The Crown
ULTRA FAUST VIKING PUNK!

Interview

Ladies and Gentlemen, aufgemerkt: Es gibt wieder knall- und knüppelharten Schwedentod auf die Ohren. Denn: Die schwedischen Death Thrasher THE CROWN rücken mit dem Nachfolger zu „Cobra Speed Venom“ an. Das neue Album trägt den Titel „Royal Destroyer“, der eventuell selbstreferentielle Titel kommt dabei nicht ganz von ungefähr. Denn eigentlich hätte die Platte der 1990 als CROWN OF THORNS gegründeten Band schon letztes Jahr anlässlich des 30. Bandjubiläums erscheinen sollen. Doch wie so oft dieser Tage hatte die Pandemie dem einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Wir haben uns THE CROWN-Gitarrist Marko Tervonen geschnappt und ihn dazu, zum neuen Album per se und noch vielem mehr befragt – und warum er aufgrund eines Songs auf dem Album einen Einsatz der Death-Metal-Polizei befürchtet.

Hallo Marko, erst einmal Glückwunsch zum neuen THE CROWN-Album. Wie geht es dir?

Danke, danke! Mir geht es gut. Ich mache derzeit eine ganze Menge an Interviews und kriege dadurch auch jede Menge Feedback von den Leuten. Derzeit [zum Zeitpunkt des Gesprächs, Anm. d. Red.] warten wir natürlich noch auf tatsächliche Reviews. Aber es ist richtig aufregend, mit Leuten wie dir zu sprechen und zu erfahren, wie ihr unser Album findet.

Wie haben sich die Aufnahmen zu „Royal Destroyer“ gestaltet?

Es sind gewiss besondere Zeiten, in denen wir derzeit leben. Aber wenn du erstmal sowohl körperlich als auch geistig im Studio bist, merkst du davon wenig. Aufgrund der Pandemie mussten wir die ursprünglich geplanten Aufnahmesessions nach hinten verschieben. Eigentlich hätten die Aufnahmen im Mai letzten Jahres sein sollen, denn letztes Jahr haben wir unser 30. Jubiläum gefeiert und wollten „Royal Destroyer“ entsprechend zu diesem Anlass veröffentlichen.

Aber dann kam natürlich die verdammte Pandemie, die Welt hat sich in den Lockdown verabschiedet und wir mussten unsere Aufnahmen verschieben. Aber als wir es dann letzten Endes in Angriff nehmen konnten, waren die Arbeiten sehr angenehm. Tatsächlich hatte die Verschiebung sogar etwas Gutes an sich, denn sie gab uns Zeit, etwas mehr über das nachzudenken, was wir da aufnehmen wollten. Und so haben wir noch einmal ein paar kleinere Änderungen vorgenommen, vor allem haben wir zwei Songs von der ursprünglich geplanten Trackliste entfernt und durch zwei Neue ersetzt.

Ich denke das war eine gute Sache. Natürlich war die Verschiebung der Aufnahmen in dem damaligen Moment eine ausgesprochen frustrierende Erfahrung für uns alle. Aber wenn ich jetzt zurückblicke, bin ich der Meinung, dass es uns und dem Album nur gut getan hat.

Wie hat sich diese Änderung genau geäußert?

Ja wir haben zwei Songs ausgetauscht gegen jeweils neue Tracks. Dadurch ist „Royal Destroyer“ ein insgesamt abwechslungsreicheres Album geworden. Es ist sozusagen die Post-Pandemic-Edition der neuen Platte. (lacht) Wir haben diesen etwas langsameren Track „We Drift On“ sowie den supermelodischen, superschnellen Rausschmeißer „Beyond The Frail“ hinzugefügt. Ich denke dadurch haben wir das Album mehr in eine Richtung gelenkt, in der keine zwei Songs der gleichen Blaupause folgen. Und darauf bin ich sehr stolz.

Ich war echt überrascht, als ich „We Drift On“ gehört habe. Der Song hat etwas Melancholisches an sich.

Ja. Darüber gab es eine Menge Diskussionen, als wir das Ding ausgearbeitet und geprobt haben. So Diskussionen der Marke: „Sind wir hier überhaupt richtig, ist das noch THE CROWN?“ (lacht) Aber je mehr wir ihn gespielt haben, desto mehr gefiel uns dieser Track. Und er hilft auch, diese Abwechlsung ins Album reinzubringen. Wir haben ja schon in der Vergangenheit etwas „entspanntere“ Tracks gemacht, haben uns dahingehend auch mal an das ein oder andere Instrumental herangewagt.

