Revel In Flesh - Emissary Of All Plagues

Review

Wenn eines der deutschen Death-Metal-Flaggschiffe ein neues Album veröffentlicht, dann setzen wir natürlich auch gerne mal ein Special auf. Und für „Emissary Of All Plagues“, den vierten abendfüllenden Kracher von REVEL IN FLESH, lohnt sich das allemal. Denn wer in den gerade mal fünf Jahren seit der Bandgründung vier gute bis sehr gute Scheiben veröffentlicht, hat unsere Aufmerksamkeit absolut verdient. Daher haben wir uns mit Fronter Haubersson verabredet und sind ganz einfach mal Song für Song durchgegangen.

1. Emissary Of All Plagues

Nach einem kurzen Intro bricht das Inferno los und REVEL IN FLESH wildern fast schon ein bisschen in Black Metal Gefilden. Erinnert irgendwie an BELPHEGOR, ist also megafett und hochmelodisch. Man pendelt ganz geschickt zwischen Midtempo und gelegentlichen Blasts hin und her. Bei den Jungs ist also zunächst mal zum Glück fast alles beim Alten geblieben und es gilt auch weiterhin die Formel: Titelsong = Knallersong!

Grüß dich Haubersson! Eine Scheibe mal ganz dezent eröffnen könnt ihr gar nicht, oder? Bei euch muss es immer gleich mächtig knallen.

Servus Christian und metal.de-Leserschaft! Es ist schön, wieder hier mit REVEL IN FLESH vertreten zu sein! Klar doch, ein Auftakt wie ein Paukenschlag gehört zu einer amtlichen Death Metal Scheibe doch einfach dazu. Auf unserem zweiten Album war es der Track zum Bandnamen, auf „Death Kult Legions“ war es dann „In The Name Of The Flesh“ und nun legen wir auf Album Nr. 4 direkt mit dem Titelsong los, welcher diese Strategie fortführt.

Unser Ziel war es, einen griffigen catchy Opener zu haben, mit treibenden Melodien und Textzeilen, die sich sofort ins Hirn fräsen. Außerdem sollte er eine klare Botschaft vermitteln: REVEL IN FLESH sind zurück!

Wer ist eigentlich dieser Abgesandte der Plagen?

Da muss ich etwas weiter ausholen und kurz allgemein auf die Inhalte eingehen. Der Begriff Konzeptalbum wäre jetzt vermutlich zu dick aufgetragen. Aber Fakt ist, dass nicht nur der Titeltrack sondern auch die weiteren Lyrics auf der morbiden Ausstrahlung des Coverartworks beruhen. Das stammt wiederum von unserem spanischen Stammkünstler Juanjo Castellano. Aber eigentlich war genau dieses Werk überhaupt nicht für uns gedacht. Das Bild war eine Projektarbeit, an der Juanjo einige Jahre lang gearbeitet hat. Er wollte es eigentlich für eine eigene Illustration verwenden, aber mit guter Überzeugungsarbeit konnte ich ihn quasi dazu nötigen, das Artwork an REVEL IN FLESH abzugeben. Zurückblickend ist er mit dieser Entscheidung jedoch selber sehr happy.

Mich faszinierte an dem Artwork dieser zentrale Charakter, welche das ganze Unheil im Bild entfacht. Das Werk hatte übrigens bereits den Titel „Emissary Of All Plagues“ und wir haben diesen 1:1 als Albumtitel übernommen. Hinter dem Artwork versteckt sich auch eine Art Story, in der ein Besessener mit geistlichem Background für seine Schandtaten lebendig begraben wird. Er durchleidet Qualen in einer obskuren Unterwelt und sein Fleisch zersetzt sich. Schließlich kehrt er aber als Geist mit dem unbändigem Wunsch nach Rache zurück unter die Sterblichen. Er, der „Abgesandte aller Plagen“, wird also zum Vollstrecker des Unheils. Eine solche Geschichte ist natürlich wie maßgeschneidert für Lyrics im Sinne des klassischen Death Metal und passt daher auch hervorragend zur Atmosphäre unserer Songs.

Zu deinem Vergleich mit BELPHEGOR muss ich jedoch noch kurz etwas sagen. Ich habe zwar großen Respekt davor, was Helmuth & Konsorten fabrizieren und geschaffen haben, aber bei REVEL IN FLESH liegen unsere Wurzeln ganz klar im Death Metal der 90er Jahre. Das neue Album ist in sich dunkler, atmosphärischer und in Sachen Gesangsstil gibt es auch einige Screamo-Passagen. Trotzdem sind wir ganz klar orientiert an den Wurzeln des Genre, wir spielen einfach Death Metal im klassischen Sinne. Black-Metal-Referenzen sind also, wenn überhaupt vorhanden, dann nur sehr unterbewusst in diesem Material zu finden.

