Borknagar - Epic

Review

Wahrhaftig episch ist es geworden, das neue Borknagar Album! Nicht nur die Spielzeit von einer knappen Stunde beschreibt hier einen ausufernden Rahmen, auch die Musik ist nur als überdimensional zu bezeichnen. Borknagar schaffen es tatsächlich, dem Wort „episch“ in allen Belangen gerecht zu werden, indem sie es verstehen, die entferntesten Pole musikalischen Ausdrucks wie durch einen Trichter in zwölf Songs zu konzentrieren, sodass sich am Ende eine stimmige Essenz herauskristallisiert. Diese Extreme liegen auf „Epic“ in kompakter Form so dicht beieinander, nur um sich bei Wiedergabe wieder zu einem schier grenzenlosen Klanguniversum zu entfalten, welches einen Hauch der Unendlichkeit dessen erahnen lässt, was mit Musik artikulierbar ist. In Songs, deren Ideenreichtum bei anderen Bands für ganze Alben ausreichen würde, gehen die mittlerweile zum Quartett geschrumpften Nordmänner derart vielschichtig zu Werke, dass einem ein und derselbe Song jedes Mal neue Facetten zu offenbaren vermag. Vielfach sich überlagernde Harmonien kämpfen gegeneinander, kulminieren zusammen, ergänzen sich perfekt, nur um im nächsten Moment total asynchron auseinander zu laufen und einem Moment Platz zu machen, welches seither unter der Oberfläche verborgen war. Allein schon Vintersorgs Stimme, die oft wie entfesselt über die Instrumentalisierung jagt, eröffnet immer wieder unvorhersehbare kontrapunktische Hinterhalte, die man erst bei mehrmaligem Zuhören zu begreifen beginnt. Borknagar beherrschen das Spiel mit Licht und Schatten, Harmonien und Disharmonien, nahezu perfekt, wobei sich die Instrumentalisierung so abwechslungsreich wie stimmungsvoll gestaltet: von gefühlvollen Akustikgitarren und gezupften Violinen über ausufernde Hammondorgel-Teppiche, filigrane Gitarrensoli und blastendes Schlagwerk bleibt keine Facette unberührt und trägt so zur ungeheuren Dichte des Werkes bei. Einfach ist das Material wirklich nicht, jedoch dringt man mit jedem Durchlauf eine Ebene tiefer in das engmaschige Gewebe ein, das Borknagar hier gesponnen haben. Dennoch erscheint mir „Epic“ trotz noch einmal gesteigerten musikalischen Anspruchs zugänglicher als der Vorgänger „Empiricism“, mit dem ich bis heute nicht wirklich warm geworden bin. Leute, die „Empiricism“ mochten, werden mit „Epic“ auf jeden Fall ihre Freude haben!

03.07.2004
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