Lamb Of God - Resolution

Review

Die Gründe dafür, dass der Aufstieg von LAMB OF GOD steiler und rasanter von Statten ging als bei anderen und die Band schon seit einiger Zeit als eine der wichtigsten amerikanischen Metal-Bands der Gegenwart gilt, sind sicherlich vielfältig. Einer davon dürfte sein, dass der Virginia-Fünfer seit Tag eins trotz allen technischen Anspruchs nie die Songs an sich aus dem Auge verloren hat und sich stets über die Wichtigkeit guter Kompositionen im Klaren war. Dazu kommt dann noch die individuelle Klasse der Musiker, denn neben einem der derzeit besten Metal-Drummer haben LAMB OF GOD mit Randy Blythe einen Sänger in ihren Reihen, der die Vielseitigkeit des Genres aufs Äußerste strapaziert, und die Gitarristen und Bassisten sorgen mit ihrem anspruchsvollen, aber effektiven Grundgerüst für das Besondere, das Heerscharen anderer Bands fehlt: die eigene, unverkennbare Note. Das war zumindest bisher immer so. “Resolution“, das neue Werk der nicht sehr frommen Gotteslämmer muss als Maßstab herhalten, ob die Band immer noch den Erwartungen gerecht werden kann.

 

Wie in der Vergangenheit sind auch diesmal mehrere Durchläufe nötig, um das Gebotene vollends zu begreifen. Das liegt nicht daran, dass das Songmaterial hochgradig komplex daherkommt, sondern an den unterschiedlichen Stimmungen, spannenden Wendungen und zahlreichen Einfällen, zu denen nur wirklich herausragende Bands im Stande sind. Die Kunst, die LAMB OF GOD dabei wie wenige andere beherrschen, ist die Tatsache, dass der Sound, den man von der Band gewohnt ist, in all seiner Vertrautheit und Härte, nach wie vor ständig vorhanden ist. Die Augenblicke, bei denen man am Anfang noch zu befürchten meint, das Konzept sei nun endgültig ein wenig überlaufen, “Resolution“ sei nichts weiter als das Aufwärmen alter Gewohnheiten, diese Momente offenbaren nach vier oder fünf Durchgängen plötzlich eine ungeahnte Breite und Tiefe. Ganz so wie man es von der Band gewohnt ist, wirken die Riffs plötzlich noch durchdringender, die Songs noch greifbarer, und wieder einmal stellt man fest, dass man sich einmal mehr getäuscht hat. LAMB OF GOD schmeißen natürlich nicht von heute auf morgen sämtliche Elemente über Bord, die man so schätzen gelernt hat, aber sie schaffen es, aus Alledem wieder einmal überaus vorzeigbare Songs zu stricken. “Resolution“ ist dabei womöglich das abwechslungsreichste Album der Band, die Schwere und Monstrosität von “Ashes Of The Wake“ ist genauso Bestandteil der Scheibe, wie die atmosphärische Dichte von “Sacrament“, und die vordergründige, greifbare Aggressivität von “Wrath“. Das Intro “Straight For The Sun“, schon eher ein kurzer Song als eine simple Ouvertüre, die wohl jede andere Band als Einstieg gewählt hätte, überrascht dabei mit beinahe DOWN-mäßigem Groove. Der erste vollwertige Song “Desolation“ bedient die Fans mit liebgewonnener Tradition und wartet mit allem auf, worauf man hoffen durfte. Randys abwechslungsreicher und emotionaler Gesang, die in verschiedenen Rockwelten grasenden Gitarren, meistens ziemlich thrashig, manchmal (aber nicht immer) in der Tat von PANTERA beeinflusst, der Bass als Fundament für all dies und der immer noch vollkommen überragende Drumsound von Chris Adler – alles ist wieder da. Die Qualität bleibt über die volle Distanz auf hohem Niveau, auch Freunde schnelleren Prügelsounds kommen mehrfach auf ihre Kosten. Beim hörbar vom Punk beeinflussten “Cheated“ etwa gibt die Band so dermaßen Gas, dass der Song schon nach zweieinhalb Minuten zu Ende ist. “Guilty“ erinnert ein wenig an den Vorgänger und schwimmt in ähnlichem Fahrwasser. Ansonsten besticht “Resolution“ erneut durch die elegante Mischung aus eingängigem und spannend durcharrangiertem, technischerem Songmaterial. “The Undertow“ ist eine astreine Hymne, wie gemacht für Live-Konzerte und für spontanes Ausflippen im heimischen Zimmer, “The Number Six“ präsentiert sich als abwechslungsreiche Nummer, die mit viel Dynamik und Gefühl zu begeistern weiß.

 

Und dann gibt es da ja noch den dritten Aspekt des Albums, bei dem die Band Mut beweist und zeigt, dass sie durchaus gewillt ist, über den Tellerrand zu blicken. Die letzten fünf Songs des mit 56 Minuten vielleicht ein kleines bisschen zu lang geratenen Albums sind einerseits genauso typisch für die Band, bieten mit melodischen, skandinavisch beeinflussten Bausteinen aber eine Menge Überraschungen. Die Gitarrenleads bei “Visitation“ und “Terminally Unique“ sind wahrhaft meisterlich. Die Schlussnummer “King Me“ ist mit Orchester und weiblicher klassischer Stimme sogar ein episches, so nicht zu erwartendes Experiment, das “Resolution“ ganz am Ende nochmal um eine weitere Facette erweitert und ganz klar als emotionalster und künstlerisch anspruchsvollster LAMB OF GOD-Song überhaupt durchgeht. Das dürfte zwar nicht jedermanns Sache sein. Aufgrund seiner Platzierung ganz am Ende und der erwähnt langen Spielzeit ist das aber sicherlich auch für die Fangruppe zu verschmerzen, die derlei Spielereien kritisch gegenübersteht. Weitere erfreuliche Neuerung übrigens: Mark Morton und Willie Adler haben noch nie so viele Soli gespielt.

 

“Resolution“ ist zusammenfassend also ein Album, wie man es von LAMB OF GOD erwarten durfte, das zum Ende hin jedoch nochmal richtig Fahrt aufnimmt und beweist, dass stilistische Einfältigkeit bei dieser Band nicht zur Diskussion steht. Sollte noch jemand an der Wichtigkeit und Klasse dieser Band gezweifelt haben, jetzt dürfte endgültig Schluss damit sein.

17.01.2012
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