Skindred
Interview mit Gitarrist Mickey zu "Kill The Power"

Interview

Skindred

Es ist nicht übertrieben, wenn man SKINDRED als einzig ehrwürdige Vertreter des guten alten Crossover-Metal bezeichnet. Mit „Kill The Power“ haben die vielprämierten Waliser bewiesen, dass sie weiterhin vor Kreativität sprühen und dank „wahrer Fusion“ ein unverzichtbarer Act im tanzbaren Rock-Bereich sind. Das funktioniert eigentlich nur, wenn man ausgelatschte Pfade verlässt und die Einstellung „…falls es da draußen ein Regel-Buch geben sollte, dann pfeife ich drauf…“ lebt. Grund genug mit Gitarrist Mickey Demus (nein, nicht mit MC FITTI…) über die neue Platte „Kill The Power“, den Videodreh in Mumbai und die Einflüsse der Band zu sprechen.

Mir gefällt euer neues Album „Kill The Power“ richtig gut, wie waren denn die Kritiken sonst so?

Danke! Das Album bekam international positive Kritiken. Wir sind wirklich begeistert, dass die Welt das, was wir als unser Bestes ansehen, so gnädig empfangen hat. Durchweg überwältigende Resonanzen.

„Kill The Power“ ist der Albumtitel, was genau ist damit gemeint?

Es steht jedem offen, dies für sich zu interpretieren – wirklich! Die „Power“ ist der Unterdrücker, der dir im Weg steht. Ganz gleich, ob es sich dabei um deinen Chef handelt, die Regierung oder eine schlechte Angewohnheit. Irgendetwas, das dir im Weg steht und überwunden werden muss. Oder – es könnte auch einfach literarisch als der Stecker interpretiert werden, den man irgendwo rausziehen muss. Es liegt echt ganz an dir und was du denkst, was es bedeutet.

Ich mag den Gesang von Benji, habe mich aber schon oft gefragt, warum er nicht noch mehr Patois singt, gerade in den Reggae-Parts?

Wir vermischen es und das ist ja genau der Punkt, oder? Würden wir einfach Reggae-Vocals über die Reggae-Parts machen und Metal-Vocals über die Metal-Parts, dann würde es ja ziemlich schnell verdammt langweilig werden. So viele Bands, die ich mit Ragga oder Reggae-Einflüssen gehört habe, haben nicht den Anspruch über den Tellerrand zu denken und ziehen immer nur schön einen Stil nach dem anderen durch. Keine wahre Fusion, sondern nur „copy and paste“, dass ist wirklich nicht besonders kreativ. Was uns letztendlich von den anderen abhebt ist doch, dass Benji macht was er will und ganz besonders wann er es will, dass macht es interessant. Besonderes aufregend wird es ja, wenn wir Dinge verdrehen und falls es da draußen ein Regel-Buch geben sollte, dann pfeife ich drauf.

Ist einer von euch ernsthafter Anhänger der Rastafari-Religion?

Nein. Benji wuchs aber umgeben von Rastafaris im Süden von Wales auf und dies hat seine Art zu Schreiben schon enorm beeinflusst. Wir sind eine nach außen offene Band und offen gegenüber allen Religionsgruppen, das ist eine persönliche Entscheidung von jedem Einzelnen. Und auch wir vier sind unterschiedliche Personen.

Jenna G hat euch bei dem Song „Open Eyed“ unterstützt, wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Das Lied hatte von Anfang an eine Art Dance-Vibe und brauchte noch etwas für den Chorus. Wir waren uns einig, dass eine weibliche Stimme dazukommen muss und Jenna war dafür die erste Wahl, denn diese Art von Songs sind ihre Stärke. Sie kam für einen Nachmittag zu uns ins Studio und schüttelte sich ihren Part ganz locker aus dem Ärmel.

Im Vergleich zu den alten SKINDRED-Alben, wo siehst du da Unterschiede bei „Kill The Power“?

