Magnum
Tony Clarkin im Interview

Interview

Magnum

Die britischen Classic Rocker MAGNUM sind nicht nur seit vierzig Jahren im Geschäft, sie schaffen es auch immer wieder starke neue Alben zu veröffentlichen. Der neuste Streich hört auf den Namen “On The 13th Day”. Am Rande des Konzerts in der Bochumer Matrix unterhielten wir uns mit Gitarrist/Hauptsongwriter Tony Clarkin unter anderem über das aktuelle Album.

Hi Tony! Danke, dass du dir so kurz vor der Show Zeit für metal.de genommen hast. Wie geht es dir?

Mir geht es gut. Danke der Nachfrage. Ich bin auch nicht müde oder so (gibt einen Schnarchlaut von sich). Bei dir auch alles klar?

Ja, alles im Lot. Nachdem “On The 13th Day” ja nun schon eine Weile draußen ist und du etwas Abstand zu dem Album hast, wie zufrieden bist du mit der Platte?

Sehr zufrieden muss ich sagen. Es dauert ja immer seine Zeit bis man etwas Konkretes über die Platte sagen kann. Bei mir ist es so, dass ich ein Album meist ein Jahr liegen lassen muss, um wirklich entscheiden zu können, ob es gut oder schlecht ist. Man ist einfach noch zu nah an der Produktion und sieht manche Dinge noch nicht so klar, wie es mit einigem zeitlichen Abstand der Fall ist.

Kann ich absolut nachvollziehen. Wie lange habt ihr denn an dem Album gearbeitet?

Der reine Schreibprozess hat, lass mich nicht lügen, ungefähr sechzehn Monate gedauert. Wohingegen die Aufnahmen, verglichen mit dem Schreiben der Songs, nur zweieinhalb Monate in Anspruch genommen hat. Da waren wir sogar recht fix (lacht).

MAGNUM gehören mittlerweile also nicht mehr zu den Bands, die sich für ein, zwei Jahre im Studio verschanzen.

Nein, überhaupt nicht. Ich habe mir zuhause ein sehr kleines Studio eingerichtet, in dem ich die Songs schreibe und auch aufnehme. Das gibt mir vor allem die Chance einzelne Passagen ganz in Ruhe und detailliert auszuarbeiten. Wenn wir dann mit der Band im Studio sind, sind wir ja gut vorbereitet und brauchen natürlich kein Jahr mehr, um ein Album aufzunehmen. Zumal man als Band im Studio ja auch immer dazu verleitet wird, das Geld zum Fenster heraus zu werfen, weil man sich denkt “hier geht noch was und da könnte man noch etwas verändern”. So sind wir wesentlich fokussierter bei der Arbeit im Studio.

Ich habe in einigen Reviews gelesen, dass MAGNUM speziell mit den letzten Alben zwar qualitativ hochwertige Melodic Rock Alben veröffentlicht haben, aber die Band keine Weiterentwicklung zeigt. Kannst du solche Kritiken nachvollziehen?

Jeder darf seine Meinung haben, das ist schon in Ordnung für mich. Wenn du immer auf jeden hören würdest, würde man früher oder später verrückt werden (lacht). Es ist natürlich immer einfach den Leuten zuzuhören, wenn sie dir sagen, wie toll du bist und was für großartige Musik du schreibst. Auf der anderen Seite mag es niemand hören, wenn ihm gesagt wird, dass das Album, in welches er gerade viel Arbeit investiert hat, nicht für gut befunden wird. Ich lese mir eigentlich keine Kritiken mehr durch, weil es gerade heute auch viele Leute gibt, die sich nicht richtig mit der Musik auseinander setzen. Letztendlich ist es aber doch so, dass jeder seine eigene Meinung hat und dazu stehen sollte. Dann ist doch alles in Ordnung.

Vielerorts wurde in Bezug auf das neue Album auch geschrieben, dass MAGNUM es wieder geschafft haben, viele wundervolle Melodien auf dem Album zu haben, diese aber teilweise recht düster ausgefallen sind. Den Eindruck habe ich ebenfalls, war das eure Absicht?

