Deicide - Banished By Sin

Review

Über ihr inzwischen 35-jähriges Fortbestehen hatte die US-amerikanische Hölleninstitution DEICIDE durchaus ihre fragwürdigen Schaffensphasen. Um die Jahrtausendwende wirkte die Band mit „Insineratehymn“ und dem noch viel zahnloseren Nachfolger „In Torment In Hell“ ausgebrannt, und auch in den Folgejahren gab es erwähnenswerte Höhe und Tiefen. Positive Impulse setzte die Truppe immer dann, wenn es im Bereich der Saitenfraktion personelle Änderungen gab. Seit dem Ausstieg der Hoffman-Brüder Anfang der Zweitausender war die Fluktuation jedenfalls mehr oder weniger groß. Inzwischen, und für das neue Album „Banished By Sin“ relevant, ist Kevin Quirion schon seit drei Alben dabei, der keineswegs unerfahrene Taylor Nordberg (u.a. RIBSPREADER) hingegen ganz frisch.

Artwork und Arbeitsverweigerung

Dass beim mittlerweile dreizehnten Full Length des Quartetts zunächst die Skepsis überwiegt, dafür hat die Band mit einer kaum nachvollziehbaren Entscheidung selbst gesorgt. Hatte das grandiose Artwork des Vorgängers „Overtures Of Blasphemy“ noch der polnische Künstler Zbigniew M. Bielak gestaltet, erwartet den potentiellen Käufer dieser Tage eine hässliche AI-Fratze. Jedenfalls scheint das kommende KERRY KING-Album „From Hell I Rise“ augenscheinlich aus der gleichen virtuellen Feder zu stammen. Das darf man schonmal ziemlich peinlich finden, insbesondere wenn seitens der Band behauptet wird, es handele sich um eine Photoshop-Bearbeitung.

Genauso ehrlich muss man sich dann aber beim musikalischen Teil machen und dort bleiben DEICIDE auf dem hohen Niveau des letzten Albums. Das scharfe Riffing in fast jedem Song zeigt, dass das Duo Quirion & Nordberg offensichtlich herausragend funktioniert und die Stücke damit gleichsam brutal wie eingängig gestaltet. Die Soli sind nicht auf dem Virtuositätslevel einer „The Stench Of Redemption“, aber nichtsdestotrotz erwähnenswert und zumeist funktionabel platziert (z.B. das herausragende Auftaktsolo bei „Woke From God“). Dazu ist Charmeur Glen Benton einer jener markanten Growler, der nach fast 40 Jahren noch mindestens genauso böse klingt wie auf dem Debüt.

Musikalische Entschädigung

Der wirkliche Trumpf DEICIDEs liegt aber weiterhin in der Fähigkeit, zugängliche Songstrukturen mit kompromissloser Brutalität zu verbinden. Das funktioniert, obwohl „Banished By Sin“, unterstützt durch das mechanische Drumming von Steve Asheim, unterm Strich enorm sauber und steril produziert ist. Konzeptionell bilden die beiden Vorabsongs mit dem straighten „Bury The Cross…With Your Christ“ und dem etwas sperrigeren Midtempo-Schlächter „Sever The Tongue“ schon das passende Gemisch, welches auf dem neuesten Album der Band gereicht wird.

Tatsächlich muss man „Banished By Sin“ zunächst aus seiner abstoßenden Hülle auspacken. Warum es sich DEICIDE zur optischen Gestaltung derart einfach machen, wissen wohl nur Glen Benton und Satan. Glücklicherweise strotzt der musikalische Inhalt nicht vor Arbeitsverweigerung und knüpft dort an, wo die Nordamerikaner beim letzten Mal aufgehört haben.

17.04.2024
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