Christoph Ziegltrum - Mammal

Review

“Mammal“ ist nicht nur das englische Wort für Säugetier, “Mammal“ ist auch der Name einer fiktiven Band aus dem gleichnamigen Debütroman des Autors und Musikjournalisten CHRISTOPH ZIEGLTRUM. Laut Pressetext handelt es sich bei “Mammal“ um einen dystopischen Rock’n’Roll-Roadtrip durch ein zerfallenes Europa. Klingt spannend? Ist es auch!

Dystopischer Roadtrip mit einer Prise metallischem Wahnsinn

Der Leser stürzt sozusagen kopfüber in die Handlung und die dystopische Welt hinein und findet sich mitten im Jahr 2043 in einem Videointerview zwischen den beiden Hauptfiguren Henny, einem Musikjournalisten und Gabriel, dem Bandleader der fiktiven Band Mammal wieder. Das Interview geht grandios schief, und beide kommen nicht besonders gut weg dabei. Natürlich zieht das für Henny Ärger mit seinem Magazin nach sich, und eigentlich hakt er Mammal danach erstmal ab. Als dann die überraschende Einladung exklusiv an Henny hereinschneit, die Band auf ihrer großen Abschiedstour zu begleiten, ahnt er schon, dass diese Reise alles, aber nicht einfach wird. Soweit der Beginn der Story.

Den Einstieg in das Buch an sich macht CHRISTOPH ZIEGLTRUM dem Leser leicht. Die Infos und Gegensätze zu unserer heutigen Welt gibt es leicht verständlich im Geschehen serviert, was der Handlung Fahrt verleiht und den Lesefluss beschleunigt. Der Autor versteht es, mit wenigen Worten Stimmung zu kreieren und seine Leser in ein nahezu immersives Leseerlebnis hineinzuziehen. So kann es durchaus passieren, dass man das Buch zuklappt und sich kurz fröstelnd verwirrt die Augen reibt, weil man gedanklich gerade intensiv aus der Windschutzscheibe eines nach Zigarettenrauch stinkenden Vans in einen Schneesturm bei Dunkelheit gestarrt und versucht hat, die altersschwache Karre auf der Straße zu halten – und doch eigentlich die ganze Zeit daheim neben der bollernden Heizung gesessen hat. Auch ist gerade der Hintergrund der titeltragenden Band Mammal unglaublich detailliert ausgearbeitet – es gibt einen Anhang mit einer kompletten Diskographie, Besetzungsliste und Notizen von Henny zu jedem Album der Band. Das hilft sehr, sich die Band noch besser vorzustellen, und trägt enorm zur Atmosphäre des Romans bei.

Abzug in der Kür gibt es, weil einige der Charaktere blass bleiben und zu grauem Rauschen verkommen – Laura oder Jeanette etwa wirken vielschichtig und greifbar, Marc oder Hunter dagegen belanglos, sie “sind halt auch da“. Auch verliert der Roman hinten raus ein bisschen Luft. ACHTUNG SPOILER: Bis zu dem Punkt, als Henny von der Band in Riga ausgesetzt wird, ist die Story zwar rasant, aber noch nachvollziehbar. Ab diesem Punkt zerfasert das Geschehen etwas, so als hätte der Autor an mancher Stelle selbst den Faden verloren oder wäre in Eile gewesen. Nicht alle Beweggründe der Figuren sind nachvollziehbar, nicht alle Fragen werden aufgelöst, und nicht alle Auflösungen sind schlüssig oder der zuvor aufgebauten Spannung angemessen.  Zudem ist “Mammal“ zwar hervorragend lektoriert, aber ein gravierender Fehler ist dennoch auffallend. Einer der Nebencharaktere, der die Band bis zum Ende begleitet, heißt in der ersten Hälfte mit Nachnamen konstant Stöckli, ab ca. der zweiten plötzlich dauerhaft Stückli. Das mag bei der sonstigen hier vorliegenden Qualität Jammern auf hohem Niveau sein, ist aber etwas, das den Lesefluss immer wieder sehr stören kann.

Dystopie mit Eindruck

“Mammal“ hinterlässt trotz aller Kritik bleibend positiven Eindruck. Sei es, weil das dystopische Szenario, das CHRISTOPH ZIEGLTRUM hier entwirft, an manchen Tagen so beängstigend real und nah erscheint, oder, weil die meisten Charaktere so treffend und menschlich skizziert sind. Als Leser fühlt man mit dem Protagonisten Henny mit, den es wie ein Blatt im Wind mal hierhin, mal dorthin treibt, der aber erst am Ende so richtig weiß, was er vom Leben wirklich will. Der Roman wirkt lange nach, und die Story hält den Leser bis zum Schluss fest. Ein gelungener Erstling, der Lust auf Nachschub macht.

21.12.2025

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