Ich hoffe, dass es eine positive Überraschung für unsere Hörer wird. Tatsächlich werden wir den Track nächste Woche sogar als Vorab-Single veröffentlichen [der Song ist zum jetzigen Zeitpunkt bereits online gegangen, Anm. d. Red.], sodass wir uns mental schon mal auf einen Shitstorm von Seiten der Death-Metal-Polizei vorbereiten können. (lacht)

Wobei ich nicht denke, dass THE CROWN jemals großartig mit der Death-Metal-Polizei in Konflikt geraten ist.

Generell ist eigentlich immer alles gut gewesen an dieser Front. Es gab immer wieder vereinzelte Songs hier und da, auf die unsere Hörer etwas irritiert reagiert haben, aber das gehört irgendwie auch dazu. Wir möchten einfach keine strikte Formel, nach der wir unsere Alben einfach nur herunter prügeln. Wenn wir in Stimmung für ein bisschen Rock ’n Roll sind, dann wollen wir ein bisschen Fucking Rock ’n Roll spielen. So ist es immer gewesen und so wird es wohl auch immer sein. Aber ja, wir sind eigentlich immer gesegnet mit guten Reviews und positivem Feedback.

Als ihr im Studio gearbeitet habt, habt ihr da gewisse Schwierigkeiten hinsichtlich Kontaktbeschränkungen überwältigen müssen?

Wenn wir ins Studio gehen, dann behandeln wir das natürlich wie eine typische Studioaufnahme. Ein Album wirklich live und direkt als Band einzuspielen ist natürlich der große Traum. Aber der Aufnahmeprozess zu „Royal Destroyer“ gestaltete sich praktisch ähnlich wie der zu „Cobra Speed Venom“. Du gehst einfach rein und knüppelst deine Parts ein. Wir sind uns da auch überhaupt nicht ins Gehege gekommen. Der ganze Aufnahmeprozess war tatsächlich sogar innerhalb von sieben Tagen erledigt.

Ich denke das hat auch damit zu tun, dass wir uns alle immer gut vorbereiten auf unsere Parts. Daher ist das so schnell und unkompliziert von der Bühne gegangen. Ich schätze mal dass man uns dahingehend die über 30 Jahre Erfahrung anhört. (lacht) Da baut sich im Laufe der Zeit von selbst ein gewisses Selbsbewusstsein, eine gewisse Sicherheit auf. Wir müssen da nicht durch jeden einzelnen Track gehen und kleinlich nach Fehlern suchen. Wir gehen da rein, suchen uns die idealen Sounds für unsere Instrumente bzw. hämmern die Drums auf einem organischen Kit ein – und irgendwie hat sich das einfach immer gut angefühlt. Knallt. Check. Nächster Song.

Ich denke diese Herangehensweise ist fast ein bisschen aus der Zeit gefallen. Es ist heutzutage relativ leicht, „perfekte“ Alben aufzunehmen. Du nimmst was auf, gehst dann in dein Programm rein und beginnst, alles zu bearbeiten. Das anstrengenste daran ist einfach die Zeit, die man investieren muss. Für mich sind superperfekte Alben wie diese aber uninteressant. Wenn ich mit einem Riff kämpfe, das ich „nur“ zu 99% hinkriege, dann reicht das aus. So spiele ich halt. Da besteht für mich kein Anlass, irgendwelche Studiomagie anzuwenden. Ich glaube einfach an ehrliche Arbeit im Studio.

Okay, dann habt ihr es aber hinbekommen, das Album so klingen zu lassen, als hättet ihr das Ding als Band in einem perfekten Take durchgeprügelt, weil es einfach so eine rohe Energie inne hat.

Danke. Das war auch das Ziel bei den Aufnahmen. Wir halten wenig von Überproduktion, aber wir haben uns immer vorgenommen, eines Tages tatsächlich mal ein Album direkt als Band einzuspielen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir das durchziehen könnten. Das Album fühlt sich für uns schon im wesentlichen „live“ an. Für einige Instrumente mussten wir hier aber mehrere Takes aufnehmen einfach aufgrund technischer Beschränkungen.

