endlos viel Equipment aus dem 16. Jahrhundert hochgeschleppt haben. Das war also ein Video, was man mit Geld gar nicht kaufen kann. Das war Eigeninitiative. Da musste jeder brennende Oberschenkel, Staub in der Lunge, Arbeit, Nerven und Schießmichtot investieren. Man musste auch sämtliche Kontakte spielen lassen, die man hat. Diese Orgelpfeifen haben wir aus der Uni aus dem Keller, wo ich früher studiert habe. Da habe ich dann die Leute gefragt: “Eeeyyyy, wie schaut‘s aus? Habt ihr Requisiten von euren Musicals?“ – “Na klar Ben, dich kennen wir doch. Hier haste den Schlüssel, schau mal in den Keller. Da ist eine ganze Orgel zerlegt.“ Da haben wir dann 200 Orgelpfeifen rausgezogen und das ist noch ein Bruchteil der gesamten Orgel.

metal.de: Das ist ja quasi das komplette Gegenteil zu “Schubsetanz“. Da meintest du ja, es war so ein simples und spontanes Videoshooting.

Hodi: Total! “Schubsetanz“ war aus der Hüfte. Es gab genau eine Vorgabe: Wir drehen das Video in halbem Tempo und lassen es danach wieder auf Originaltempo hochrechnen. Dadurch sieht das alles so crazy aus.

metal.de: Jetzt gibt’s erstmal Festivals wie WACKEN oder SUMMER BREEZE und dann die eigene Tour. Auf was freust du dich denn am meisten?

Hodi: Auf die Umsetzung der ganzen Eier, die wir da gelegt haben. Wir sind ja auch selber sehr überzeugt von der Platte. Jetzt im Moment übe ich tierisch Akustikgitarre. Wir wollen “Ein Held ist gebor’n“ als “Bard’s Song“ für Mettrinker umsetzen. Vielleicht ist das schon ein bisschen viel verraten, aber solche Dinge würden wir gern machen. Es gibt ja auch wirklich viele Lieder, die konkrete Vorbilder in der Metalgeschichte haben. Da wollten wir uns natürlich auch anschauen, wie das bei den Großen inszeniert wird. Da bieten wir so ein “Methämmer“-Feuerwerk an, sodass man danach am liebsten aus der Kirche austreten und monatlich “Methämmer“-Steuer zahlen will. Das wollen wir erreichen und dann sind wir keinen Deut besser als die Profis.

metal.de: Ein paar Songs habt ihr ja jetzt schon live gespielt. Was ist dein Fazit? Wie kommen die Lieder an?

Hodi: Also wir spielen schon live “Methämmer“, “Schubsetanz“ und “Die Hörner hoch“. Ich glaube das geile daran ist, dass die Songs wahnsinnig eindeutig sind. Man weiß wirklich, woran man sich als Zuhörer aufhängen kann. Deswegen haben die auch schon funktioniert, bevor es die auf Platte gab, zum Beispiel “ Die Hörner hoch“ auf der Eisheiligen Nacht. Das ist einfach eine total runde Sache, wenn man sein Methorn hochhebt und dabei “Die Hörner hooooooch“ einen schönen Dreiklang singt. Das ist so naheliegend, dass es die Leute direkt abholen kann. Das ist bei “Methämmer“ genauso. Das ist so ein HAMMERFALL-mäßiger Refrain, da ist man beim zweiten Mal einfach dabei. Und bei “Schubsetanz“ weißt du ja schon beim Titel, worum es geht. Das war auch schon immer der Gedanke bei dem Song, dass das mal so eine Pogo-Hymne werden soll. Und das wird angenommen. Das wird so verstanden, wie wir es meinen und das ist schön zu sehen.

22.08.2018
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