Ghost - Phantomime (EP)

Review

Bei GHOST hat es inzwischen Tradition, auf ein Album jeweils eine EP folgen zu lassen. Nach „Impera“ aus dem vergangenen Jahr steht deswegen heuer „Phantomime“ in den Läden. Auf der Cover-EP offenbart Mastermind Tobias Forge einige seiner vielseitigen Einflüsse.

„Phantomime“ beginnnt mit dem Schwachpunkt

Den Anfang macht „I See No Evil“ der Protopunks TELEVISION. Gegenüber dem Original versprüht die GHOST-Fassung des Songs deutlich mehr Druck – nicht nur wegen der moderneren Produktion. Das nimmt dem Song seinen rotzigen Charme. Stattdessen interpretieren GHOST den Track als glitterige Glamrock-Nummer, die nicht gänzlich zündet, da sie sich bis zum Schluss wie ein Fremdkörper im GHOST-Schaffen anfühlt.

Wesentlich besser läuft es beim anschließenden „Jesus He Knows Me“. Das vorab erschienene GENESIS-Cover passt zu GHOST wie die Faust aufs Auge. Deutlich härter als im Original knallen die treibenden Beats aus den Boxen, ebenso wie die tighten Gitarrenriffs. Auf „Impera“ hätte der Song problemlos stehen können und man hätte es für eine Eigenkomposition der Band gehalten. So gut drückt Forge der Musik seinen Stempel auf. Ganz nebenbei liefert er zudem eine seiner bislang besten Gesangseinlagen ab. „Jesus He Knows Me“ ist ein absoluter Kandidat für das zukünftige Liveset der Band.

GHOST zitieren METALLICA

Mit „Hanging Around“ wildern GHOST noch einmal in den Anfängen des Punk Rock. Diesmal geht die Rechnung. Der THE STRANGLERS-Track liegt Forges Mannschaft sehr viel besser als „I See No Evil“. Insbesondere der Refrain, von Forge eindrucksvoll intoniert, fräst sich in die Gehörgänge. Im Gitarrensolo verstecken sich zudem einige Zitate aus Kirk Hammetts Solopart am Anfang von METALLICAs „Fade To Black“. Ein schöner Querverweis auf einen der wichtigsten Einflüsse von GHOST.

„Phantom Of The Opera“ ist der vielleicht unspektakulärste Song der Platte. Zumindest im Hinblick auf neuen Arrangements. Bei einem solch perfekten Stück Musik fällt auch Forge nicht mehr viel ein, was er hinzufügen könnte. GHOST-typische Chöre ergänzen die Hauptgesangslinien und sorgen für einige neue Harmonien. Forge wiederum singt deutlich melodischer als Paul Di’Anno seinerzeit bei IRON MAIDEN. Ansonsten bleibt die Band mit ihrer Interpretation nah am Original. An Perfektion lässt sich eben wenig rütteln.

Auf TOTOs Spuren

Den Abschluss von „Phantomime“ stellt TINA TURNERs Überhit „We Don’t Need Another Hero“ dar, bekannt aus dem Film „Mad Max: Beyond Thunderdome“. In den Händen von GHOST gerät der 80er-Pop-Song zu einer Stadionrock-Hymne, wie sie TOTO zu ihrer besten Zeit nicht grandioser inszeniert hätten. Nichts gegen das Original, aber die Orgel knallt hier deutlich mehr und der Refrain kommt mit einem solchen Bombast daher, dass die Boxen gefühlt um ihr Leben bangen müssen. Absoluter Wahnsinn.

Immer wieder stellen Menschen die Frage, ob es Coverplatten überhaupt braucht. Im Falle von GHOST und „Phantomime“ heißt die lautstarke Antwort: Ja! Obwohl ausgerechnet der Opener nicht gänzlich zündet, legt Forge eine insgesamt äußerst geschmackvolle Auswahl an Songs vor, die er erfolgreich durch den GHOST-Fleischwolf dreht. Für Vinylsammler unter den Fans gibt es allerdings einen Wehmutstropfen. Die sollen für nicht mal 25 Minuten Spielzeit 30 Euro auf den Tisch legen. Das ist mit nichts zu rechtfertigen. Dann doch lieber auf die CD ausweichen. Zumindest dieses eine Mal.

19.05.2023

"Irgendeiner wartet immer."

Exit mobile version