Das Gleiche hatten wir bei dem Gesang. Früher benötigte Johan [Lindstrand, Anm. d. Red.] mehrere Tage dafür, da wir ein paar kleinliche Perfektionisten waren, was seine Vocals angeht. Da kamen schon mal dreistündige Gesangs-Sessions für einen einzelnen Song dabei herum. Er hat dann immer einen Vers eingesungen, dann sind wir in die Aufnahme gegangen und haben uns das angehört. Das hat einfach ewig gedauert.

Aber bei „Royal Destroyer“ spielten wir das Album bei den finalen Proben vor den Aufnahme-Sessions am Stück durch. Und dabei fiel mir einfach auf, dass Johan richtig gut klang. Das war praktisch schon reif für die Platte, er musste das also praktisch nur noch im Studio abrufen. Und so war es dann auch. Er ging da rein, sang seine Parts Song für Song ein und es lief richtig gut. Speziell „Glorious Hades“ enthält meiner Meinung nach eine seiner besten Gesangsdarbietungen überhaupt. Es klingt einfach so verdammt gut.

Wie fühlt sich das an, ein Album in eine solche Zeit hinein zu veröffentlichen, das förmlich danach schreit, auf die Bühne gebracht zu werden?

Es ist frustrierend. Wir sind da natürlich nur eine von unzähligen Bands, die darunter zu leiden haben. Aber so ist das nun mal dieser Tage. Stell dir vor, du nimmst ein Album auf, hast es super eingespielt, dann vergeht ein Jahr bevor du es endlich live auf die Bühne bringen kannst, und plötzlich kriegst du es einfach nicht mehr hin. (lacht) Natürlich ist es frustrierend.

Für unsere ursprüngliche Planung war eine Release-Party vorgesehen. Wir wollten auftreten und das gesamte Album Track für Track live spielen. Wir wollten das Ding richtig hart hochgehen lassen. Aber … nun ja, es ist ein bisschen anders gekommen. (lacht) Es gab noch Diskussionen darüber, wie ein „Plan B“ aussehen könnte mit einem Streaming-Konzert. Bin aber nicht so sicher über diese Art von Shows. Es ist nicht das gleiche wie eine richtige Live-Show, wo man das direkte Feedback von den Fans bekommt. Lass uns also hoffen, dass die Impfung so schnell wie möglich kommt.

Ja, ihr in Schweden könnt euch was das angeht kaum peinlicher anstellen als wir in Deutschland.

Ich fürchte ja generell, dass 2021 in etwa genauso schlimm wird wie 2020. Es wird glaube ich kaum irgendwo schnell genug geimpft, dass die Pandemie über Nacht enden wird. Und wenn dann noch die ganzen Mutationen dazukommen, wo unklar ist, ob die Impfung wirklich dagegen anschlägt, dann bekommt man es schon mit der Angst zu tun.

Ich bin natürlich kein Experte, aber Mutationen von Viren sind nun mal üblich, egal ob es jetzt COVID oder etwas anderes ist. Es ist einfach so furchterregend, dass das Virus jetzt schon wie wild mutiert, wo wir noch nicht mal die gesamte Bevölkerung schützen können. Da denkt man fast, dass man bald noch eine weitere, andere Impfung braucht zuzüglich zu der aktuellen. Ich weiß es aber nicht. Lass uns einfach auf bessere Tage hoffen.

Wenn ich mich recht entsinne hat Schweden relativ spät auf die Pandemie reagiert. Wie ist das bei dir angekommen?

Ich denke jede Nation, jede Kultur hat eine andere Auffassung dazu, was immer so ein bisschen vom generellen Mindset und den Traditionen abhängen mag. Es ist für uns alle etwas neues. Es gab ja Nationen, die komplett durchgedreht sind und sofort alles dicht gemacht haben. Schweden hat einen Mittelweg gesucht, was in vielerlei Hinsicht gut war, denke ich.

Aber unglücklicherweise haben wir, was den Schutz der Älteren in den Pflegeheimen angeht, total versagt. Denn dort ist die Situation wirklich hässlich geworden. Da hat es eine große Anzahl an Toten gegeben. Schweden hat generell versucht, diesen Mittelweg zu gehen, indem die Bürger nicht von vornherein in den Lockdown gezwungen worden sind, sondern ihnen den Lockdown eher empfohlen hat.

