Tribulation - Where The Gloom Becomes Sound

Review

Dunkelheit legt sich über die Bühne, das Kammerorchester spielt seine letzten Töne, und dann setzt eine mysteriös raunende Stimme ein. TRIBULATION haben sich in die Szenerie geschlichen und mit ihnen eine ganze Schar Fledermäuse, die nervös über den Köpfen der Zuhörer umherfliegen. Du öffnest die Augen, aber da ist nur Schwärze. Und der Saal füllt sich mit klanggewordener Finsternis. Die schwedischen Kinder der Nacht sind von weit unten, ihrem Album „Down Below“ zurückgekehrt und präsentieren ihr fünftes Studioalbum „Where The Gloom Becomes Sound“.

„Where The Gloom Becomes Sound“ ist klanggewordene Finsternis

Das macht seinem Namen alle Ehre. Jedenfalls dann, wenn Finsternis nicht notwendigerweise mit Black Metal gleichgesetzt wird. Denn „Where The Gloom Becomes Sound“ ist in Teilen weder schwarzmetallisch noch notwendigerweise metallisch. Es beginnt atmosphärisch, rockig zwar, aber verhalten. Einzig der harte Punch des Schlagzeugs und der düster raunende Gesang verraten, dass TRIBULATION eigentlich mal ziemlich heftig unterwegs waren. Aber es sind doch eher die gleichzeitig harmonischen und disharmonischen Gitarrenschichten, die die Atmosphäre des Openers „In Rememberance“ ausmachen.

„Hour Of The Wolf“ schmeichelt sich vielmehr mit einer Melodie ins Ohr des Hörers, wobei die langgezogenen Bendings auf den Gitarren gleichzeitig das Heulen der Wölfe und des Windes einfangen. Und dann legt sich aus der Ferne noch eine betörende weibliche Stimme darüber. Einfach schön. „Leviathans“ webt mit seinen gezupften, unverzerrten Gitarren einen dichten Klangteppich und implementiert Motive aus der klassischen Musik, hier nur auf der Gitarre gespielt. „Dirge Of A Dying Soul“ leiht sich die Grabesatmosphäre einer Band wie MY DYING BRIDE und verbindet sie mit einem rockigeren Fundament. Das Klavierstück „Lethe“ schließt die erste Hälfte des Albums ab – atmosphärisch, melancholisch, einsam.

Zwischen atmosphärisch und heftig

Die zweite Hälfte von „Where The Gloom Becomes Sound“ wiederum beginnt heftiger: „Daughter Of The Djinn“ stößt wie „Elementals“ in metallische Sphären vor, nicht aber ohne gezupfte Gitarren und eine melancholische Atmosphäre. FIELDS OF THE NEPHILIM haben hier gewiss einen ähnlich großen Einfluss wie IRON MAIDEN. Aber TRIBULATION vermengen das zu ihrem ureigenen Sound, bei dem die Einflüsse stets nur aufblitzen. „Inanna“ entwickelt sich langsam dräuend, während „Funeral Pyre“ mit einem vergleichsweise sehr direkten Metalriff beginnt und sich ansonsten sehr virtuos in den Gitarrenleads gibt. Bleibt das abschließende „The Wilderness“, das fast schon zuversichtlich klingt und noch einmal ins Gedächtnis ruft, dass man TRIBULATION auch schon mal als rockige Version von DISSECTION bezeichnet hat.

Wer „Down Below“ geliebt hat, findet in „Where The Gloom Becomes Sound“ einen würdigen Nachfolger. Mit einschmeichelnden Melodien, Hits, jeder Menge Virtuosität und Atmosphäre. Eine klare Empfehlung also, ohne dass das Album den Hörer notwendigerweise mit offenem Mund zurücklässt.

Nicht alles bleibt bei TRIBULATION so, wie es war

Dagegen macht die Tatsache, dass mit Jonathan Hultén der Hauptsongwriter dieses Albums die Band jüngst verlassen hat, um seinen eigenen Weg zu gehen, fast schon sprachlos (wenn man denn nur den musikalischen Aspekt betrachtet). Aber den Weg eines wahren Künstlers nachzuverfolgen, ist vermutlich genauso unmöglich, wie es bei der Flugbahn einer Fledermaus der Fall wäre. Und da TRIBULATION in Joseph Tholl erstklassigen Ersatz gefunden haben, bleibt der zukünftige Weg der Band spannend wie bisher.

02.02.2021

- Dreaming in Red -

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