Grizzly
Wir wollten keine komplizierte Diplomarbeit schreiben

Interview

Wenn wir schon gerade beim Entstehungsprozess sind. Warum der Name „Polaroids“? 

(Lacht) Es hat tatsächlich einen Hintergrund. Der Name ist nicht aus dem Nichts entstanden. Es hängt so ein bisschen mit unserer ersten Platte „Kidlife Crisis“ zusammen. Wir sind alle in einem Alter, wo man sich Gedanken darüber macht, ob alles so richtig ist, wie man es macht, ob die Werte, die man pflegt, die richtigen sind. Das haben wir so ein bisschen in „Kidlife Crisis“ thematisiert und ich meine, dass all die Zwiespalte und Ungewissheiten in der Zeit nach „Kidlife Crisis“ irgendwie geordnet und glattgebügelt wurden. In „Polaroids“ verarbeiten wir einfach, was in den letzten Wochen/ Monaten so passiert ist. Klingt zwar plump, ist aber so. Das beschreibt es mit dem Albumtitel sehr gut. Die Songs sind wie einzelne Bilder der letzten Jahre zu verstehen. „Polaroids“ ist kein Konzeptalbum, die Tracks haben nicht unbedingt etwas miteinander zu tun, sondern sind einzelne Bilder der Vergangenheit. Man muss sie als einzelne Werke sehen.

Und in frühester Vergangenheit gab es eine kleine, eigene Clubtour. Bisher alles super gelaufen? Seid ihr zufrieden?

Ja das war echt ziemlich cool. Die Tour läuft offiziell noch bis Mitte März 2018. Der erste Tourblock, neun Shows, lief komprimiert. Jetzt spielen wir, mit Pausen zwischendrin, an den Wochenenden noch Gigs.  Das Gefühl ist schon irre krass, weil es die erste Headliner-Tour ist. Man hat so ein bisschen das Gastgebergefühl. Alle Leute, die kommen, sind wegen dir da und wenn sie keinen Spaß haben, bist du Schuld. Und bisher ist alles auch gut gelaufen. So ganz schlimme Sachen sind nicht passiert (lacht).

Keine Aussetzer, keine Patzer?

Ja..hahaha…Was mir jetzt aber einfällt, ist eher etwas Lustiges. Und zwar bei einer Show in München zusammen mit den EMIL BULLS. Es war eine lange Nacht und dann der nächste Morgen: wir wachen in der Bandwohnung auf und stellen fest: Scheiße, einer von uns fehlt. Wir haben keine Ahnung wo er ist, dafür liegt aber jemand anderes, ungeplanterweise im Zimmer. Und dieser Jemand hat dann über Umwege herausbekommen, wo unser fehlender Mann steckt. Und zwar, ist der beim Christoph, beim Sänger von den EMIL BULLS, im Wohnzimmer aufgewacht. Das haben wir über drei Umwege erfahren und sind dann nach der Abschiedsshow unserer ersten, großen Tour als Support mit hängenden Köpfen morgens zum Sänger des Headliners gefahren und haben da dann unseren Frontman abgeholt. Christoph von den EMIL BULLS meinte noch so: „Echt geil. Ihr habt ne Moral. Bei uns in der Band hätten wir die Person liegen lassen.“ Das war eine geile Nummer.

Also passt ihr immer schön aufeinander auf?

Ganz genau. Aber ansonsten lief die Tour bisher echt schön, also die eigene. Die Shows waren bisher immer gut besucht, also kein Reinfall, was wir erst dachten und befürchtet hatten. Aber so hatten wir bisher ganz viele tolle Momente,weil das auch alles für uns neu war. Das geht über den direkten Kontakt zum Merchandise, bis hin zu, wie es ist neun Gigs am Stück zu machen und körperlich dann irgendwann am Ende zu sein. Alles ganz neu. Wir haben auch von allen Seiten unheimlich viel Support bekommen. Das ist gerade echt spannend alles. Und wir sind mega gespannt darauf, wie es, nachdem sich der Release-Hype gelegt hat, in den nächsten Monaten weitergeht. Alles was mehr wird ist super, alles was weniger wird, müssen wir akzeptieren.