Es war ein bisschen seltsam, speziell wenn man sich die Verhältnisse in anderen europäischen Nationen wie Deutschland oder Norwegen anschaut. Das erfährt man ja auch alles über das Internet und fragt sich dann als Schwede: „Woah, was geht da denn ab? Ist das wirklich notwendig?“ Aber das ist halt eben die Sache: Da dies für uns alle eine ungewohnte Situation ist, kann keiner wirklich sagen, was die richtige Reaktion hierauf ist. Jeder hat also auf seine Weise darauf reagiert. Mittlerweile sehen die Dinge in Schweden wieder besser aus, aber das macht die schlimme Versorgung der Älteren nicht besser.

Ich denke die mangelnde Versorgung der Älteren ist kein exklusiv schwedisches Problem. Wir zum Beispiel haben das gleiche Problem, obwohl wir viel früher in den Lockdown gegangen sind.

Ja es ist seltsam. Ich habe einen Freund in Irland und die haben ganz anders reagiert. Ich habe fast den Eindruck gewonnen, dass die Leute dort in blinde Panik verfallen sind. Aber ich möchte niemals in der Position sein, um eine so gravierende Entscheidung treffen zu müssen, welche die Lebensweise eines Volkes über Wochen, wenn nicht: Monate hinweg bestimmt.

Es ist einfach so eine große Maschine mit so vielen ineinandergreifenden Zahnrädchen. Gewisse Institutionen eines Staates müssen einfach funktionieren, damit das System nicht auseinanderbricht. Jeder Staat benötigt Geld und nach der Pandemie wird es eine Vielzahl von Ländern geben, die immense, finanzielle Probleme haben werden. Das ist so ein kompliziertes Gebilde, da brauchst du nur einen Kieselstein an der richtigen Stelle reinwerfen, um das Ding ins Wanken zu bringen.

Wenn man den Luxus hat, sagen zu können, dass man von zu Hause aus arbeiten kann, dann denke ich verträgst du als Bürger eine solche Situation besser. Aber viele essentielle Berufe wie Straßenreiniger müssen einfach rausgehen. So viele Dinge bedürfen einfach harter Arbeit. Das ist alles sehr schwer.

Welche genauen Pläne hattet ihr zur Feier eures 30. Jubiläums, um mal wieder zu THE CROWN und „Royal Destroyer“ zurück zu kommen?

Ja, wie gesagt: Wir hatten vor, das Album anlässlich unseres 30-jährigen Jubiläums zu veröffentlichen. Wir wollten ein dreistündiges Konzert spielen, alle Songs die wir je aufgenommen haben wollten wir live spielen. (lacht) Daraus wollten wir dann eine Live-Aufnahme machen und einfach nur Spaß damit haben. Dann wurde all das gecancelt, sodass wir da standen, frustriert waren und uns wunderten, was wir aus der Situation machen können.

Nun ja, jetzt feiern wir halt unseren 31. Geburtstag. (lacht) Ich glaube aber nicht, dass die Leute das so eng nehmen werden. Immerhin haben wir wichtigeres um die Ohren wie eine globale Pandemie, mit dem wir uns alle herumschlagen müssen. Schauen wir also mal, was wir hieraus machen können. Wir möchten definitiv etwas Kreatives und Spaßiges tun, um das Jubiläum zumindest für uns noch nachzufeiern.

Wenn du mal zurückdenkst an euer 25. Jubiläum: Was hat sich in der Zwischenzeit für THE CROWN geändert, abgesehen von der Pandemie? Falls sich überhaupt irgendetwas geändert hat.

Ich denke unser Mindset und unsere Herangehensweise an Musik im Allgemeinen hat sich praktisch sei 1995 nicht geändert. Auf einigen Alben sind wir mit verändertem Lineup aufgetreten, aber ich denke da hat sich insgesamt wenig geändert im Sound von THE CROWN. So wenn ich an diverse Aufnahmen inklusive der neuesten denke, dann sind wir immer noch im Mindset drin, in dem wir schon drin gewesen sind seit wir 20 Jahre alt [im Sinne von Alter der Bandmitglieder, nicht der Band, Anm. d. Red.] waren.

Es ist wirklich die exakt gleiche Herangehensweise an unsere Musik. Vielleicht ist das gut, vielleicht aber auch nicht. Ich weiß es nicht. „Forever Young“, nicht wahr? (lacht)

Ich denke es ist immer gut, wenn sich eine Band eine jugendlichen Spirit bewahren kann.

