Slayer - Christ Illusion

Review

Fünf lange Jahre sind vergangen seit „God Hates Us All“ und ich denke nicht, dass an dieser Stelle noch extra betont werden muss, wie gespannt die Metal-Welt auf das neue Werk der Schlächter war, zumal endlich auch wieder Dave Lombardo an den Drums tätig ist. „Christ Illusion“ heißt der aktuelle Streich und im Folgenden werde ich versuchen, die Qualitäten und Defizite des Longplayers aufzuzeigen.

Der Name SLAYER war sicherlich nicht immer mit Ruhm behaftet, vor allem, wenn man sich ihre letzten Ergüsse vor Augen hält und diese mit ihren früheren Glanztaten vergleicht. Und sein wir mal ehrlich, nach „Seasons In The Abyss“ haben die Totschläger kein einziges Album veröffentlicht, das komplett von vorne bis hinten überzeugen konnte. Entweder war es zu lahmarschig („Diabolus In Musica“), zu modern und angepasst harmlos („God Hates Us All“) oder einfach zu durchwachsen („Undisputed Attitude“ und „Divine Intervention“), mit zu vielen Auf und Abs.
Nachdem dann die Unkenrufe laut wurden, Dave Lombardo kehre zurück, wurden alle Anhänger und sogar Nichtanhänger der Band neugierig auf den neuen Stoff. SLAYER haben sich die Messlatte stets selbst sehr hoch gehängt und zuletzt in Bezug auf das aktuelle Album nicht selten eine ordentlich dicke Lippe riskiert, bei der sogar die heiligen Worte „Reign In Blood“ fielen. Nun, um das hier schon mal klar zu sagen: Vergesst das ganz schnell wieder! Diese Vergleiche sind absolut ungerechtfertigt und peinlich, denn solch ein Gnadenwerk schreibt man nur einmal im Leben, oder nicht!?

Nachdem SLAYER auf ihren letzten Alben eher dem Midtempo frönten, haben sie für „Christ Illusion“ nun endlich wieder etwas mehr Gas gegeben und schwingen eine mitunter gnadenlose Thrash-Metal-Keule der alten Schule. Ob das nun letztendlich am Rückkehrer Dave Lombardo liegt vermag ich nicht zu beurteilen, ist letztendlich aber auch egal und unwichtig, denn die Musik alleine zählt, nicht die praktizierenden Personen.

„Flesh Storm“ ist ein guter und flotter Einstieg in das Album und zeigt SLAYER von einer erstaunlich frischen Seite, die ich persönlich schon sehr sehr lange wieder herbeigesehnt habe. Typische SLAYER-Riffs und Gesangslinien, alles so wie der langjährige Fan es liebt und erwartet. Genauso weiter geht es mit „Catalyst“ und ebenso „Skeleton Christ“ kommt gut rüber und ich merke, wie es im faltigen SLAYER-Hoden bereits kribbelt. „Eyes Of The Insane“ bietet dann ein kurzes Durchatmen, lässt aber zum Glück trotzdem alle dämlichen und eigentlich SLAYER-fremden Experimente der vorigen Alben außen vor. Leider merkt man bei diesem Stück zum ersten Mal, dass Tom Araya doch nicht mehr der Jüngste und sein Lungenvolumen scheinbar etwas geringer geworden ist. Er wirkt oft etwas gequält und überanstrengt. Richtige Gesangsmelodien (egal wie einfach sie waren) wie z.B. noch auf „Seasons In The Abyss“ bringt er nicht mehr wirklich zustande. Er klingt teilweise sehr gepresst und außer Puste. „Jihad“ beginnt mit unüblichem Gitarrenspiel, steigert sich dann aber doch zu einem SLAYER-Track, wie man ihn sich wünscht. „Skeleton Christ“, „Consfearacy“ und „Black Serenade“ halten gut die Stange, gehören vielleicht nicht in die erste Liga, sind aber dennoch besser als alles, was diese Band in den letzten zehn Jahren verbrochen hat. „Catatonic“ fällt dann mit seinem verhaltenen Tempo etwas aus der Reihe. Das Riffing ist trotzdem richtig gut und lädt kräftig zum Headbangen ein. Nur die Gesangsmelodien sind für ein derartiges Stück nicht ausgereift genug, es plätschert alles einfach zu sehr dahin. „Cult“ spaltet dann nochmal ordentlich Schädel und pfeift dem Hörer gehörig die Ohrmuscheln durch. Der Rausschmeißer „Supremist“ ist ebenfalls vernünftige Kost und zeigt SLAYER sogar in leicht neuem Gewand. Ein kurzer Blastbeat wird eingebaut, inklusive einem Death-Metal-Lauf auf den Gitarren, was aber erstaunlicherweise wunderbar funktioniert. Leider trauen sich SLAYER das nur an einer Stelle des Liedes, welches im weiteren Verlauf zwar etwas abflacht, aber trotzdem noch oberes qualitatives Mittelmaß halten kann.

Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle, dass „Christ Illusion“ das erste Album dieser Band ist, auf dem ansatzweise echte Soli zu hören sind. Gab es früher nur obligatorisches Gequietsche und mitunter nerviges Gejaule, kann man hier die Solo-Strukturen richtig gut nachvollziehen.
Sänger Tom Araya hat jedoch seinen Zenit ganz klar hinter sich, macht aber dennoch einen akzeptablen bis guten Job. Der Sound ist für SLAYER-Verhältnisse richtig gut und vollmundig, auch wenn hier und da das Schlagzeug etwas dominant wirkt.

Alles in allem ist „Christ Illusion“ eine runde Sache geworden. Ein Album, das locker alle letzten Werke der Band in die Tasche steckt und ordentlich Arsch tritt, trotzdem aber keineswegs mit „Reign In Blood“ verglichen werden darf und auch mit „Seasons In The Abyss“ nur sehr bedingt mithalten kann.
Für die Zukunft bezweifle ich, dass SLAYER noch einmal eine derartiges Leistung abliefern können, wobei ich mich gerne eines Besseren belehren lasse. „Christ Illusion“ ist jedenfalls ein gutes Album geworden, das zwar schon nach „Seasons In The Abyss“ hätte erscheinen können und vielleicht auch sollen (wenn man so manchen Quark danach betrachtet), aber lieber zu spät als nie…

16.06.2007
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