Euer Sound ist keine schwere Kost. Ihr nennt es „Heavy Pop Punk“. Habt ihr euch den Sound gesucht oder hat er euch gefunden?

Also es ist definitiv so, dass unser Sound ein Zufallsprodukt ist. Das ist aber auch relativ selbst erklärend.Wir sind halt alle gute Kumpels, und jeder macht einfach das, was er am Besten kann.Wir haben einen Shouter auf der Bühne, der auch rappt. Wir haben jemanden, der total nach Thrash Metal aussieht, aber total clean singt. So gesehen, haben wir uns gefunden und haben einfach mal losgelegt. Das hat sich dann einfach so ergeben. Für uns war einfach nur klar, wir machen keinen Metalcore oder Pop-Rock. Wir stehen auf Sing-Alongs, wir stehen darauf, dass man sich an die Songtexte erinnert, wir stehen darauf, dass man in der Bahn oder im Auto sitzt und den Song im Kopf hat. Wir wollen etwas schreiben, wo die Leute danach grinsen und den Song singen. Wir haben nicht den großen, musikalischen Anspruch (lacht), so weh es mir auch tut, das zu sagen, aber wir wollen auch keine komplizierte Diplomarbeit schreiben.

Im Track „Parent’s Nightmare“ geht es um ein „Zwei-Klassen-Ding“. Erinnert mich etwas an AVRIL LAVIGNEs „Skaterboy“.

Jaaa…Das finde ich super.  Deinen Vergleich finde ich echt klasse. „Skaterboy“ ist ein super Song und die Frau verdient heute noch ihr Geld damit. Jeder kennt den (lacht).

Seid ihr denn Parent’s Nightmare oder eher das Gegenteil?

Hmmm….wenn überhaupt, sind wir glaube ich „Schafe im Wolfspelz“.  Wir sind grundsätzlich liebe Menschen. Der Track spielt nicht direkt etwas aus unserem Leben wieder. Eher so ein Erfahrungsbrei. Da spielen so Situationen mit rein wie: wenn ich als Metaller, und wie ich nun mal aussehe, in ein schickes Autohaus gehe, und sage: „Ich möchte mir dieses teure Auto kaufen“, dann wird man weniger Ernst genommen. Obwohl die Leute gar nicht wissen, ob man das Geld hat oder nicht. Und es gibt sicher den ein oder anderen, der unsere Musik hört, dem es vielleicht ähnlich geht, wie in „Parent’s Nightmare“.

In „Til Sunrise“ geht es dafür darum, welche Geschichten man erzählen kann, wenn man alt und grau ist. Hast du jetzt schon eine Story parat, die du deinen Enkelkindern erzählen würdest?

Oh. Das ist eine schwierige Frage. Letztendlich ist es glaub ich aber immer eine tolle Geschichte zu erzählen, dass wir alle mit Ende zwanzig, Anfang dreißig noch total viel Bock darauf hatten, mit einem vollgepackten, stinkigen Bus irgendwo hinzufahren, auf dem Küchenboden zu pennen, während andere sich überlegen, wieviel Geld sie noch in Bitcoins investieren. Oder, ah, jetzt wo ich im Probenraum stehe, fällt es mir ein: Wir haben seit kurzem einen fantastischen Sponsor: BITBURGER. Für uns ist das ein Olymp, diesen Partner erreicht zu haben. Wir müssen nämlich, solange der Vertrag mit Bitburger läuft, nie wieder für Bier zahlen (lacht). Das wäre eine Geschichte, die ich meinen Kindern erzählen würde. Das ich es erreicht habe, in meinen Zwanzigern jahrelang nicht für Bier zahlen zu müssen. Ich finde das total super.

Galerie mit 25 Bildern: Grizzly - X-Mas Bash Tour 2019 in Berlin

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Quelle: Dominik Würth / Grizzly
11.02.2018

It`s all about the he said, she said bullshit.

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