Ja, bei dem Scheiß, mit dem wir uns in der modernen Welt immer herumschlagen müssen, musst du einfach zusehen, wie du Spaß haben kannst. Deswegen will auch keiner von uns, dass das ganze THE CROWN-Ding jemals zu mehr als nur einem Hobby wird. Wir wollen uns da nicht verpflichten. Sonst würde es uns wahrscheinlich mittlerweile nicht mehr geben. Bislang sind wir damit gut gefahren und jeder von uns hat Spaß dabei.

Das schlimmste sind wohl Bands respektive Künstler, die von ihrer eigenen Musik gelangweilt sind.

Es gibt sicher eine Menge Bands, die wünschen, dass sie aufhören könnten. Aber das ist nicht immer so einfach. Nimm zum Beispiel eine Band so im mittleren Popularitätsbereich, deren Mitglieder ihr gesamtes Leben um deren Dasein als Band herum organisiert haben. Die kommen gerade so mit ihrer Musik über die Runden, aber auch nur, weil sie vielleicht 200 Shows im Jahr spielen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das sonderlich viel Spaß macht.

Daher denke ich, dass wir in einer relativ guten Ausgangsposition sind. Wir haben uns zwischenzeitlich sogar kurz aufgelöst bzw. eine Pause eingelegt. Naja, es war eigentlich damals schon so etwas wie das Ende von THE CROWN, wir hatten eigentlich nicht vor, weiter zu machen. Aber das war wichtig für uns, denn jeder von uns war so in der Lage, sein Leben in Ordnung zu bringen, also uns um Ausbildung, Job und Familie zu bemühen. Als wir dann zurückkamen, hatten wir sozusagen jeder sein „echtes“ Leben an der Seite der Band.

Für uns ist das eine extrem vorteilhafte, glückliche Situation. Wir hätten diese Notwendigkeit vermutlich nie gesehen, wenn wir nicht diesen Break eingelegt hätten. Und jetzt funktioniert THE CROWN einfach in einer deutlich ausbalancierteren Art und Weise. Wir begannen mit 14 damit, unsere Instrumente zu spielen. Und bis 2004, bis zu dieser Auflösung, gab es für uns nichts anderes als Band, Band, Band, Tour, Tour, Tour. Aber jetzt hat jeder von uns für seinen Ausgleich gesorgt und kann bei den Arbeiten geistig gesund und hungrig auf unsere Musik bleiben.

Ihr musstet also wie jeder andere auch lernen, auf euch selbst und euer Wohlbefinden aufzupassen.

Exakt. Du musst deine Balance finden. Denn wir möchten Alben machen und live spielen, aber es darf nicht überhand nehmen, sodass meine Familie darunter leider und ich plötzlich mit einer Scheidung dastehe oder so. (lacht) Da muss ein Ausgleich stattfinden. Und nur so kann eine Band wie THE CROWN funktionieren. Man muss seine eigenen Ressourcen als Mensch immer im Blick behalten, mentale wie auch körperliche Gesundheit.

So vor fünf oder sechs Jahren habe ich mich entschlossen, besser auf mich selbst aufzupassen. Dazu gehören körperliche Auslastung durch Training, bewusste Ernährung – das hat alles zu großen Änderungen in meinem Leben geführt. Und das war alles zum Besseren, es hat mich gestärkt und mir hoffentlich ein paar extra Lebensjahre geschenkt. (lacht)

Spürt ihr beim Schreiben – hier speziell im Falle von „Royal Destroyer“, das sich so ein bisschen wie ein „Greatest Hits“ im übertragenen Sinne anfühlt – eigentlich so etwas wie Nostalgie, wo wir vorhin vom fortwährenden, jugendlichen Spirit sprachen?

Ich denke bei der Arbeit mit THE CROWN herrscht durchaus ein bisschen Nostalgie vor. Es ist eigentlich nichts, was wir erzwingen möchten, sondern es kommt einfach so beiläufig. Zum Beispiel wenn wir neue Songs diskutieren und ich Magnus [Olsfelt, Bass, Anm. d. Red.] ein paar Songideen zeige, dann fangen wir an darüber zu reden, an welche Klassiker diese Ideen uns erinnern.

Es ist fühlt sich nicht wie ein Zwang zur Nostalgie an, aber sie ist ein Bestandteil unseres Arbeitsprozesses. Denn der Death Metal der frühen Neunziger hat einfach seinen Weg in all unsere Herzen gefunden. Daher bedeutet diese Ära eine Menge für uns und hat uns entsprechend stark beeinflusst. Ohne diesen Death Metal wären wir heute nicht die Musiker, die wir sind. Wir stehen sozusagen immer mit einem Fuß im Death Metal der Neunziger.