Hmm…vielleicht ist das so. Möglich. Ich versuche einfach Musik zu schreiben, die sich nicht gleich anhört. Wenn du dir ein Album anhörst und die Songs alle eine dunklere Atmosphäre ausstrahlen oder die gleiche Geschwindigkeit haben, neutralisieren sie sich gegenseitig und das ist schlecht für das Album. Ich schreibe die Songs einfach und wenn wir dann im Studio sind, sortieren wir die Stücke aus. Wir haben eine ganze Wand voll mit Tracksheets der Songs und ihren Attributen und dann entscheiden wir gemeinsam, welche Songs auf das Album kommen und welche wegfallen. Das sind teilweise 40-60 Stücke, die unter den Tisch fallen. Übrig bleiben dann meistens so um die elf Nummern, die sich für das Album qualifiziert haben (lacht).
Wir wählen nur nach der Qualität des Songs aus und denken uns nicht “jetzt muss aber noch ein melodischer Track auf das Album oder hier kann noch ein Stück rein, das heavy ist”. Von daher haben wir, sozusagen, keinen Einfluss darauf, ob die Stücke jetzt im Grundtenor düsterer sind als die der letzten Scheiben. Entscheidend ist die Qualität der einzelnen Stücke. Ja, ich denke, so läuft das bei uns.

Man könnte in dem Fall auch von einer natürlichen Entwicklung des Albums sprechen.

Ja, richtig. Da ist genau das, was ich damit sagen will. Die Dinge entwickeln sich einfach ein wenig weiter vom Schreibprozess bis zur finalen Aufnahme.

Fällt es dir, als alleiniger Songwriter, nicht schwer so viele Songs nicht auf das Album zu packen? Welches ist denn dein Lieblingsstück von “On The 13th Day”?

Das ist gar nicht so einfach. Wir spielen einige der Stücke des neuen Albums ja nachher. Es gibt da aber einen Song auf dem Album, der “See How They Fall” heißt. Mit der Nummer war ich zu Anfang überhaupt nicht glücklich. Wir haben sie natürlich, wie du weißt, doch auf das Album genommen. Allerdings war das eine ganz schwere Geburt und deshalb mag ich den Song wohl besonders (lacht). Ich mag aber auch “Black Tattoo” und “Blood Red Laughter”.

Ganz starke Nummer, finde ich auch.

Danke. Eigentlich mag ich alle Songs des Albums. Aber das sagt ja auch jeder Musiker über sein neues Album (lacht). Allerdings könnte es auch daran liegen, dass wir genau diese Songs gerade frisch für die Tour geprobt haben (lacht). Im Ernst: Die neuen Stücke passen optimal in die Setlist und es macht sehr viel Spaß sie zu spielen. Wenn du mich auf ein Stück festnageln wollen würdest, müsste ich “Blood Red Laughter” nennen. Im Prinzip mag ich aber, wie gesagt, alle Songs der neuen Platte.

Wo du gerade die Setlist ansprichst. Ihr habt auf dem Rock Hard Festival 2012 mit dem damals noch nicht veröffentlichten “All The Dreamers” in euren Gig gestartet. Viele Leute im Publikum waren erstaunt, dass ihr nicht den sicheren Weg, mit einem Klassiker zu beginnen, gegangen seid. Ist das eine Sache, die ihr macht um MAGNUM live nach all den Jahren immer noch für euch selbst interessant zu gestalten?

Du hast natürlich Recht. Eigentlich ist es total verrückt, auf einem Festival mit einem Lied zu starten, das das Publikum nicht kennt. Wir haben das aber schon immer so gemacht und die Leute mit Stücken konfrontiert, die sie vorher noch nicht so wirklich kannten. Im speziellen Fall von “All The Dreamers” kam hinzu, dass du auf einem Festival immer unter Stress stehst. Du musst schnell auf die Bühne, weil der Zeitplan so eng gesteckt ist und dann hat Bob auch noch vergessen den Song als komplett neue Nummer anzukündigen (lacht). Es war das erste Mal, dass wir den Song live gespielt haben und wir waren, muss ich ehrlich sagen, auch etwas nervös, ob der Track gut ankommen würde. Letztlich hat er ganz gut geklappt und wir werden auch heute Abend mit “All The Dreamers” anfangen. Mittlerweile funktioniert er perfekt, das war Pfingsten noch nicht der Fall (lacht).

Ich finde es sehr interessant, wie ihr an solche Sachen herangeht. Der übliche Weg führt ja über den Opener des aktuellen Albums, gefolgt von ein paar Klassikern und so weiter. Da finde ich eure Herangehensweise doch sehr viel spannender.

Ja, denke ich auch. Man hat dann nicht immer den gleichen Trott.

Auf eurer Homepage steht, dass “On The 13th Day” auf Position 28 der deutschen Charts eingestiegen ist. Glückwunsch dazu. Verbucht ihr das nach all den Jahren, noch immer als Erfolg?

