Disturbed - Indestructible

Review

Mit DISTURBED verbindet mich eine ganz ähnliche Erfahrung, wie sie Thomas bereits in seinem Review zu „Ten Thousand Fists“ beschrieben hat. Exakt der gleiche Song „Down With The Sickness“ mit Davids extravaganten Stakkato-Schreieinlagen, dazu noch ein relativ sinnfreies Interview in irgendeiner Musikzeitschrift haben mich erstmal auf Abstand zur Band gebracht. Als sie damals ihr Debüt „The Sickness“ rausbrachten, waren sie für mich eine Nu-Metal-Band unter vielen, und nicht weiter interessant.
Das änderte sich schnell mit „Believe“, aufgrund dessen ich „The Sickness“ nochmal genauer unter die Lupe nahm. Und was soll ich sagen: DISTURBED sind keine Band unter vielen, sondern eine der wenigen, die den Unterschied machen.

Das liegt nicht nur an der eigensinnigen Mischung aus Nu Metal, Neo-Thrash und Hard Rock, ihrem erfolgversprechenden Gespür für großartige Melodien, sondern auch an ihrem charismatischen Sänger, der wie kein anderer das Gesicht der Band prägt.
Die Band ist sich ihrem Rhythmus von plus-minus drei Jahren treu geblieben, und mit der vorab veröffentlichten Single „Inside The Fire“ gab es einen kleinen, aber sehr überzeugenden Vorgeschmack, wohin die Reise nach „Ten Thousand Fists“ gehen sollte. Mich hat das Album damals nicht so umgehauen, ich sah es eher auf gleicher Augenhöhe bzw. doch ein kleines Stück darunter, als die starken Vorgänger.

Mit „Indestructible“ melden sich die Jungs aus Chicago in bemerkenswerter Form zurück, und dürften vor allem die Fans begeistern, deren Liebling immer noch das Debütalbum „The Sickness“ ist. Das Album gleicht einem Befreiungsschlag, bei der sich Melancholie, Trauer und Wut wilde Bahnen schlagen. Als „härter“ und „düsterer“ wurde es im Vorfeld angepriesen, und nach eingehender Prüfung kann ich diese Beschreibung durchaus bestätigen.
Rein charakterlich wird dieses Album nicht mehr durch Nachdenklichkeit sondern durch Handeln bestimmt. Die Songs kommen deutlich kraftvoller rüber, haben wieder richtig durchschlagende Neo-Thrash-Riffs und blasen wie in „Perfect Insanity“ oder „Divide“ zur flotten Attacke. So energisch hat man sie jedenfalls auf „Ten Thousand Fists“ nicht erlebt.

Was vor allem positiv auffällt, sind die gitarrenbetonten Songs. Egal ob Melodielinien oder Akkorde, DISTURBEDs Gitarrenseite ist variabler geworden, zusätzlich werden immer mal kleine Solis eingebaut. Auch wenn sie von Anfang an dem Metal zuzuordnen waren, schimmert dieser Anspruch bei „Indestructible“ am deutlichsten durch.
Und natürlich haben DISTURBED auch nicht verlernt, großartige Songs zu schreiben, die sich nahtlos an ihr früheres Schaffen einreihen. Auch das gehört zu den Unterschieden: DISTURBED haben ihren eigenen Stil, schon seit ihren Anfangstagen, und man erkennt einfach einen DISTURBED-Song, wenn man ihn hört. Melodien, die sofort ins Ohr gehen und auch dort bleiben und intelligente Texte, die zum Mit- und Nachdenken einladen.
Mit ihren stimmigen Harmonien und den gewohnt starken Chorusparts beweisen DISTURBED auch anno 2008 wieder, dass sie Songs mit Hitqualitäten abliefern können. Wer im Aufmacher und Titelsong „Indestructible“ noch einen gewöhnlichen und nicht wirklich spektakulären Song entdeckt, mag das noch nicht vermuten, doch dieser Eindruck ändert sich schnell, wenn erstmal die ersten Takte von „Inside The Fire“ erklungen sind.

Ein weiteres, erwähnenswertes Detail sind die instrumentalen Feinarbeiten, z.B. in „Deceiver“, die die Songs dezent aber wirksam bereichern, sei es durch eingestreute Samples oder Synthesizer, die man so direkt nie vermuten würde. Im gleichen Atemzug möchte ich dabei auf „Facade“ hinweisen, mit dem DISTURBED ihrem Album einen mehr als würdigen und coolen Abgang bescheren. Cool vor allem wegen des Drummings, welches natürlich auch auf dem Rest des Albums überzeugt und für die nötigen Kicks sorgt.
Den Rest hat die fette und satte Produktion besorgt, die diesmal so gut wie noch nie ausgefallen ist. Mein Wort drauf: So heftig hat bisher keine DISTURBED-Platte in den Arsch getreten.

Kurzum: DISTURBED sind wieder da, mächtiger als je zuvor, und sicherlich eine dicke Überraschung für all jene, die ihnen ein Meisterwerk wie „The Sickness“ nicht mehr zugetraut haben.

In den USA erscheint das Album übrigens auch als limitierte Luxus-Edition mit einem Bonustrack, einer Making-Of-DVD und einem Poster, in welches das Album eingebettet ist.

25.05.2008
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