Mit der Zeit kommen selbstredend immer neue Einflüsse hinzu, man steht als Mensch natürlich nicht still. Aber diese Kernsubstanz wird immer ein Bestandteil von uns sein. Wir sind natürlich durch unsere Diskografie hinweg nie wirklich konsistent bei einem Sound geblieben, aber das macht es irgendwie auch immer interessant, da es ständig etwas zu entdecken gibt.

Das ist auch das Starke an „Royal Destroyer“: Es hat etwas von allem, was THE CROWN ausmacht. Es beginnt zum Beispiel mit dem Eineinhalb-Minuten-Brecher „Baptized In Violence“ und geht direkt über in den fast schon epischen Thrasher „Let The Hammering Begin“. Aber es klingt trotzdem sehr einheitlich.

Ich denke das ist tatsächlich etwas, was wir als Band wirklich schätzen können. Wir haben, speziell hier mit „Royal Destroyer“, immer darauf geachtet, dass pro Album keine zwei Songs auf der gleichen Blaupause beruhen. Du hast, wie du schon erwähnt hast, diesen verfickt harten Opener bei dem die Intensität direkt auf 11 hochgedreht worden ist, dann folgt der vielschichtige Thrasher, weiter im Album gibt es dann einen schwer groovenden Track, einen Thrash ’n Roller, das melancholische Stück, von dem wir es eben hatten.

Wir versuchen einfach, verschiedene Vibes einzufangen. Und wenn du das durchziehst und rückblickend von dir sagen kannst, dass du zufrieden damit bist, dann fühlt sich das fantastisch an. Es ist halt auch verdammt schwer, ein Album so zu konzipieren. Es wäre deutlich einfacher, wenn mir jemand sagen würde: „Hey Marko, kannst du so zehn Thrasher einkloppen?“ Könnte ich natürlich machen, bedeutet aber nicht, dass das Ergebnis am Ende sonderlich großartig wäre.

Es ist wirklich wichtig, Ideen zu einem Song immer direkt aufzuschreiben. Denn oft ist man durch einen speziellen Moment im täglichen Leben einfach inspiriert, und dann muss man diese Inspiration einfach irgendwie festhalten, Sachen wie schöne Instrumentals, epische Doppel-Leads, was auch immer. Und diese muss man dann den Bandkollegen zeigen, damit man Feedback bekommt und im Bestfall darauf aufgebaut werden kann. Abwechslung ist wirklich das Wichtigste.

Ich denke das kann auch eine musikalische Einstellung aus den Neunzigern sein, so das METALLICA-Mindset. Wenn du dir beispielsweise deren „Black Album“ anhörst, da herrscht eine immense Abwechslung innerhalb der Trackliste vor. Die Intensität variiert zwischen den Songs ständig und das mag ich. Ich habe ein Problem damit, Alben zu hören, bei denen ich nach drei Songs das Gefühl bekomme, dreimal den gleichen Song gehört zu haben.

Wer oder was ist der „Scandinavian Satan“?

Das ist tatsächlich gar nicht mal so leicht zu sagen. Dafür muss man ein bisschen weiter ausholen. Magnus kam auf die Idee für den Song aufgrund einer alten, nordischen Geschichte namens „Völuspa“, die wir in der Schule lesen mussten. Und da gibt es dieses Gedicht oder Kapitel, wie auch immer man es nennen mag, in dem es um das Ende der Welt geht mit allen möglichen, nordischen Göttern und seltsamen Kreaturen.

Und er hatte die Idee, darauf aufzubauen und das mit der Musik zu kombinieren. Und die Musik dazu ist sehr, sehr primitiv, fast so geschrieben wie ein Track aus der ersten Welle des Black Metal, als dieser noch so mit Rock ’n Roll geflirtet hat. Denke nur mal zum Beispiel an VENOM. Es ist ein sehr simpler Song mit dem gleichen Riff für Vers und Refrain. Und diese Urtümlichkeit benötigte einfach etwas Altertümliches als Text.

Da kam Magnus auf die Idee, diese Passage als Textgrundlage zu zweckentfremden. (lacht) Ich weiß, dass er das Wort „Scandinavian“ im Arbeitstitel verwendet hat, da er eine Schwäche für diese alte Hardcore-Punk-Band ANTI CIMEX hat. Das ist eine sehr alte schwedische Punk-Band, die ein Album namens „Scandinavian Jawbreaker“ hatte. Irgendwie hat ihn das bei der Titelfindung beeinflusst.