Das ist ja gerade das Schöne an der Musik, jeder hat das so seine eigenen Assoziationen. Mein Vergleich mit BELPHEGOR war aber auch keineswegs ein Vorwurf, denn ich finde diese neue Facette in eurem Sound absolut interessant.

2. Casket Ride

Weiter geht es im stampfenden Midtempo und damit hörbar Richtung HYPOCRISY. Dabei setzt man erneut auf richtig große Melodien, ein solches Stück würde Meister Tägtgren vermutlich auch genauso blind veröffentlichen. HYPOCRISY rotieren bei euch jetzt schon ab und zu mal im CD-Player, oder? Und sag bitte nicht, dass ihr diese Kapelle gar nicht kennt …

Klar, der Schritt hin zu mehr Melodien und einem höheren Epic-Faktor führt wohl zwangsläufig zum Vergleich mit HYPOCRISY. Uns war das im Laufe der Produktion schon ein wenig bewusst, wobei ich persönlich die HYPOCRISY-Referenzen eher in Tracks wie „Dead To This World“ sehe. „Casket Ride“ ist im Prinzip ein grooviger und treibender Song, der Ärsche tritt und einfach Bock auf Headbanging macht. Wir hatten den Track im Vorfeld ja auch schon auf einer Split 7″ EP mit WOMBBATH veröffentlicht und bereits einige Male live gespielt. Die Nummer hat aus dem Stegreif gezündet und steht auch mehr in unserer eigenen Tradition von Tracks wie „Shadowbreeder“ oder „Graveyard Procession“.

Persönlich bin ich ein großer Fan der frühen Phasen von HYPOCRISY bis einschließlich „Abducted“. Generell schreiben wir aber keine Songs am Reißbrett. Gewisse Linien ergeben sich einfach spontan beim Songwriting, und dass das dann zu gewissen Vergleichen führen kann, ist eigentlich völlig normal.

3. Fortress Of Gloom

Auch mit diesem Song bleiben die Jungs im Midtempo. Und obwohl der wieder sehr intensiv ist, kann man für REVEL IN FLESH-Verhältnisse nicht von einem Killer sprechen. Ist das so ein bisschen der Füller auf „Emissary Of All Plagues“, wenn auch auf ziemlich hohem Niveau?

Ich finde, dass dieser Song an dritter Stelle dem Album ein neues Gesicht gibt. Der Track ist melodischer als die beiden ersten, dazu dunkler und atmosphärischer. „Fortress Of Gloom“ entfacht eine sehr dunkle Stimmung und verleiht damit dem Gesamtbild mehr Tiefe. Ich glaube, dass dieser Song einfach mehrere Durchläufe braucht. Die ganzen Details der Produktion von Dan Swanö entdeckt man übrigens am besten mit Kopfhörern.

4. Servants Of The Deathkult

Nach diesem klitzekleinen Durchhänger galoppiert der Track gleich mal wunderbar los. Außerdem muss an dieser Stelle unbedingt mal erwähnt werden, dass die Produktion von Dan Swanö herrlich drückt, so muss es sein. Ein sehr feines Solo veredelt diesen vermutlichen zukünftigen Live-Kracher. Und der plakative Titel kann ganz sicher auch nicht schaden.

Beim Solo handelt es sich um einen Gastauftritt von Jonas Lindblood von den Schweden PUTERAEON, mit denen wir bereits eine Split 7″ EP aufgenommen und zwei Minitouren absolviert haben. Das Solo hebt den Track definitiv auf eine höhere Ebene.

Und wer sind die Knechte, etwa wir?

Der Begriff „Deathkult“ taucht in unseren Lyrics, Artworks, Shirt-Illustrationen etc. ja schon seit dem ersten Album auf. Er ist damit für REVEL IN FLESH wie eine Art Trademark. Ich verbinde mit dem Deathkult in Sachen Lyrics eine Art Tribute an das klassische Death-Metal-Genre, d.h. das essentielle Horror Flair, eine Faszination für die dunklen Dinge und für das Erschaffen gewisser Stimmungsbilder. Ich weiß, dass das Death-Metal-Genre heutzutage breiter gefächert ist als je zuvor. Aber nicht alles, was unter dem Banner Death Metal heute vermarktet wird, entspricht meiner Vorstellung von unserem Genre. Oder könntest Du Dir vorstellen, dass ein Klassiker wie „Altars Of Madness“ auch mit Fäkal-, Anal-, Humor- und Porngrind-Lyrics funktionieren würde!? Ich definitiv nicht!!!

