Carach Angren - Dance And Laugh Amongst The Rotten

Review

Wieder mehr klassischer Grusel im Anwesen von CARACH ANGREN

Das Intro führt Dich durch ein verlassenes Anwesen. Es ist Nacht. Du weißt, dass hier etwas Furchtbares vorgefallen ist, aber die Stimmung ist zwiegespalten: das Klavier erfüllt jeden Raum mit Traurigkeit und Melancholie, aber auch mit Spannung und Dramatik. Du willst die Antwort finden. Am Ende spitzt sich das Dramatische zu: Du stehst vor dem Zimmer, in dem das Geheimnis ruht, drehst den Knauf und trittst ein … „Dance And Laugh Amongst The Rotten“, das fünfte Album von CARACH ANGREN, startet. Und beweist schon im „Opening“ das eiskalte Händchen der Holländer für den erneut mit einem Hauch Tim Burton versehenen klassischen Grusel, der vor allem in den Songtexten auch zu ausgewachsenem Horror mutiert.

Die Frage ist letztlich, worum es bei CARACH ANGREN primär geht oder gehen sollte: um die Geschichten oder die Musik? Musikalisches Storytelling haben sie in ihrem düsteren Spektrum perfektioniert – allerdings nicht auf „Dance And Laugh Amongst The Rotten“, sondern spätestens mit dem vor zwei Jahren veröffentlichten Album „This Is No Fairytale“.

Und zu ihrer Linken sehen sie Symphonic-Black-Metal-Vulkane im Flüstertal

Der überwiegende Aufbau der Lieder ist inzwischen bekannt und daran hat sich auch nichts geändert. CARACH ANGREN errichten Song-Achterbahnen, linear ist hier nicht. So brechen auch auf Album Nummer fünf Symphonic-Black-Metal-Vulkane mitten im geheimnisvollen Flüstertal aus. Zwar ist der symphonische Bombast etwas zurückgegangen, doch gerade diese häufigen Tempowechsel verleihen den Werken eine Dynamik und Hingabe ans gesprochene Wort, das man tatsächlich immer wieder vom Gefühl gepackt wird, in einem gespenstischen Camp am Lagerfeuer einer Spuklegende zu lauschen.

Trotzdem ist die Geschichte diesmal nicht so ergreifend. Gerade im Vergleich zum Vorgänger fehlt es an Homogenität – die Songinhalte wirken eher für sich stehend, weniger wie Kapitel, die von einem roten Blutfaden verbunden wurden. Gut, könnte man sagen, CARACH ANGREN müssen ja auch nicht mit jedem Album eine konsistente Geschichte erzählen, wenn denn zumindest der musikalische Aspekt brillant in den Vordergrund tritt. „Dance And Laugh Amongst The Rotten“ bietet aber auch weniger mitreißende Instrumentalpassagen. Das soll sich nicht wie „Thema verfehlt“ lesen. Nur die Kaufempfehlung ist es diesmal halt nicht.

… immer einen Spalt weit offen

In „Bloodqueen“ und „Charles Francis Coghlan“ liefert die Violine (Gastmusiker Nikos Mavridis) richtig gute Melodien, vor allem beim erneuten Ausbruch gen Ende im letztgenannten Lied. Auf seine reduzierte Weise und in Anbetracht des Samples aus dem Film „Trick ‚r Treat“ hat „Song For The Dead“ irgendwas, allerdings nicht auf über vier Minuten gerechnet – in der Summe also eher eine Luftnummer. „Pitch Black Box“ fällt in eine ähnliche Kategorie. „Why are you here?“ … in „Charlie“ kann die gespenstische Stimmung punkten … „What do you want?“. Einen der besten Momente hat das Album zur Mitte von „In De Naam Van De Duivel“: Als sich Klavier und Lead-Gitarre vereinen, beweisen CARACH ANGREN, dass sie es durchaus noch verstehen, regelrecht magische Augenblicke zu arrangieren.

Von denen gibt es auf „Dance And Laugh Amongst The Rotten“ aber nicht genug. Und wenn, dann kommen sie und gehen wieder, ohne großen Einfluss auf das Gesamterlebnis zu haben. Das neue Werk schafft es einfach nicht, sich als großes Ganzes zu präsentieren, als Einheit. Und genau dort liegen an sich die Stärken der Niederländer: für rund 45 Minuten das Tor in ihre eigene Welt zu öffnen, den Hörer nicht nur hereinzubitten, sondern ihn anzulocken, schmeichelnd, flüsternd, voller Geheimnisse … und ihn dann am Schopf zu packen. Auch „Dance And Laugh Amongst The Rotten“ lädt ein, lässt das Tor aber immer einen Spalt weit offen.

13.06.2017
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