Besser geht es natürlich immer, oder (lacht)? Ich weiß aber, was du meinst. Was mich wesentlich mehr als irgendwelche Chart-Notierungen interessiert, ist, ob die Band Abend für Abend gut zusammen spielt. Das würde ich als Erfolg bezeichnen. Natürlich ist es immer schön, deine Band in den Charts zu sehen. Als erfolgreich bezeichne ich aber eine Band die perfekt zusammen spielt und von der man sagt, dass sich die Musik großartig anhört.

Da bin ich ganz bei dir. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Classic Rock in der heutigen Zeit überhaupt nicht mehr den Stellenwert hat, den er noch vor dreißig Jahren hatte. Auf der anderen Seite ist das Genre ja nicht so tot, wie manche Leute gerne behaupten und Bands wie FOREIGNER, PRIDE OF LIONS oder JOURNEY haben sehr gute Platten in den letzten Jahren veröffentlicht. Würdest du sagen, dass sich das Interesse der Fans wieder dem Classic Rock zugewandt hat?

Das könnte man so sagen, da gebe ich dir Recht. Ich würde aber auch sagen, dass in den vergangenen Jahren der Fokus nicht mehr so auf Classic Rock gerichtet war, weil es einfach andere Musikrichtungen gab, die die Leute interessiert haben. Das hat den Classic Rock natürlich überschattet. Mit der Qualität der Bands hat das wenig zu tun. Eher damit, dass Plattenfirmen sich geziert haben Classic Rock Bands unter Vertrag zu nehmen. Eine gute Band, ist eine gute Band. Egal, ob  die Musik, die sie spielt gerade populär ist, oder nicht.

Bist du in dem Zusammenhang auch der Meinung, dass das Internet ein gutes Medium ist, um den Classic Rock wieder verstärkt zu präsentieren?

Absolut, ja. Ich selbst bin nicht so oft im Internet unterwegs, aber gerade für jugendliche Fans ist es doch eine wunderbare Gelegenheit Musik kennen zu lernen. Womit ich hingegen nicht einverstanden bin, sind die illegalen Downloads. Das ist natürlich eine der Kehrseiten des Internet. Die Leute sollten sich immer vor Augen führen, dass, wer auch immer eine Platte aufnimmt, viel Arbeit und Geld in das Projekt investiert wurde. Das ist Geld, das die Plattenfirma natürlich wieder rein holen muss. Es gibt hier, wie immer, zwei Seiten einer Medaille. Das Internet kann fantastisch für Musik sein. Ich meine, geh‘ doch mal in einen Plattenladen und sage “ich hätte gerne diese Platte von 1953”. Die wirst Du nicht sofort bekommen. Im Internet brauchst du dafür nur wenige Klicks. Die illegalen Downloads sind auf der anderen Seite natürlich schädlich für das Musikbusiness, keine Frage.

Die Musikindustrie ist ein gutes Stichwort, Tony. Ich habe im Vorfeld unseres Gesprächs einige Interviews gelesen, in denen du zu dem Split von MAGNUM Stellung bezogen und erklärt hast, dass die von selbiger enttäuscht worden wärest und das einer der Hauptgründe für den Split war. Wie siehst du die Business-Situation denn heute, zehn Jahre nachdem MAGNUM sich reformiert haben?

Das stimmt. Ich war niemals so glücklich Musik zu machen, wie ich es im Moment bin. Ich liebe es live zu spielen, mehr als jemals zuvor, verglichen mit den Jahren vor dem Split. Auch das Plattenaufnehmen bereitet mir mehr Freude als früher. In den letzten zehn Jahren haben wir uns einige Dinge wieder Stück für Stück aufgebaut, so dass wir uns heute auf einem Level befinden mit dem alle wunderbar leben können. Es gab sicherlich auch eine Zeit, in der mich sowohl die Band, als auch das Business total wahnsinnig gemacht haben. Heute hingegen, liebe ich wieder das was ich tue und die Band ist auch besser denn je. Ich kann mir momentan auch nichts Schöneres vorstellen, als live auf der Bühne zu stehen. Außerdem komponiere ich quasi andauernd neue Musik. Für mich könnte es momentan nicht besser laufen (zuckt mit den Achseln und grinst).

Das ist ein wunderbares Schlusswort, Tony. Ich danke dir für das Interview und wünsche dir und der Band viel Erfolg beim Gig gleich.

Danke, Colin. Es war nett, dich kennen zu lernen.

02.01.2013
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