Die Vorstellung ist in der Tat alles andere als erbauend. Wobei ich aber auch sagen muss, dass Death Metal jetzt nicht nur mit dunklen Texten und einem gewissen Horror Flair funktioniert. Aber es gibt ganz sicher so einige Themen, die man im klassischen Todesblei nicht verarbeiten sollte, da hast du völlig recht.

Die „Servants Of The Deathkult“ sind für mich die Die-Hard-Death-Metal-Freaks, welche diese Szene am Laufen halten. Es ist eine Art Tribut an die Death-Metal-Community. Wir sehen REVEL IN FLESH als Teil dieser Szene und wir sind selber natürlich auch Fans dieser Musik. Und genau das verkörpern wir auch!

5. Torture Throne

Auch bei diesem Stück ist das Tempo zunächst ziemlich gedrosselt. Sind REVEL IN FLESH etwa nicht nur (etwas) älter sondern auch ruhiger geworden, kommt jetzt bald mal eine Ballade? Nee, Moment mal, jetzt zieht das Tempo doch an und auf einmal ballert es dann doch wieder so richtig schön, auch wieder mit deutlichen BELPHEGOR-Anleihen. REVEL IN FLESH gelingt es wirklich immer wieder hervorragend, das Tempo zu variieren. Kompliment meine Herren!

„Torture Throne“ ist im Prinzip noch eine ältere Komposition von 2014. Die Lyrics lagen auch bereits lange auf Halde und im Zuge der „Emissary Of Plagues“-Sessions haben wir die Nummer wieder aus der Versenkung geholt. Der Song gehört mit zu den melodischsten Tracks auf dem Album, lädt aber dennoch zum Headbangen ein. Eventuell werden wir für „Torture Throne“ auch noch einen Videoclip machen, da sich die Lyrics visuell auch gut umsetzen lassen. Lasst Euch überraschen!

6. The Dead Lives On

Und nun geht’s zurück zum guten alten Schweden-Tod, jawoll! Dies ist bis jetzt der unmelodischste Song, einfach wohltuend hart und ausgestattet mit sehr feinen Harmonien. Wie oft müsst ihr eigentlich das Wort „Flesh“ auf einer Scheibe unterbringen, gibt’s dafür eine bandinterne Faustregel?

Nein, meine Bandkollegen reden mir da bei einer inflationären „Ver-flesh-ung“ nicht rein, aber auf die eine oder andere Weise müssen wir unserem Bandnamen ja schließlich auch gerecht werden. „Flesh“ ist eines der Wörter, die im Death Metal immer funktionieren. Übrigens, das Solo ist ein Gastbeitrag des ENTRAILS-Gitarristen Jimmy.

7. Lord Of Flesh

Und wo wir einmal beim Thema sind, wer ist denn der Herr des Fleisches? Auch dieser Track besticht wieder eher durch seine Härte. Das sollte man jetzt nicht falsch verstehen, auch die hochmelodischen Momente gehören zu REVEL IN FLESH und zeichnen die Band aus. Aber letztlich macht’s ganz einfach die richtige Mischung, und die habt ihr wieder mal prima hinbekommen.

„Lord Of Flesh“ war eine der ersten Kompositionen, die Maggesson und ich gemeinsam für das neue Album geschrieben haben. Der Track enthält viel urtypische Death Metal Elemente und hat außerdem ein fast schon klassisches Rocksong-Schema. Die Lyrics sind aufgebaut wie eine Art Beschwörungsformel. Wir möchten das Mysterium um den „Lord Of Flesh“ jedoch nicht enthüllen, denn jeder wirklich Interessierte kann sich die Lyrics durchlesen und die Stimmung des Songs auf sich wirken lassen, damit gewisse Bilder im Kopf entstehen. Aber sagen wir mal nur so viel, der Typ ist ganz sicher kein netter Kerl, hahaha…

8. Sepulchral Passage

Hier starten die Jungs gleich mit richtig fetten Blasts und klingen verdammt nordisch. Dabei sind sowohl die Stimme als auch der Song an sich so richtig schön giftig. Seid ihr insgesamt ein kleines Stück Richtung Melodic Black gerückt, oder habe ich da vielleicht etwas an den Ohren?

Richtig erkannt! Der Song ist in gewissem Sinne ein kleines Liebäugeln mit den guten alten Melodic Black/Death Releases Ende der 90er. In dem Track steckt sehr viel Feeling, das mich an Bands wie VINTERLAND, UNANIMATED, MÖRK GRYNING etc. erinnert, aber eben auf die REVEL IN FLESH-Weise interpretiert. Der Track hat auch eine sehr kalte Aura.

