Immortal - All Shall Fall

Review

IMMORTAL sind wieder da, das hat sicher jeder schon gemerkt. Zu irgendwas muss die NB-Promomaschine ja schließlich gut sein. Persönlich finde ich die Reformierungsbegeisterung im Metal ganz allgemein etwas würdelos, kann die Musiker aber letztendlich verstehen: Wenn man unbedingt Musik machen möchte, dann ist das Ganze zweifellos viel angenehmener, wenn man einen ordentlichen Namen vorweisen kann. Mit I etwa könnte Abbath frühestens in fünf oder zehn Jahren so bequeme Touren bestreiten wie heute mit IMMORTAL. Und da er den Namen selbst aufgebaut hat, ist da auch nichts Verwerfliches dran. Doch es soll hier eigentlich nicht um die Reunion an sich gehen, sondern um deren erstes greifbares Ergebnis, das neue Album „All Shall Fall“.

Es fällt mir schwer, ganz ohne Erwartungshaltungen an die Scheibe heranzugehen. IMMORTAL haben vor 15 Jahren meine Jugend ganz entscheidend mitgeprägt, „Pure Holocaust“ und „Battles In The North“ sind Alben, die mein musikalisches Weltbild geformt haben. Da können IMMORTAL anno 2009 eigentlich nur verlieren. Hinzu kommt die beinahe neurotische Geheimniskrämerei des Labels. Noch nicht mal der Spiegel hat als Dreingabe für seine Rezension ein paar Samples bekommen. Das wirft natürlich die Frage auf: Ist „All Shall Fall“ so schlecht, dass schon ein paar kurze Ausschnitte die Chartplatzierungen der Norweger gefährden würden?

Natürlich nicht. Der Rundling ist für Neo-IMMORTAL-Verhältnisse ziemlich gelungen und lässt etwa Abbath‘ schwächsten Moment, „Damned In Black“, weit hinter sich. Natürlich werden mit diesem neuen Album diejenigen nichts anfangen können, die von den Norwegern trotz allem immer noch eine Rückkehr zu ihren Wurzeln erwarten. Die findet hier nicht statt, und die wird es in Zukunft ebenso wenig geben. Und das ist auch gut so. IMMORTAL sind heutzutage einfach zu harmlos und zu gefällig, um jemals wieder glaubhaft die Sau rauszulassen. Nein, wie im Prinzip zu erwarten war, ist „All Shall Fall“ ein Album für Leute, die „Sons Of Northern Darkness“ und „Between Two Worlds“ mögen.

Überraschender ist da schon, dass das Niveau des Liedmaterials zumindest für meinen Geschmack ziemlich schwankt. Das Titelstück eröffnet den Reigen flott und mit schönen, schrill aufsingenden Gitarren – macht also richtig Lust auf mehr – doch schon das folgende „The Rise Of Darkness“ ist ein effektiver Stimmungskiller. Ein lahmer Rocksong, der ziellos durch die Gegend tuckert und in der zweiten Hälfte zu einer veganischen Variante des „Blizzard Beasts“-Stils mutiert, ist jedenfalls nicht meine Vorstellung von guter Unterhaltung. „Hordes Of War“ dann, um die Einzelkritik noch etwas fortzuführen, ist mehr oder weniger ein Medley der schnelleren Sachen von „Blood Fire Death“ und kann wohl nur deshalb als IMMORTAL-Komposition gelten, weil die Kompromisslosigkeit des Originals nicht erreicht wird. Es folgt mit „Norden On Fire“ der zweite Höhepunkt, der ebenso wie der Rausschmeißer „Unearthly Kingdom“ beweist, dass Abbath sich komplett auf getragene, ausladende Kompositionen beschränken sollte. Bei diesen Stücken kommt Atmosphäre auf und sie verdienen tatsächlich das Attribut episch, auch wenn dieses in Zusammenhang mit IMMORTAL allgemein etwas zu leichtfertig gebraucht wird.

Ein abschließendes Urteil zu fällen, ist nicht ganz einfach. „All Shall Fall“ ist selbstverständlich ein professionell gemachtes Album. Sogar mit der Produktion kann ich mich anfreunden, die ist kraftvoll, aber nicht bis zur Vergasung poliert. Wir haben es wohl Pytten zu verdanken, dass die Scheibe im Studio nicht verhunzt wurde. Auf der Habenseite stehen außerdem drei starke Nummern, die zudem strategisch geschickt – Anfang, Mitte, Ende – über das Album verteilt wurden, so dass man nie viel Füllmaterial am Stück hören muss. Andererseits wirft das natürlich die Frage auf, ob man sich bei Band oder Label eventuell der wechselnden Qualität der Lieder bewusst war. Und schlussendlich haben sich auch ein paar Kompositionen auf das Album verirrt, die einfach ziemlich schlecht sind. „The Rise Of Darkness“ habe ich aus dieser Kategorie ja bereits genannt, erwähnen muss man aber auch „Arctic Swarm“, welches sogar noch übler ist, belangloses Gerödel ohne Hand und Fuß. Derlei C-Seitenmaterial schadet dem Album in seiner Gesamtheit in einem Maße, dass ich trotz einiger Höhepunkte nicht mehr als sechs Zähler locker machen kann.

25.09.2009
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