Immortal
"Blashyrkh und Immortal müssen weiter bestehen."

Interview

Seit dem Weggang von ABBATH vor einigen Jahren und dem anschließenden Disput mit Drummer Horgh, steht Gitarrist, Texter und Mitbegründer Demonaz alleine unter dem Banner von IMMORTAL. Nachdem er Ende der 1990er eine akute Tendintis (Entzündung der Sehnen) im Arm erlitt, war seitdem hauptsächlich als Texter, Manager und Interviewpartner für die Band aktiv. Nun schnallt er sich zum zweiten Mal nach „Northern Chaos Gods“ von 2018 wieder die Axt für die Schlacht im eisigen Norden von Blashyrkh um und übernimmt auch dieses Mal wieder den markanten Krächzgesang, für den die Band bekannt ist.

Hi Demonaz, ich kann mir vorstellen, dass du kurz vor Veröffentlichung des neuen Albums stark beschäftigt bist.

Ja, als das Album angekündigt wurde, war es so, als ob jemand eine Box geöffnet hätte und plötzlich jeder mit mir reden wollte. (lacht)

Aber es ist doch großartig, dass das Interesse an IMMORTAL nach so vielen Jahren immer noch so groß ist. Und es ist ebenfalls großartig, dass du mit einem neuen Album zurück bist. Seit „Northern Chaos Gods“ aus dem Jahr 2018 sind schon ein paar Jahre vergangen und ich hatte ein bisschen Sorge, dass danach vielleicht nichts mehr folgen würde. Umso mehr freue ich mich, dass du zurück bist. Wie kam es zu dieser Lücke zwischen den beiden Alben?

Danke, das ist schön zu hören. Es hat aufgrund der Pandemie ein bisschen länger gedauert als erwartet. Während der Pandemie ist jeder ins Studio gegangen und wollte während der letzten beiden Jahre ein Album veröffentlichen. Also hat es aufgrund dieser Künstler-Warteschlange seine Zeit gebraucht.

Die aktuellen Pressefotos zeigen nur dich als Gesicht der Band. Bist du jetzt das einzige verbliebene Mitglied von IMMORTAL?

Jep.

Und was war der Grund dafür, dass du dich dazu entschieden hast, das Ruder komplett alleine zu übernehmen?

Weißt du, wenn du seit ungefähr dreißig Jahren aktiv bist, ändert sich die Meinung einzelner Bandmitglieder zu manchen Dingen. Vielleicht wollen sie dann nicht mehr auf die gleiche Art wie du Teil der Band sein und haben andere Erwartungen. Ich denke, ich bin wohl übrig geblieben, weil ich nie aufgebe. Ich habe keine Pläne die Band aufzugeben und bin daher das einzig verbliebene Mitglied.

Dreißig Jahre sind ja auch nun mal eine lange Zeit und ich kann mir auch vorstellen, dass sich Meinungen und Menschen während dieser Zeit ändern können. 

Genau, du bist dann nicht mehr immer einer Meinung. Also muss man Entscheidungen treffen. Für mich müssen Blashyrkh und IMMORTAL weiter bestehen. Und der einzige Weg diesbezüglich bestand darin, die Führung zu übernehmen und die Band zurück auf den richtigen Pfad zu führen. Nach „All Shall Fall“ fühlte es sich so an, als ob das wahre IMMORTAL-Feeling nicht mehr da war. Der Gründe warum man eine Band gründet und sie dreißig Jahre lang am Laufen hält, sind der Spirit, die Leidenschaft und die Inspiration. Es ist ein Lifestyle und du kannst dich dem nicht nur an einem Tag im Monat verschreiben. Es braucht Zeit Musik zu schaffen und sich darin zu vertiefen. Ich wollte niemals aufgeben, aber nach „All Shall Fall“ waren der Spirit und das Gefühl halt nicht mehr da. Es hätte Kompromisse geben müssen und IMMORTAL können kein Kompromiss sein. Die Musik würde darunter leiden. Es ist sehr instinktive und eigenständige Musik und wenn du ein gutes IMMORTAL-Album machen willst, muss es konzentriert und aus dem Bauch heraus kommen. Das ist der Grund, warum ich immer noch da bin und ich hoffe, dass mir die Fans treu bleiben.

Und was bedeutet der Albumtitel „War Against All“ für dich? Ist es eine Kampfansage und Herausforderung an deine Gegner?

