Parkway Drive - Atlas

Review

Mit welcher Erwartungshaltung begegnet man einer Band, deren letztes Album kommerziell ein ziemlicher Erfolg war? „Deep Blue“ schaffte es in den Staaten immerhin auf Platz 34 und in ihrer Heimat Australien sogar auf Platz 2 der Charts – völlig zurecht, sei hier angemerkt. Aber wie gehen PARKWAY DRIVE damit um?  Möglichkeiten gibt es schließlich allerhand. Die beiden wahrscheinlichsten sind aber vermutlich, dass die Australier kompromisslos daran festhalten, ihren Stil weiter zu verfeinern, oder aber der Versuch, den Erfolg zu wiederholen und zu einer enttäuschenden Selbstkopie zu werden. Nun, ich muss gestehen, so ganz sicher war ich mir im Vorfeld nicht, haben sich doch schon so manche Bands vom Erfolg treiben lassen. Die erste gute Nachricht in Bezug auf „Atlas“ ist aber, dass dem eben nicht so ist!

Dabei ist der Start zunächst eher gewöhnlich, wobei sich nach der Energie, die „Old Ghosts – New Regrets“ verströmt, unzählige Metalcore-Bands die Finger lecken würden. Gewohnt starke Kost also zu Beginn, die sogar etwas deftiger ausfällt als zuletzt auf „Deep Blue“ und „Horizons“. Den ersten richtigen Kracher liefern PARKWAY DRIVE in Form von „Wild Horizons“ direkt nach. Allein das wehmütige Motiv, das kombiniert mit einem „Oho-Chorus“ sofort im Gedächtnis haften bleibt, spricht Bände, aber auch wenn das Tempo deutlich zunimmt, versprüht der Song derart viel Kraft, dass er mühelos zu den stärksten Metalcore-Songs in diesem Jahr zählen kann. „Dark Days“ schießt dann wieder deutlich brutaler aus den Boxen, eröffnet aber dermaßen leidenschaftlich den Pit, dass einem allein schon beim Zuhören der Schweiß die Stirn hinunter läuft. Richtig Überraschendes bietet dann „The River“: Als plötzlich ein sanfter Chor ertönt, ist das Gefühl, einer Ballade zu begegnen, in den ersten Sekunden omnipräsent. Doch weit gefehlt, der Song entwickelt sich zu einem genialen Experiment aus Härte und Gefühl, während die zwei Damen und Herren, aus welchen der Chor besteht, zwischenzeitlich beinahe in Vergessenheit geraten, ergänzen sie im fast schon ruhigen Schlussteil die Vocals von Fronter Winston McCall derart ergreifend, dass ich den Versuch mehr als nur gelungen finde. Ein weiteres Wagnis findet sich dann mit dem Titeltrack, das mit akustischem Gitarrengezupfe etwas Lagerfeueratmosphäre versprüht und so eine ungewohnte Ruhe ins Geschehen bringt; faszinierend. Als „Atlas“ dann mit „Blue And The Grey“ seinen Schluss findet, ist das Gefühl sehr zufriedenstellend und der Schweiß kann zu einer kurzen Pause abgewischt werden, bevor die nächste Runde eingeläutet wird.

Es ist spannend, dass PARKWAY DRIVE trotz einer saftigen Ladung an Breakdowns und Moshparts kein bisschen langweilig werden, sondern die Zutaten einen nahezu perfekten Platz im Bandsound gefunden haben. Ob „Atlas“ nun stärker als vergangenes Material ist, wird sich wohl erst auf lange Sicht zeigen. Doch eines dürfte klar sein: die Australier nehmen nicht den sichersten Pfad, sondern sind dabei ihren Stil stetig zu verfeinern ohne dabei allzu fremdes Terrain zu betreten. Auf „Atlas“ jedenfalls haben sie alles richtig gemacht, vor allem auch dank der mehr als fetten Produktion, das nur zum Schluss als Randnotiz. Für Metalcore-Jünger absolute Pflicht, aber vielleicht steckt die Leidenschaft von „Atlas“ ja auch so manchen Allergiker an, wer weiß das schon…

Im Deluxe-Package wird übrigens die „Home Is Fore The Heartless“-DVD mit dabei sein, diese lag leider nicht zu Rezensionszwecken vor.

24.10.2012

Chefredakteur

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