Als Band sind wir wohl mehr im Einklang mit unserer Identität, es war großartig nach England zurück zu unseren Wurzeln zu kommen. Wir sind natürlich mit der Kultur und Musik in England verbandelt, dass macht einen großen Teil dessen aus was wir sind und unser komplettes Schaffen ist davon durchzogen. Ich hoffe, die ganze Welt wird angesteckt werden von unseren Sound. Es war echt zum Kotzen, dass wir es nicht geschafft haben unser Album „Union Black“ damals auch in den USA zu veröffentlichen, direkt als es rauskam – lange Geschichte. „Kill The Power“ stellt jetzt wieder das Gleichgewicht her!

Welche Entwicklung seid ihr also konkret bis zu „Kill The Power“ durchlaufen?

Auf den neuen Alben gibt es mehr elektronische Sachen, die Arbeit mit James Loughrey für „Union Black“ hat uns damals erstmals erlaubt, dies auszubauen und den Anteil an Dubstep und Drum&Bass auf ein Maximum hochzufahren. Wir waren uns gar nicht bewusst, dass uns dies möglich ist, bis es aktiviert wurde. Bei „Kill The Power“ legten wir viel Wert auf die Vorproduktion und nahmen uns viel Zeit für das Songwriting vorab, sodass wir schon zu 85% wussten was wir aufnehmen werden. Natürlich gibt es dann noch immer die kleinen Extras, die man einfügt und die einen Teil der letztendlichen Magie ausmachen. Gerade bei den alten Alben gab es aber immer einen großen Spielraum, gerade was das verfügbare Geld angeht, die Musikindustrie war damals noch etwas anders. Heutzutage arbeiten wir fokussierter als Band, einfach weil wir es müssen.

Gibt es jemanden, mit dem ihr mal gerne zusammenarbeiten würdet. Jemand, den jedes Bandmitglied von SKINDRED verehrt?

Da wir alle einen unterschiedlichen Geschmack haben, würde wohl jeder jemand anderes nennen. Ich würde sehr gerne einen modernen Hip-Hop/Rock-Track machen wie es RUN DMC mit AEROSMITH, PUBLIC ENEMY mit ANTHRAX oder JAY-Z mit LINKIN PARK schon gemacht haben, was spricht dagegen wenn wir sowas machen? Es wäre cool so etwas mit einem Künstler aus UK zu machen, DIZZEE RASCAL zum Beispiel. Dies würde UK gut repräsentieren.

Erzähl uns bitte mehr vom Videodreh zu „Kill The Power“, wo habt ihr gedreht?

Das kam tatsächlich in letzter Minute zustande, während eines Festivals hielten wir uns in Indien auf und hatten dann vor zum Videodreh nach UK zurückzufahren. Das wurde dann aber nichts, und zum Glück war es uns dann möglich kurzfristig in Mumbai ein tolles Video zu drehen. Derartiges haben wir noch nie gemacht. Keiner von den Behörden und der ansässigen Bevölkerung wusste was los war und dort sieht jede Straßenecke aus, wie aus einem Film entsprungen. Der Location-Typ vom Film „Slumdog Millionaire“ hat an dem Dreh mitgewirkt, letztendlich sieht es auch deshalb so beeindruckend aus. Wir haben geradeso in die kleine Kabine gepasst, ich glaube wir haben das Getriebe beinahe zunichte gemacht. „Kill The Power“ schien uns die offensichtliche erste Single zu sein, es ist ein Aufruf zum Rückschlag.

 

Ist noch ein weiteres Video in Planung? Ich könnte mir vorstellen, viele hätten gerne eines zum Song „Ninja“, es könnte nämlich sehr lustig werden.

Demnächst werden wir entscheiden, was die nächste Single und somit auch das nächste Video sein wird. Im Moment halte ich „Saturday“ oder „We Live“ für geeignet, außerdem haben wir noch einige geheime Cover aufgenommen, die wir zur gleichen Zeit zünden werden.

SKINDRED ist ein kraftstrotzende Liveband, kannst du dich an den ersten Auftritt erinnern? Sicherlich war nicht alles von Anfang an perfekt.

