Feine Sahne Fischfilet - Wir kommen in Frieden

Galerie mit 11 Bildern: Feine Sahne Fischfilet - Vainstream Rockfest 2024 in Münster

Hier ist eine Band, die sich mit ihrer Attitüde gerne mal mit der Nachbarschaft anlegt – und das über die Musik hinaus. FEINE SAHNE FISCHFILET haben mit einiger ihrer Aktionen die Aufmerksamkeit des Staates auf sich ziehen können und waren Gegenstand des ein oder anderen Indizierungsversuchs. 2012 beispielsweise hatten die Herren um Jan „Monchi“ Gorkow aufgrund der veröffentlichten Anleitung zur „Zubereitung“ eines Molotow-Cocktails im Vorfeld von Demonstrationen einer – sagen wir mal: nicht gerade unproblematischen Partei eine Begegnung mit dem Verfassungsschutz, der die Aktion als staatsfeindlich einstufte. Der Spiegel berichtete entsprechend. Ein Fall, wo sich Politsatire mal wieder selbst geschrieben hat?

FEINE SAHNE FISCHFILET melden sich zurück

Jedenfalls sorgen solche Umstände schon dafür, dass die Mecklenburger einiges an Punk-Credibility mitbringen. Und das ist auch deren großes Aushängeschild, denn mit dem Sound allein fallen FEINE SAHNE FISCHFILET zumindest auf ihrem neuen Album „Wir kommen in Frieden“ nicht unbedingt direkt auf. Klanglich ist das relativ konventioneller Deutschrock mit Bläserzusatz, der für Ska-Punk aber nicht peppig genug integriert wird. Es gibt natürlich Oi-Einflüsse, aber in erster Linie findet sich auf „Wir kommen in Frieden“ nichts, was man nicht schon irgendwie im Deutschrock anderer Machart (und politischer Ausrichtung …) gehört hat – eben salonfähige Musik für eine Band, der man schon eine gewisse Größe zugestehen muss.

Daher sollte man von „Wir kommen in Frieden“ auch keine Quantensprünge jenseits besagter Salonfähigkeit erwarten. Ratternder Old-School Punk ist lange schon aus der Mode gekommen – gestorben, pflegt man ja im Volksmund zu sagen. Die Mecklenburger bedienen mit ihrem Sound die für Deutschrock typischen Klischees, darunter die parolenschwangeren Lyrics und der Neigung zu diesen überlebensgroß gedachten „Woohoohoo“-Chören. Zu diesen „Todsünden/Kavaliersdelikten des Deutschrock“ gehören auch komplett tot gespielte Harmonien wie in „15 Jahre“ oder die unvermeidbaren Reim-Dich-oder-ich-fress-Dich-Passagen wie in „Endlich auf Reise“, was wie in genanntem Track schlimmstenfalls schmerzhaftes SPORTFREUNDE STILLER-Niveau annimmt.

Zwischen Deutschrock-Klischees und erfrischend brennender Relevanz

Nette Touches sind auf der Haben-Seite jedoch die gehauchten Chöre gegen Ende des eröffnenden Titeltracks und im Rausschmeißer „Eine rauchen wir noch“, die ein bisschen was Atmosphärisches reinbringen. Ein paar gekonnte Breaks wie in „Gut, dass ich weiß“ zählen ebenfalls zu den Stärken, wobei das meiste hier im sehr vorhersehbaren, wenig impulsiven Rahmen bleibt, was die Musik angeht. In dieser Hinsicht präsentieren sich FEINE SAHNE FISCHFILET relativ konservativ. Treu bleiben sich die Mecklenburger aber auch hinsichtlich ihrer Textmaterie. Und so tumb die Textarbeit teilweise auch ist, manche Hooks wie jene von „Awarenesskonzept“ gehen gut ab, während „Jungs und Kokain“ mit Miss Platinum ein unerwarteter, emotionaler Höhepunkt ist.

Also im Grunde macht man als Deutschrock-Hörer relativ wenig falsch mit „Wir kommen in Frieden“. Das Album bedient klanglich eben die üblichen Standards und bricht rein musikalisch auch kaum aus dem eigens abgesteckten Rahmen aus. Gelegentliche Hinhörer wie der eine, ziemlich epische Break in „Keine Panik“ (leider keine Referenz zu Per Anhalter Durch Die Galaxie) können immer mal wieder die Aufmerksamkeit binden und wirklich offensiv schlecht ist an „Wir kommen in Frieden“ nichts. Insofern kann man, wenn man nicht durch die für Deutschrock typische, grobgelenke Textarbeit sofort Ausschlag an den Füßen bekommt, vorsichtig reinhören in ein Album, das wie ein Bindeglied zwischen Deutschrock-Klischees und brennender, textlicher Relevanz fungiert.

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