Meshuggah - ObZen

Review

Die Polyrhythmikakrobaten MESHUGGAH sind mit einem neuen Langeisen am Start und zeigen sich im Gegensatz zu früheren Taten musikalisch variabler, feiner und auch moderner als zuvor. Waren besonders die letzten zwei Alben meiner Ansicht nach eher Durchschnittsware, zeigen die Rhythmusliebhaber mit „ObZen“ endlich wieder richtig Zähne und beweisen, dass sie es besser können.

Gleich der Opener „Combustion“ tönt für MESHUGGAH-Verhältnisse erstaunlich flott und zerlegt einem erstmal ordentlich die Kauleiste. Sofort fällt auf, dass die Herren für dieses Album einen wahrhaft saftig geilen Sound zurechtgezimmert haben. Die Gitarren sägen einem die Kehle durch, der Bass röhrt arschgeil (es lebe die Gleichberechtigung!!!) und jeder Anschlag auf den Drums ist wie ein Peitschenhieb direkt ins Gesicht. Absolut erste Sahne!

Im Laufe des Albums lassen es sich die Schweden natürlich nicht nehmen zu zeigen, wer in Sachen Polyrhythmik das Sagen hat. Zwar wird hier nicht unbedingt Neuland betreten, aber die ausgefeilten Parts sind wirklich gekonnt und braten einem mit zunehmender Spieldauer nachhaltig die Hirnrinde weich.

Vermutlich wird jeder, der auf diese Art Musik steht, andere Highlights für sich auf dem Album finden, ich persönlich möchte jedoch besonders das aufeinander folgende Dreiergespann „Bleed“, „Lethargica“ und den Titeltrack „ObZen“ hervorheben. Während „Bleed“ mit seiner Galopp-Bassdrum zunächst ein wenig nach FEAR FACTORY tönt, dabei aber trotzdem wunderbar verspielt wirkt, entwickelt sich der Track zu einer wahrhaft abgefahrenen Hackorgie erster Güteklasse.

„Lethargica“ überzeugt anfangs mit fies klingenden Einzeltönen, denen man die mitbratenden Bassseiten so richtig schön anhört. Der Track robbt sich (im positiven Sinne) relativ schwerfällig hin zum Mittelteil, der mit einer Art Ruhe vor dem Sturm den wohl besten Part des Albums einleitet. Absolut grandios, wir intensiv das folgende Riff alles entzwei spaltet. Ein derb fieser, fast schleppender Gitarrenpart zermahlt einem einfach nur noch das Hirn zu Mus. Saugeil.

Auch der Titeltrack fegt mit absolut heftigen Hack-und-ab-Riffs durch die Bude und zeigt einmal mehr das feine Händchen der Truppe für brettharte Gitarrenarrangements. Dieser Umstand ist im Grunde auf dem gesamten Album präsent und es ist schon ein wenig erstaunlich, wie kompromisslos und auch eigensinnig MESHUGGAH diesbezüglich voranschreiten.

Am Ende der Scheibe gibt es dann noch den neuneinhalbminütigen Gnadenstoss „Dancers To A Discordant System“ zu vermelden, der „ObZen“ vollmundig abrundet und dem Hörer endlich wieder die Gelegenheit gibt, nach Luft zu schnappen. Natürlich hält dieser Zustand nicht lange an, denn „ObZen“ nötigt einen dazu, es immer wieder aufs Neue im Player rotieren zu lassen. Zumindest geht es mir so.

Ich kann nicht genau definieren, warum dieses Album so eine enorme Anziehungskraft auslöst. Ob es die wuchtige Gewalt der Musik an sich ist oder einfach nur die Klasse der meisten Riffs ist im Prinzip eigentlich auch völlig egal, denn mit dem Drang es nochmal und nochmal hören zu wollen, ist der Sinn bereits erfüllt.

Einen Kritikpunkt, der nicht zu unterschlagen ist, muss am Ende aber doch noch ganz klar erläutert werden. Zwar werden kompromisslose Anhänger der Band folgende Zeilen natürlich ganz anders sehen und auch Metalcore-Hörer (ja, ihr habt richtig gelesen) werden sich nicht daran stören, aber der Gesang auf „ObZen“ lässt an einigen Stellen doch etwas zu wünschen übrig. Äußerst einsilbrig und eintönig schreit Sänger Jens Kidman sämtliche Track regelrecht zu und unterbindet hier und da ein noch besseres Wirken und letztendlich einwandfreies Gelingen der Lieder.

Manchmal hätte schlicht und einfach die Tonlage der Stimme variiert werden müssen, anstatt von vorne bis hinten alles in derselben Art in Grund und Boden zu schreien. So gut die Songs musikalisch auch sind, so durchschnittlich ist die Gesangsleistung, die im Übrigen absolut austauschbar ist mit einem Großteil angesagter Metalcore-Sänger. Ansonsten gibt es natürlich glücklicherweise keine wirklichen Parallelen zu dieser Musikrichtung.

Hätten MESHUGGAH, bzw. Kidman gesanglich etwas variabler und differenzierter gearbeitet (damit meine ich übrigens nicht Clean-Gesänge, sondern einfach mehr Leben im Ausdruck) und das Monotone unterbunden, hätten wir hier vielleicht einen Albumkandidaten gehabt, der am Ende des Jahres um die oberen Platzierungen mitschubsen könnte. Trotzdem bleibt „ObZen“ ein feines Stück Musik, das man sich immer wieder genussvoll reinpfeifen kann.

24.03.2008
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