SKINDREDs erster Auftritt war im Le Pub in Newport, unser Bassist Dan Pugsley und ich haben damals dort gearbeitet. Mein erster Gig mit der Band war dann irgendwo im Norden, ich glaube in Huddersfield in einem Pub, es gab keine Bühne und die Band vor uns hat OASIS gecovert. Es ist der Hammer, wenn man sich überlegt wie weit wir von dort aus gekommen sind.

SKINDRED touren ja in der ganzen Welt, momentan in Deutschland. Aber wo habt ihr bis jetzt die größte Party gefeiert?

Das größte Festival, das wir jemals bespielt haben, wird wohl das Woodstock in Polen vor einigen Jahren gewesen sein. Ein riesiges Festival mit um die 70.000 Besuchern. Wir haben eine Nacht als Headliner gespielt und THE PRODIGY die andere Nacht. Sowas habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt, Leute so weit das Auge blicken konnte. Da waren Verstärkertürme, sodass noch über einen Kilometer von der Bühne entfernt alles für die Besucher zu hören war. Unfassbar.

Ich mag an euren elektronischen Einflüssen, dass ihr nicht nur Dubstep-Elemente verwendet, sondern auch eine Menge von dem Neunziger-Jahre-Sound. Ihr mochtet wohl diese Dancefloor-Tracks Anfang der Neunziger, richtig?

Ja, wir sind alle Neunziger-Jungs, das ist ein Teil von uns. Drei von uns sind mit dieser Zeit aufgewachsen, Benji hat zu dieser Zeit DUB WAR gemacht, so hängen wir da alle drin – ob wir es wollen oder nicht. Ein Großteil der Musik bringt mich heute noch genauso zum Zucken wie damals, verzeih‘ aber ich hänge da noch sehr dran. Wir sitzen oft noch bis spät in die Nacht und hören uns die Musik aus den Neunzigern an, natürlich auch Indie und Brit-Pop. Wir lieben zum Beispiel alle SUEDE und auch THE STONE ROSES. Gitarren-Musik ging damals nicht so an mich, aber im Rückblick merkt man, dass damals einige richtig große, bedeutungsvolle Songs in den Charts waren. Mir scheint es, als ob Pop-Musik damals mehr Seele hatte.

Wie genau geht ihr beim Songwriting vor, ich denke mal alle Elektro-Parts kommen zum Schluss, oder?

Normalerweise bringen Dan P oder ich ein Riff mit in den Proberaum und von dort aus wächst dann der Song. Benji hat meist ein Thema, über das er singen will oder das Riff bringt ihn auf eine Idee. Wir beginnen immer mit dem Schreiben und denken die Richtung ist klar, dann verändert sich das in den meisten Fällen und dreht komplett in die andere Richtung. Wir sind noch immer dabei, diesen Prozess zu verfeinern und es ist auch bei jedem Album anders.

SKINDRED erscheint mir ganz lustig zu sein, hast du eine witzige Tourstory auf Lager?

Jeder Tag ist wie eine neue Tourstory, ich weiß wirklich nicht wo ich da anfangen sollte. Es läuft eine Menge Alkohol und keiner sagt dir, wann du genug hast. In der Regel wird es ziemlich wild und meine Gesundheit wird in diesen Zeiten auf eine harte Probe gestellt. Es ist aber auch unmöglich nicht mit Spaß für Ausgleich zu sorgen, wenn man soviel arbeitet wie wir. Es gibt also einige lustige Begebenheiten auf Tour.

Kann man euch denn dieses Jahr auch auf einigen Sommerfestival sehen?

Du kannst darauf zählen, dass wir diesen Sommer nach Deutschland zurückkommen werden. Wir lieben die Festivals dort und haben einige loyale Anhänger.

Die letzten Worte gehören dir, erzähl den Lesern was du möchtest!

Danke, dass ihr an die Band glaubt und uns unterstützt, aus diesem Grund beantworte ich diese Fragen- weil sich so viele Leute darum scheren, was wir tun! Und dafür danken wir euch. Wir können es kaum erwarten „Kill The Power“ vorzustellen, die Tour verkauft sich ziemlich – also kauft die Tickets jetzt, nicht dass ihr enttäuscht werdet.

12.02.2014
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