9. Dead To This World

Beim letzten eigenen Song wird es dann nochmal richtig hymnisch und melodisch, wie bei den ganz Großen der Zunft. Hier unterstelle ich euch jetzt mal blankes Kalkül, denn so beenden alle Guten ihre Scheiben … Trotzdem muss ich da ein Kompliment loswerden, denn das ist einfach ein mächtiges Statement zum Abschluss der Scheibe!

Absoluter Volltreffer deinerseits! Das Ziel war es, zum Ende hin den Epic Faktor nochmals deutlich zu erhöhen. Und dabei ist ein abgrundtiefer Song mit Doom/Death Ambitionen herausgekommen, der dich richtig runter zieht. Es sollte einfach ein emotionsgeladener Abgang werden, und das ist uns denke ich auch gelungen.

10. Doctor Doctor

Absolut, aber da kommt ja noch einer, REVEL IN FLESH covern UFO’s „Doctor Doctor“. Da dachte ich ehrlich gesagt zunächst: Muss das wirklich sein? Denn hierbei handelt es sich ja eigentlich um einen Song, den man möglichst nicht antasten sollte. Aber „komischerweise“ funktioniert das Ganze überraschend gut im REVEL IN FLESH-Stil. Warum habt ihr euch für genau diesen Song entschieden? Was muss man beim Covern eines solchen Klassikers beachten, wie geht man da ran? Eines ist jedoch jetzt schon sicher: Sollte die Stimmung bei einem Gig von euch wider Erwarten mal absacken, dann zündet der hier auf alle Fälle.

Solche Ideen müssen aus dem Bauch heraus kommen und uns spontan einfach total Spaß machen. Es ist in der Tat so, dass wir allesamt auch einiges an altem Hardrock/Rock Kram durch die Boxen ballern lassen, wenn der „Deathkult“ zu Konzerten fährt. Dazu fließt das Bier halt immer noch am besten! Und dabei ist schon eine heimliche Liebe zu besagtem UFO Song entstanden. Mir ist klar, dass die Schenker-Vintage-Gitarren im Original nicht zu toppen sind. Aber ich finde, wir haben es durchaus geschafft, dem Song auf unsere Weise ein Stück REVEL IN FLESH zu verpassen. Es wird halt so ein Take-it-or-leave-it-Ding sein. Dan Swanö war von der Nummer spontan voll begeistert. In erster Linie machen wir das einfach weil wir Bock drauf haben und mehr steckt da auch gar nicht dahinter. Wir suchen also keineswegs zwanghaft nach etwas Massentauglichem.

Haubersson, darf ich dich zum Abschluss noch bitten, dein Fazit zu „Emissary Of Alle Plagues“ zu ziehen, ohne die üblichen Promo-Phrasen zu dreschen!?

Das Album ist für uns immer noch sehr frisch. Daher fehlt uns natürlich noch die notwendige Distanz, um ein Fazit zu ziehen. Ich denke jedoch, dass wir hier wirklich unser bisher melodischstes Werk vorgelegt haben, das jedoch nach wie vor unsere Death-Metal-Wurzeln in sich trägt. Den Hang zu Groove, Heaviness und Atmosphäre gab es auch schon auf „Death Kult Legions“, wobei das neue Album diese Entwicklung mit einem Hang zu mehr Melodie und Epik sozusagen fortführt. Für uns war das in gewissem Sinne ein logischer und natürlicher Entwicklungsprozess, bei dem nichts erzwungen oder gar kalkuliert wurde.

Da muss ich dir leicht widersprechen. Für mich ist „Emissary Of All Plagues“ nicht nur an den Wurzeln, sondern durch und durch Death Metal. Das Ganze wurde einfach nur etwas verfeinert mit noch mehr geilen Melodien und einer Prise Black Metal. Dabei ist eure Formel eigentlich recht simpel: Egal ob brutal, episch oder hochmelodisch. Wenn, dann richtig! Und man erkennt bereits nach wenigen Sekunden, dass hier eindeutig REVEL IN FLESH am Werk sind, und das ist auch verdammt gut so! Es gibt ja dieses etwas abgedroschene Fazit vom „ausgereiftesten Werk bisher“. Aber sorry, genau das trifft es auch hier am besten.

Danke Dir für dieses coole Special! Und alle Freaks, die ihren Death Metal gerne klassisch und leicht melodisch angehaucht mögen, sollten sich den 02.12.2016 quasi als D-Day für „Emissary Of All Plagues“ vormerken. Hail The Deathkult!!!

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, deswegen stehen hier als Fazit ja auch dick und fett 9 Punkte. Hat Spaß gemacht, Herr Haubersson..!

23.11.2016
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