Das führte auch noch zu etwas weiterem, nämlich den in schwedisch gesungenen, zweiten Vers des Songs. Und in diesem Vers taucht das auf, worum es in dem Song und letzten Endes auch im Quellenmaterial geht: Etwas lässt die Welt untergehen. Und nun ja, jedes gute Album braucht irgendwo einen „Satan“. (lacht) Also haben wir im wesentlichen 1 und 1 zusammengerechnet und sind auf „Scandinavian Satan“ gekommen. Und der Titel geht halt auch gut von der Zunge.

Worum geht es auf „Motordeath“?

Ja, das war praktisch mein Arbeitstitel für diesen Track. Ich dachte da an METALLICAs „Motorbreath“. Da war ich tatsächlich mit meinem Sohn am jammen. Ich erinnere mich auch gar nicht mehr, ob die Idee zum Titel von mir oder von ihm stammte. Aber irgendwer kam dann auf die Idee, aus „Motorbreath“ einfach „Motordeath“ zu machen. Das hat sich dann einfach verselbstständigt.

Und als Johan den Text dazu geschrieben hat, hat er den Titel einfach beibehalten und ist damit volle Kanne ins „Mad Max“-Territorium vorgedrungen. Weißt schon, mit den Muscle Cars, Staubwolken und dem Zeug. Und die Lyrics basieren halt auf dieser Thematik. Es passt auch, ein schneller Thrasher, der gerne mal ein bisschen hässlich werden kann – im positiven Sinne.

Ich denke der Song hat auch ein Stück weit das Rock ’n Roll-Feeling, das du vorhin erwähnt hattest.

Ja definitiv. Es ist cool, wenn man das in den Song einbringen kann. Der Song hat dadurch ein anderes Feeling als wenn wir ihn einfach nur so ohne Schnörkel herunterschrubben würden. Wenn man diese Kombination aus diesem Rock ’n Roll-Feeling und den High-Speed-Drums hinbekommt, dann ist das Ergebnis ein wilder Trip durch das Ödland. Und so soll es auch sein – so soll THE CROWN klingen.

In „Ultra Faust“ ist der Begriff „Viking Punk“ im Refrain enthalten. Was oder wen genau meint das? Meint ihr damit sogar euch selbst?

Du bist tatsächlich der Erste, der mich darauf anspricht. (lacht) Wir wollten eigentlich nur diese beiden Worte kombinieren, weil sie sich zusammen einfach so cool anhören. Ich mein, was soll ein „Viking Punk“ bitteschön sein? (lacht) Hat das was mit der Death-Metal-Szene zu tun? Bezieht sich das auf unsere Heimat in Schweden? Es wurde einfach ein cooles Ding, wo sich einfach nur die Aneinanderreihung der Worte „richtig“ angefühlt hat, besonders in Kombination mit „Ultra Faust“, woraus dann die Zeile „Ultra Faust Viking Punk“ entsteht.

Und ich weiß, was das deutsche Wort „Faust“ bedeutet, da macht das gleich viel mehr Spaß, „ULTRA FAUST VIKING PUNK“ zu brüllen. Manchmal suchen wir weniger nach Sinn oder Kontext in unseren Songs und mehr einfach nur nach Dingen, die sich cool anhören. Wir sind froh, dass Magnus da sehr clever im Spiel mit Worten ist. Ich glaube er hat seit ich denken kann fast alle Alben benannt. Er ist im richtigen Leben Psychotherapeut, spricht also dafür, dass er ziemlich klug ist. (lacht) Er kann halt auch einfach gut mit Sprache umgehen.

Übrigens ging auch „Cobra Speed Venom“ auf seine Kappe. Wir standen da alle so um ihn herum und dachten nur: „WHAT?!“ Aber dann haben wir es erstmal für einen Monat oder so sacken lassen und haben gemerkt, wie geil dieser Titel eigentlich ist. Das ist so ein typisches Magnus-Ding, er wandert immer gerade so auf dem Grat, wo es von spektakulär zu cheesy übergeht, ohne diesen in Richtung Cheese zu überschreiten.

Ich meine, dass „Royal Destroyer“ genauso gut auch euer Bandname hätte werden können. Aber THE CROWN hat mehr Klasse und klingt einfach geiler.

