Lord Of The Lost
"Wenn wir unser LORDFEST 2024 in der Hamburger Sporthalle ausverkaufen, dann spielen wir „Bring Me To Life“ gemeinsam mit einer Rapperin."

Interview

LORD OF THE LOST bringen mit „Weapons Of Mass Seduction“ ihr erstes Coveralbum heraus. Da mussten wir bei Sänger Chris Harms natürlich nachfragen, warum sie sich gerade jetzt für diesen Schritt entschieden haben, insbesondere nach dem durch viele besondere Momente geprägten ESC-Jahr. Zudem stellten wir noch ein paar Songs aus unseren Gedanken zur Diskussion und insbesondere EVANESCENCE-Fans sollten jetzt mit dem Gedanken spielen, eine gewisse Konzertkarte zu kaufen. Doch lest selbst.

Hi Chris und danke dir für deine Zeit! Meinem persönlichen Gefühl nach erleben Coveralben von Metalbands in den letzten Jahren eine Art „Boom“. Wieso habt ihr euch dafür entschieden, jetzt eins herauszubringen. Wie lange schwelt die Idee schon in euch?

Ehrlich gesagt war mir nicht bewusst, dass es einen Cover-Album-Boom gibt. Wir haben schon lange den Wunsch dazu, allerdings erschien es uns immer als zu früh. Wir finden es furchtbar, wenn Bands ihre größten Erfolge nur auf Songs von anderen aufbauen, es gibt leider viele Beispiele dafür in der Vergangenheit. Bands, deren einzige Hits Songs sind, die bereits vorher Hits waren. Das wollten wir nicht. Wir wollten erst mehr als nur einen Achtungserfolg vorweisen, bevor wir diesen Weg gehen.

Als Dessert für „Blood & Glitter“ fühlte es sich dann final wirklich gut an, sowohl vom Timing, als auch vom Stil her, da sich das Cover-Album irgendwie noch anfühlt, wie ein Teil von „Blood & Glitter“. Wir haben bereits wenige Wochen nach Fertigstellung von „Blood & Glitter“ mit der Arbeit am Coveralbum begonnen, im Sommer 2022, da wir wussten, dass wir 2023 keine Zeit fürs Studio haben würden.

Worin liegt für dich der Reiz an Coversongs? Kann man ein Stück auch zu oft covern (ich schaue da zu „Smoke On The Water“ beispielsweise…)?

Jeder Musiker kennt dieses Gefühl, einen fremden Song zu hören und zu denken „Hätte ich diesen Song bloß selbst geschrieben!“, denn einige Songs gehen einem einfach genau so nah, als wären es die eigenen Emotionen. Oder sie sind einfach so mitreißend, dass man nicht einfach nur zuhören, sondern mitmachen würde. Und genau diesen Wunsch auszuleben, war das vorherrschende Ziel dieses Albums – unterm Strich habe wir das nur für uns selbst gemacht.

Und wie oft dabei eine bestimmte Nummer schon gecovert worden sein mag, das ist uns total egal. Generell sollte es einem als Künstler egal sein, was andere über das denken, was man macht. Nur so bleibt man authentisch, weil man nur aus sich selbst heraus agiert, nicht RE-agiert.

Wie habt ihr die Songs ausgesucht? Sind die Originale alles Favoriten von euch als Band?

Jeder von uns hat diese „Songs, die ich gern selbst geschrieben hätte“-Liste erstellt. So hatten wir dann irgendwann 40-50 Songs, aus denen ich dann final ausgesucht habe, welche Songs mit emotional am meisten liegen. Denn Nik mag zwar einen Song, den er nicht so fühlt ähnlich gut trommeln, wie seinen Lieblingssong, aber eine Stimme ist nun mal kein Schlagzeug, deshalb benötigt man hier doch eine etwas engere, emotionale Bindung zu fremden Songs. Also habe ich mich dann rein auf emotionaler Basis final für unsere 11 Coversongs entschieden.

„Weapons Of Mass Seduction“ ist ein griffiger Titel. Wie habt ihr euch ihn, abseits des offensichtlichen Wortspiels, ausgesucht und wie passt er zum Konzept?

