Sulphur Aeon - Seven Crowns and Seven Seals

Review

SULPHUR AEON haben fünf lange Jahre seit ihrer letzten Opfergabe an die großen Alten ins Land ziehen lassen. Fünf Jahre, in denen „The Scythe of Cosmic Chaos“ nichtsdestotrotz wie ein Fels in der Brandung stand und von kaum einer anderen Death-Metal-Band erreicht, geschweige denn übertroffen wurde. Mit „Seven Crowns and Seven Seals“ schicken sich die Kultisten aus dem Ruhrpott nun selbst an, ihrem Meisterwerk Gesellschaft in solch luftigen Höhen zu liefern. Wer dachte, den fantastischen Vorgänger könne man nur noch schwer toppen, wird nun eines Besseren belehrt.

SULPHUR AEON sind immer eine Tentakellänge vor der Konkurrenz

Vergleiche mit Bands wie MORBID ANGEL und BEHEMOTH auf der todesbleiernen und DISSECTION auf der schwarzmetallischen Seite erübrigen sich inzwischen gänzlich. Zwar ist deren Einfluss nach wie vor auszumachen, doch schon auf „Gateway To The Antisphere“ haben die Lovecraft-Jünger begonnen, einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil zu etablieren, den sie nun auf Album Nummer Vier weiter festigen und ausschmücken. Dabei schaffen es SULPHUR AEON auf beeindruckende Weise, an den richtigen Stellen für Weiterentwicklung zu sorgen, ohne jedoch ihren Kernsound zu verwässern.

Und so geht es dann nach kurzem Intro auch gleich in die Vollen. Statt uns mit der Sense des kosmischen Chaos einen neuen Scheitel zu ziehen, gibt es erstmal eine grobe Schelle mit dem „Hammer From The Howling Void“. Obwohl das Stück in seiner Eindringlichkeit quasi mit der Tür ins Haus fällt, finden sich hier doch bereits alle Merkmale, die SULPHUR AEON anno 2023 ausmachen: Alles überrollende Riffwalzen und sogartige, leicht dissonante Leads treffen auf mitreißende Melodien, die dem Material eine unterschwellige doch allgegenwärtige Schwermut verleihen, während Sänger M. seine abgrundtiefen Growls immer wieder mit beschwörenden Anrufungen an die großen Alten paart.

Selbige trägt er auf „Seven Crowns and Seven Seals“ übrigens auch wieder punktuell in seiner tiefen Klargesangsstimme vor, ohne dass die Songs dadurch jedoch in irgendeiner Weise an Biss verlieren oder sein bösartiges Gurgeln und Keifen ins Hintertreffen geraten. Vielmehr gibt M. den finsteren Hohepriester, der sich im großartigen Titelstück in eine regelrechte Trance predigt und dem ganzen Pantheon von A wie Azathoth bis Y wie Yog-Sothoth seine Aufwartung macht. Und dann findet sich zwischen wie Flutwellen über die Kongregation hereinbrechenden Riffs und schneidendem Tremolo auch noch Platz für ein gefühlvolles Solo, das tief im Classic Rock verwurzelt ist und die Handschrift von Bandkumpel Laurent Teubl (CHAPEL OF DISEASE) trägt.

Etwas Mächtiges erhebt sich aus den Fluten

Das stets den Takt vorgebende, donnernde Schlagzeug rundet den massiven Sound von SULPHUR AEON ab und sorgt dafür, dass ritualistische Brecher wie „The Yearning Abyss Devours Us“, „Arcane Cambrian Sorcery“ und der neunminütige Komplettabriss „Beneath The Ziqqurats“ genauso gut in den Nacken gehen, wie sie einen mit offenem Mund ob ihrer schieren Erhabenheit drein glotzen lassen. Immer wieder manifestiert sich vor dem geistigen Auge ein Bild von etwas Gigantischem, unvorstellbar Mächtigem und Unbegreiflichem, das aus den tosenden Fluten emporsteigt.

Kaum eine Band setzt H.P. Lovecrafts kosmische Schreckgestalten musikalisch derart majestätisch und ehrfurchtgebietend in Szene wie SULPHUR AEON. Dabei verkommt das Konzept aber nie zum Gimmick, denn „Seven Crowns and Seven Seals“ hätte im internationalen Vergleich auch die Nase vorn, wenn es um die genretypischen Splatter- und Kriegsszenarien oder gar um die nicht enden wollenden Baustellen auf der A1 zwischen Dortmund und Bremen ginge, die ihre ganze eigene Form des kosmischen Horrors darstellen.

Die Verbindung aus Musik und Materie sorgt allerdings für feinstes Kopfkino, welches von SULPHUR AEON trotz eines klaren Kurses noch abwechslungsreicher als auf den Vorgängern inszeniert wird, während die unglaublich druckvolle doch gleichsam organische Produktion von Michael Zech und Simon Werner dieses Meisterwerk im angemessenen Soundgewand präsentiert. Schon jetzt ein Anwärter auf das Death-Metal-Album des Jahres; ach was, der nächsten Jahre. Und jetzt alle zusammen: IA! IA!

06.10.2023
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