Wenn es eine Herausforderung an meine Gegner sein soll, trifft es das sehr gut. (lacht)

Ich denke, wenn du ein Album machen willst, brauchst du einen Plan. Und immer wenn wir ein Album gemacht haben, hatte ich den Titel vor Augen. Sei es „All Shall Fall“, „Battles In The North“ oder „At The Heart Of Winter“. Dieses Mal war es ein bisschen wie bei „Kill ’Em All“. METALLICA wollten nicht alle und jeden töten, aber das Album tötet alles. Mit so einem Titel bist du gegen etwas. Viel mehr steckt da eigentlich nicht hinter. Meine Texte waren nie politisch oder religiös und werden es auch nie sein. Es wird nie um Himmel und Hölle oder so gehen. Es ist mehr so, dass die Texte zur Musik passen müssen und du dich darin flüchten kannst. Genau so ist es beim beißenden Gitarrensound. All diese Details machen IMMORTAL aus. Wären Songs über den Sommer, wäre es nicht dasselbe.

Das stimmt. Und die Erfindung von Blashyrkh damals war ja auch eine sehr schlaue Idee, da eine imaginäre Welt immer tiefer erkundet werden kann und Inspiration für Texte liefert.

Ja, aber es nicht nur eine fiktive Welt. Es ist mehr wie eine Kraft. Der Schnee, das Eis, die Kälte…Es würde uns töten, da wir über diese Kraft keine Kontrolle haben. Die Erde könnte wieder einfrieren. Es gab sie schon so lange vor uns und es gab ja bereits Eiszeiten. Diese Kraft fasziniert mich. Wenn ich oben auf einem Berg stehe und den Wind spüre, fühlt es sich an, als ob alles passieren könnte. Diese Gefühl der grenzenlosen Kraft ist ein gutes Thema, um darüber zu schreiben. Ich mag Dokumentationen über die Natur, Tiere und all diese Themen.

Die rohe Kraft der Natur sozusagen.

Richtig. Mich interessiert die dunkle Seite davon.

Passend zum Albumtitel klingt die Musik wie bereits auf „Northern Chaos Gods“ wieder recht garstig. Härter wie zum Beispiel auf „All Shall Fall“. Liegt es daran, dass seit dem Weggang von ABBATH das Songwriting hauptsächlich in deiner Hand liegt und er damals mehr in die klassische Metal-Richtung gehen wollte, während du nun IMMORTAL zurück zu den finsteren und kalten Anfangstagen führen möchtest?

Ich denke, dass das was ich tue, natürlich ist. Ich schreibe Musik immer aus dem Bauch und dem Herzen heraus. Ich versuche nicht nur einzelne Songs, sondern ein ganzes Album zu schreiben. Als ich mit diesem Album angefangen habe, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was auf Seite A und B sein soll. Ich plane wie für eine LP. Als erstes schrieb ich „War Against All“ und dann „Return To Cold“. Nach ein paar weiteren Songs wusste ich bereits, dass am Ende ein langer Song stehen wird und am Anfang der schnelle Opener. Es ist wie ein Puzzle. Die Tracklist ist sehr wichtig für ein Album. Dass ich viele schnelle und intensive Songs habe, liegt daran, dass ich immer so geschrieben habe. Das sind dann wohl einfach meine Songs. Ich habe auf sechs IMMORTAL-Alben Gitarre gespielt und ABBATH auf vier. Wir haben damals die meiste Musik gemeinsam geschrieben. Und natürlich sind wir unterschiedliche Personen, also entsteht unterschiedliche Musik.

Das macht natürlich Sinn. Und da die neuen Songs wieder recht schnell sind: Spürst du manchmal noch die Probleme mit deinem Arm? Oder hat sich das vor langer Zeit regeneriert und du kannst die schnellen Riffs komplett frei spielen?

Nö, ich habe keine Probleme mehr mit meinem Arm. Ich hatte 2012 eine Operation und sie haben einen beschädigten Muskel wieder zusammengenäht. Danach gab es ein ganzes Jahr in meinem Leben, in dem ich keine Gitarre spielen konnte. Das war ein ganz schlimmes Jahr.

Freut mich zu hören, dass du keine Probleme mehr mit deinem Arm hast. Fühlst du dich denn gut dabei, dass du jetzt auch wieder zusätzlich den Job des Sängers übernommen hast?

Für mich war das ganz natürlich. Ich habe von Anfang an alle Texte geschrieben und wie ich bereits erwähnte, verändern sich die Dinge in einer Band nach dreißig Jahren. Mitglieder schmeißen hin oder es gibt Unstimmigkeiten bei wichtigen Dingen. Also muss eine Lösung her. Würde ich es nicht machen, gäbe es IMMORTAL nicht mehr. Ich habe einfach versucht auf die beste Art das weiterzuführen, was ich angefangen habe.