Ja, es war eigentlich immer THE CROWN für uns. Manche haben uns immer wieder mal die Königlichen Fünf [„The Royal Five“ im O-Ton, Anm. d. Red.] genannt, was ein ziemlich cooler Beiname ist, der auch einen Bezug zum Bandname hat. „Royal Destroyer“ würde auch gut klingen als Bandname, klar.

Es ist irgendwie fast schon beeindruckend, dass ihr euch das Wort „Royal“ für so lange aufgespart habt, um nun anlässlich des 30. Jubiläums von THE CROWN damit aufzufahren.

Ja das bezieht sich natürlich auf unseren Bandnamen. Und tatsächlich wollten wir damit auch diesen besonderen Anlass feiern – 30 oder halt 31 Jahre THE CROWN. Wir haben für das Cover auch Gelb- und Blautöne verwendet, da dies die Farben Schwedens sind und Schweden ja eine Monarchie ist.

Apropos Cover-Artwork: Mir ist aufgefallen, dass die Farbgebung ähnlich ist wie die von „Cobra Speed Venom“. Steckt da der gleiche Künstler dahinter?

Das ist tatsächlich der selbe Künstler [Christian Sloan Hall, Anm. d. Red.], der „Cobra Speed Venom“ designt hat. Wir waren wirklich glücklich mit dem, was er mit „Cobra Speed Venom“ geleistet hat. Daher wollten wir die Zusammenarbeit mit ihm fortführen. Und als der Albumtitel feststand, hatte Magnus die Idee, einfach mal komplett zu übertreiben und volle Kanne auf Epik abzuzielen. (lacht)

Hall hat dann Monate an dem Cover gearbeitet, weil er mit der Hand zeichnet. Es ist quasi ein Old-School-Artwork. Und wir haben dann diesen Typen darauf, nennen wir ihn halt einfach mal den „Viking Punk“. (lacht) Er gräbt diese Krone auf übertriebene Art aus. Und ein richtig cooles Detail vom Cover ist, dass das, was du auf dem Frontcover siehst, nur die Hälfte von dem eigentlichen Kunstwerk ist. Du siehst das vollständige Bild auf der Gatefold-LP, wenn du es aufklappst. Das ist ein bisschen Old-School-Thinking, aber das bevorzugen wir einfach.

Sowas liebe ich ja! Das erinnert mich an die britische Doom-Band CATHEDRAL, die das auch immer gemacht hat.

Exakt. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Wie hieß das eine Album noch mal? „Equilibrium“ irgendwas?

„Fores Of Equilibrium“ war das.

Stimmt. Uns war so etwas einfach wichtig. Denn speziell heutzutage sind die Kids ja mehr daran gewöhnt, das Cover als Icon in ihrem Spotify-Player zu sehen. Da gerät die Kunst dahinter vollkommen ins Hintertreffen. Aber wir legen eben noch Wert auf diese Dinge.

Wobei ich definitiv zugeben muss, das Spotify durchaus praktisch ist, wenn man sich einfach nur mal eine Playlist für zwischendurch anlegen möchte. Aber ich bin jemand, der sich Musik, die er mag, dennoch separat physisch zulegt.

Oh ja, ich liebe Spotify. Wir möchten weiterhin das Publikum erreichen, das die altmodische Herangehensweise an Musikkonsum schätzt. Ich selbst bin auch jemand, der sich ständig die Lieblingsalben zulegen muss. Ich liebe es einfach, auf das Cover zu schauen und die ganzen, kleinen Details zu finden, die überall versteckt sind. Dann gehst du durch die Dankeslisten und merkst erstmal, wie viel auch im Hintergrund bei der Produktion eines Albums abgeht. Und ich denke so schnell wird das auch nicht aussterben.

Aber heutzutage sind Dienste wie Spotify einfach etwas Praktisches, was aus dem modernen Leben aktuell nicht wegzudenken ist. Ich habe mit Mitzwanzigern gesprochen, die sich noch nie in ihrem Leben ein Album gekauft haben. Möglicherweise werden sie das auch nie tun. Es ist einfach eine andere Generation, was wir respektieren müssen. Und mal ehrlich: Ich genieße den Komfort von Spotify.

Dann danke ich dir vielmals für deine Zeit. Bleib gesund!

Danke gleichfalls.

Quelle: Marko Tervonen (THE CROWN), Foto: Ida Kucera
27.02.2021

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

Exit mobile version