Knorkator - We Want Mohr

Review

KNORKATOR widmen sich mit „We Want Mohr“ dem Kinderbuch „Struwwelpeter“ des Arztes Heinrich Hoffmann. Das Artwork wurde komplett angepasst und mit „Konrad“, „Robert“ und „Friederich“ sogar drei der Geschichten im knorkatorischen Stile vertont. Als Journalist kommt man in den Genuß eines ebenso detaillierten Begleitheftchen mit Infotext in Reimform. Alleine hier haben KNORKATOR schon mehr Zeit und Liebe investiert, als manche andere etablierte Band. Neben den 13 Liedchen gibt es noch eine pralle Bonus DVD, die gleich insgesamt 34 (!) Songs zeigt.

Schon der Eröffnungstrack „Hymne“ bringt mich zum Schmunzeln, die Band hat sich damit definitiv einen bombigen Rausschmeißer geschaffen. „Für KNORKATOR mein Herz, für KNORKATOR mein Geld. Ihr seid das Kerzenlicht, das meinen Weg erhellt“, da schleicht sich echter Pathos ein, ganz gleich ob lustig gemeint oder nicht. Das folgende „Zoo“ überzeugt dann mit einer aneinandergereihten Reihe von Tiernamen, schon alleine für die Kunst soviele Tiere zu kennen und sich diese Reihenfolge zu merken, hiermit virtuellen Applaus. Da ist auch zu verzeihen, dass der Refrain dann lediglich ein kraftvoll gebrülltes „Zoo“ ist. Ähnliches Vorgehen gibt es textlich bei „Fortschritt“, wobei die Aufzählung von fortschrittlichen Dingen hier doch eher nervig ist. Bei „Konrad“ fällt dann auf, dass es von Heinrich Hoffmann zu KNORKATOR gar nicht so weit ist, der geliehene Text wurde durch Gangshouts und lustige Verhohnepiepelung (Daumenlutschöööööör!) veredelt.

Grundsätzlich geht es auf „We Want Mohr“ eher gemächlich zu und das Album enthält einige ruhige und viele Midtempo-Songs. „Breaking The Law“ von JUDAS PRIEST gehört wahrscheinlich zu dem meistgecoverten Songs im Metal-Bereich. KNORKATOR nähern sich dem Klassiker mit romantischer Klavieruntermalung und sicher scheiden sich nicht nur hier die Geister. Generell bin ich nicht begeistert, wenn sich die Tausendsassa von KNORKATOR den langsamen Balladen widmen, noch schlimmer sind dann nur die hohen Gesänge. Mit „L“ gibt es noch einen smarten Knaller, lustig und im typischen KNORKATOR-Gewand, abgehackter und hüpftauglicher Takt in Kombination mit einem aufbrausenden Refrain. Manche Songs lassen mich verwundert zurück, „Time To Rise“ ist so ein Kandidat, ein englischsprachiges Duett. Grundsätzlich kann ich mit dem Ausbruch aus dem spaßigen Korsett leben, aber dann würde ich mir eine packendere Instrumentierung wünschen. 

Die DVD enthält einen Konzertmitschnitt aus der Zitadelle Spandau von 2012 und einen aus der Columbiahalle von 2011. Erstgenannter Mitschnitt zeigt KNORKATOR mit allen Stärken und Schwächen. Klassiker wie „Arschgesicht“ (natürlich vorgetragen von KNORKATOR 2.0, sprich dem eigenen Nachwuchs), „Buchstabe“, „Refräng“, „Du Bist Schuld“, „Alter Mann“ oder auch „Du nich“ reißen standesgemäß die Hütte ab und lassen das anwesende Publikum ausrasten. Kameraführung und Ton sind optimal, absoluter Mehrwert mit dieser tollen optischen Reise durch das Schaffen von Deutschlands meister Band. Von einem halbnackten Stumpen sind die Kenner schon lange nicht mehr abzuschrecken, sodass das Konzert durch Speckbauch-Surfen, Zertrümmern von Musikinstrumenten und halbnackte Frauen, die in Plastikbällen über das Publikum rollen, für intellektuelle Abendunterhaltung herhalten muss.

„We Want Mohr“ ist ein schönes Package und das Konzept um den Struwwelpeter ansprechend umgesetzt. Die Platte enthält deutlich mehr gute Momente, als schlechte, ist aber in Gesamtheit etwas zu dröge geraten. Doch KNORKATOR wären nicht KNORKATOR, wenn sie live nicht auch aus diesen Stücken etwas zaubern können. Nach dem letzten Track „Adé“ bitte unbedingt weiterlaufen lassen und die Instrumental-Version von „Hymne“ genießen. So verlässt der Hörer „We Want Mohr“ mit der Gewissheit, dass hier zwar sehr viel Anarchie und Wahnsinn regieren, aber alles auf enormer Musikalität basiert. Für KNORKATOR mein Herz, die singen auf der Platte übrigens nur von Panzern, Ritter, Aliens und Toten und natürlich nicht von L…

11.01.2014
Exit mobile version