Das Album enthält auch den ersten selbstbetitelten Song von IMMORTAL.

Vor fünf Jahren bin ich aus Bergen aufs Land umgezogen. Es war schon lange ein Traum von mir ein Haus bei den Bergen zu haben, der endlich wahr geworden ist. Als die Gelegenheit kam, habe ich ein Haus gekauft und leben nun am Hardanger Fjord. Auf den Bergen dort liegt das ganze Jahr über Schnee. Der absolut perfekte Ort also, um Musik zu schaffen. Als ich umgezogen bin, musste ich natürlich auch meinen ganzen Kram mitnehmen. Darunter waren Texte, die ich bereits in den Neunzigern geschrieben habe. Der „Immortal“-Song war einer davon. Ich habe dann die Texte genommen und die Songs fertiggestellt, da ich dachte, dass nun die richtige Zeit dafür wäre. „Immortal“ hätte auch auf „Battles In The North“ stehen können. Es war einfach an der Zeit einen selbstbetitelten Song zu machen. Wenn ich es jemals tun möchte, dann jetzt. (lacht)

Wie siehst du als Veteran und Mitbegründer der „Second Wave“ die Black-Metal-Szene aus heutiger Sicht?

Da gibt es wohl nur eine Antwort. Ich bin mit 70er-Rock wie BLACK SABBATH, LED ZEPPELIN und DEEP PURPLE aufgewachsen Dann kamen auch IRON MAIDEN, KISS und AC/DC dazu. Mit der Zeit hörte man dann immer extremere Musik. Thrash Metal, Death Metal und Black Metal traten auf den Plan. Und als man dann mit siebzehn/achtzehn Jahren diese Platten gekauft hatte, war das einfach magisch. Das waren Götter. Man war begeistert von der Art wie sie spielten und von den Songs. Und wenn ich heutzutage CELTIC FROST, POSSESSED, SEPULTURA usw. höre, tue ich das immer noch als Fan. Wenn ich mir aber heute neue Musik anhöre, bin ich nicht mehr auf die gleiche Art beeindruckt. Man analysiert eher und genießt weniger.

Gibt es denn trotzdem neuere Black-Metal-Bands, die dich begeistern?

Nein. (lacht)

Das ist schade, denn es gibt schon ein paar echt gute Bands dazwischen. Aber nun zu der Frage, die zwangsläufig aufploppen muss. Werden wir IMMORTAL jemals wieder live erleben? Oder machst du es im Quorthon-Stil und es bleibt hauptsächlich eine Album-Erfahrung?

Es ist interessant, dass du den Vergleich mit Quorthon ziehst. Er ist meine größte Inspiration überhaupt. Er war derjenige, der mich in die richtige Richtung geführt hat. Die frühen BATHORY-Alben zu hören war wie eine Offenbarung. Wäre er mehr mit BATHORY aufgetreten, hätten wir vielleicht weniger Alben. Damit hat er die Band so besonders legendär gemacht. Es ist eine interessante Idee nicht mehr live zu spielen, aber gleichzeitig möchte ich es gerne, wenn ich dabei der Musik gerecht werden kann. Ich muss ein Meeting mit dem Management nach Veröffentlichung des Albums machen und es dann gemeinsam besprechen. Nicht mehr dieses Jahr, da jedes Festival bereits ausgebucht ist. Und ich muss die Mitglieder komplett neu aufstellen. Ich hatte nicht die Zeit, um alles zu arrangieren und zu planen, da es viele andere Dinge gab, um die ich mich kümmern musste. Aber jetzt bin ich frei und wenn das Album raus ist, kann ich mich um andere Dinge kümmern.

Gibt es denn Bands, mit denen du gerne touren würdest?

Puh, gute Frage. Ähm, ich weiß es gar nicht. Darüber müsste ich erst mal nachdenken. Du bist tatsächlich der Erste, der diese Frage stellt.

Ein oldschool-Package wäre doch cool. Vielleicht mit MAYHEM oder EMPEROR

Oder mit QUEEN oder ABBA.

Das wäre natürlich sehr interessant. Ich danke dir für dieses Interview. 

Danke dir ebenfalls für das Interview und das gute Gespräch. Bye bye.

Quelle: Phonecall mit Demonaz
25.05.2023
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