Ahab - The Call Of The Wretched Sea

Review

Es kommt nicht häufig vor, dass eine so krasse Nischenband wie die süddeutschen AHAB auf einem so mainstreamigen Label wie Napalm Records unterkommt. Aber im Musikbusiness sind die Wege mitunter kurz, und so hat man mit dem Umstand, dass sich mit Chris Hector und Daniel Droste zwei der Hochseefahrer auch bei MIDNATTSOL verdingen, den offensichtlichen Grund dafür schnell gefunden. Mit ihrem sonstigen Betätigungsfeld oder dem restlichen Labelroster haben AHAB aber so rein gar nichts gemein: Apokalyptischer Funeral Doom steht auf den Fahnen des Schiffs, mit dem das Trio in See sticht.

Der zähe, finstere Sound setzt die Szenerie auf dem düsteren Meer passend in Szene. Zerbrechliche Melodien und kaum wahrnehmbare Leads (z.B. in „Below The Sun“) bilden dabei einen krassen Kontrast zum monumentalen Unterbau der massiven Riffs und geben der fatal-düsteren Atmosphäre einen besonderen Twist. Besonders im Opener, der für Funeral Doom-Verhältnisse noch ziemlich zügig daherkommt, scheint noch ein kleiner Hoffnungsschimmer durchzublitzen – wie beim Auslaufen der Pequod, als noch niemand von der Besatzung ahnt, wie die Reise enden wird. Lange hält der aber nicht an, sondern wird sogleich von alles vernichtenden Wogen erstickt.

„The Call Of The Wretched Sea“ ist die perfekte Vertonung dessen, wie einen der große, weiße Wal in die Tiefen des Meeres hinabzieht und man das Tageslicht an der Wasseroberfläche schwinden sieht. Wie der zunehmende Wasserdruck rauben einem die stark verzerrten Gitarren und die immens tiefen Growls die Fähigkeit zu atmen. Das langsame Voranmorphen der Songs malt ein Bild des Gefühls, wie man langsam die Gewalt über seine Gliedmaßen verliert und sich die Lunge mit Wasser füllt, während es unablässig weiter in die Tiefe geht.

Dabei ist es hauptsächlich den erwähnten vorsichtigen Melodien, aber auch den stets griffigen und nachvollziehbaren Songstrukturen, die sich beispielsweise nie in ambientartigen Soundlandschaften verlieren, geschuldet, dass AHAB im Vergleich relativ eingängig sind und damit Bands wie SHAPE OF DESPAIR oder SKEPTICISM stilistisch näher stehen, als traditionelleren Formationen wie THERGOTHON oder UNHOLY. Von „easy listening“ kann bei „The Call Of The Wretched Sea“ freilich dennoch überhaupt keine Rede sein.

Dem Epos „Moby Dick“ haben sich schon viele Künstler angenommen. Prominenteste Vertreter dürften dabei sicher MASTODON sein, die vor zwei Jahren ihr Überalbum „Leviathan“ dem weißen Wal gewidmet haben. Wie der Bandname schon erahnen lässt, fußt bei AHAB aber das komplette Bandkonzept auf dem Roman. Inwieweit der damit doch recht limitierte Themenkomplex AHABs für die Zukunft kreativen Spielraum hergibt, wird sich zeigen müssen. „The Call Of The Wretched Sea“ dürfte bis dahin aber ähnlich umfangreiche Beschäftigung bieten, wie der Roman an sich. Ein starkes Debüt!

24.09.2006
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