Arch Enemy - Doomsday Machine

Review

Anfang diesen Jahres mag manch ein Kritiker und Fan augenreibend in tiefen Unglauben verfallen sein. Da war von der Erschaffung des „ultimativen Metal Albums“ die Rede, von „Zeiten alter Metal Magie, als Bands noch mit unglaublichem Flair und Leichtigkeit einen Klassiker nach dem anderen raushauten“. Jeder x-beliebigen Band hätte man mit ebenso einer Leichtigkeit unheilbaren Größenwahn attestiert, wäre es nicht ARCH ENEMY-Seitenmagier Michael Amott gewesen, aus dessen Munde solch verheissungsvolle Worte scheinbar wie Balsam auf die geschundene Seele der ARCH ENEMY-Fans flossen. Hatten jene doch in den letzten Jahren einen qualitativen Abstieg ihrer Lieblingband beobachten müssen: zunächst der Ausstieg der Kehlkopfröhre Johan Axelsson und sein Ersatz durch die vielfach nicht anerkannte Angela Gossow, später das von vielen als schwach bezeichnete weil zu simpel gehaltene „Anthems Of Rebellion“.

Mit „Doomsday Machine“ sollte nun also der Pfad alter Tugenden wieder beschritten werden. Falls es so etwas wie das ultimative Metal Album überhaupt noch geben sollte, so haben ARCH ENEMY diesen höchsten Anspruch in zweierlei Hinsicht für sich geltend gemacht: Ja und Nein.
Ja, weil die erste Hälfte des Albums alles und jeden in Stücke zerreißt. Ein zweiminütiges apokalyptisches Intro ohne jegliches Synthesizergeschwafel aber mit stimmungsaufbauenden Gitarren leitet in einen Nackenbrecheropener par excellence über, bei dem sofort zwei Dinge klar werden: dieses Album wird von Gitarren dominiert und ihr Herr Michael Amott ist auf dem besten Weg Gott zu werden. Amotts groß angekündigte Riff- und Soloschlacht manifestiert sich mehrfach pro Song in schier irrwitzigen Frickeleskapaden und genialen Wahnsinnsriffs. Bester Beweis ist das folgende „Nemesis“, welches sich präzise durch die Gehörgänge schlitzt, das Hirn chirurgisch akkurat in feinste Scheibchen schneidet und mit einem epischen Refrain und Outro eine Hymne für die Ewigkeit in Stein meißelt. „My Apocalypse“ und „Carry The Cross“ sind bitterböse Midtempowalzen mit mit dunkelsten Wolken verhangenem Blick, nicht gerade für gute Laune geeignet. Als Abschluß für eine perfekte erste Hälfte prügelt der Thrashkracher „I Am Legend/Out For Blood“ alles nieder und lässt zur Songmitte hin sogar Black Metal-Feeling anhand von amtlichen Blastbeats aufkommen. Ein Verdienst von Drummer Daniel Erlandsson, der mit technisch versierter und abwechslungsreicher Arbeit den größten Sprung in der Entwicklung gemacht hat.

Dass die Produktion ebenfalls einen Schritt nach vorn gemacht hat, ist Andy Sneap und Rickard Bengtsson zu verdanken, die „Doomsday Machine“ den bisher besten Anstrich eines ARCH ENEMY-Albums verpassten.
Nein, weil die zweite Hälfte nicht das hält, was die erste verspricht. Zwar sind mit „Mechanic God Creation“ (man höre sich nur den herrlich arrogant hingekotzten Anfangsriff an) und „Machtkampf“ zwei weitere Hochkaräter vertreten. Zum ersten Mal wird aber kein atmosphärisches Akustikinstrumental geklimpert, sondern ein knapp vier Minuten langer Jam, der ebensogut auf einem RUSH-Album hätte erscheinen können und nur zwei Meinungen zulässt: Hass oder Liebe. Musikalische Einflüsse, schön und gut, aber eine so weitgehende Zurschaustellung auf einem genrefremden Album ist überflüssig. Auch beim Schlussakkord „Slaves Of Yesterday“ hat sich das Kreativdepartment nicht mit Ruhm bekleckert. Der Song leidet, man mag es kaum glauben, an seltsamer Ideenlosigkeit, plätschert fast schon uninspiriert dahin und erfüllt die Aufgabe des Rausschmeissers nur notdürftig. Futter für alle Angela Gossow-Gegner gibt es natürlich auch noch. Im Gegensatz zu „Anthems Of Rebellion“ weiss die Frontfrau besser zu gefallen, da ihre Vocals dieses Mal viel harscher und mit einem deftigen Livesound daherkommen. Hardliner werden aber auch diesmal den Vergleich zu ihrem Vorgänger ziehen, bei dem sie einfach nicht gewinnen kann.

„Doomsday Machine“ ist nicht der von vielen erhoffte, endgültige ARCH ENEMY-Durchbruch geworden. Ob es den in Zukunft geben wird darf bezweifelt werden, jetzt da während der Aufnahmen mit Christopher Amott ein wichtiger Teil der Band ausgestiegen ist und dieser nur schwer zu ersetzen sein dürfte. Für den Moment gilt: Ziel verfehlt.

03.08.2005
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