Der Titel liegt schon seit Jahren in der Schublade, für einen Song, oder ein Album. Allerdings klingt er einfach viel zu arrogant und nach Eigenlob, für die eigene Musik, die eigenen Songs. Bei einem Cover-Album verhält sich das anders, der Titel ist ein ganz eindeutiger Hutzieher vor den originalen Songs und Artists. Und wir wollten zudem unbedingt vermeiden, als Albumtitel das x-te abgegriffene Wortspiel mit dem Wort „Cover“ zu machen.

Wie war die Herangehensweise an das Covern: Sollte der Song so klingen, wie wenn LORD OF THE LOST ihn geschrieben haben, oder wie habt ihr sie „umgebaut“?

Das haben wir ehrlich gesagt nie irgendwie festgelegt. Wir haben einfach gemacht… Unterm Strich besteht die Art Songs, die wir hier gecovert haben, aus vier Elementen: Rhythmik, Harmonie, Melodie und Lyrik. Das alles lässt sich sehr leicht analysieren und mit neuen Sounds in der eigenen Façon umsetzen. Wir haben die Originale genau so behandelt, wie Demos für eigene Songideen und einfach nach unserem Bauchgefühl umgesetzt. Absichtlich immer recht nah am Original. Wir stehen gar nicht auf Cover, die den Spirit und vor allem die elementaren Melodien und Harmonien des Originals versuchen, neu zu erfinden. Wenn man das will, dann sollte man unserer Meinung nach einfach eigenen Songs schreiben.

Welche Stücke kamen in die nähere Auswahl, haben es dann aber doch zugunsten anderer Songs nicht geschafft?

Ich kann mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern. Der Auswahlprozess war im Frühjahr 2022. Seitdem ist so ein bisschen was passiert bei uns. Mein Erinnerungsspeicher ist gut ausgelastet.

Wären auch Stücke deutschsprachiger Interpreten in Frage gekommen?

Wir haben das nie ausgeschlossen, aber bei allen von uns vorgeschlagenen Songs war kein deutschsprachiger Titel dabei.

Ich würde dir gerne ein paar Songs nennen und du kommentierst, wie spannend du es fändest sie zu spielen:

ALLIGATOAH – Willst du

Kenne ich nicht.

EUROPE – Carrie

Ich bin leider so Mainstream, dass ich von EUROPE tatsächlich nur den einen großen Hit kennen.

DIE TOTEN HOSEN – Pushed Again

Den habe ich total vergessen, das ist ein großartiger Song. Musikalisch kann ich mir das sehr gut vorstellen, allerdings weiß ich nicht mehr, worum es in dem Song textlich geht. Das müsste ich nachsehen, um eine Entscheidung zu treffen.

JAMES BLUNT – You’re Beautiful

Ich hatte jetzt sofort “Beautiful” von CHRISTINA AGUILERA im Kopf, den ich in der Tat covern würde. Der Blunt-Song ist ein richtig gut funktionierender Popsong, aber er ist mir zu süßlich, ich fühle die Nummer nicht.

PLACEBO – Every You Every Me

Der Song nervt mich leider extrem, bereits damals, als ich ihn als Abspannmusik bei “Eiskalte Engel” gehört habe, ging es mir so. Ich mag vieles von PLACEBO, aber die Harmonien von genau diesem Song gehen nicht durch mein Geschmacksraster.

EVANESCENCE – Bring Me To Life

Ja, jein, ich weiß nicht. Geile Nummer, aber hier müsste man die Gesangparts tauschen, damit es interessant wird. Ich würde dann den melodischen Gesang übernehmen und eine Rapperin für den Sprechgesang vorschlagen. Also, was darf’s sein? SHIRIN DAVID? KATJA KRASAVICE? DEINE COUSINE?

Wie baut ihr die Coversongs in eure ohnehin schon vermutlich schwierig zusammenzustellende Setliste auf den kommenden Shows ein?

Wir werden gen Ende der Show einen kleinen Party-Block einschieben, da wird es dann ein paar Cover am Stück geben.

Damit sind wir auch schon am Ende. Falls du noch „famous last words“ hast, ist hier die Gelegenheit dazu und ansonsten danke dir noch einmal für das Beantworten der Fragen und liebe Grüße aus Bremen, bis bald!

Wenn wir unser LORDFEST 2024 in der Hamburger Sporthalle ausverkaufen, dann spielen wir „Bring Me To Life“ gemeinsam mit einer Rapperin.

Quelle: Interview mit Chris Harms
25.12.2023

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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