Cult Of Luna - Somewhere Along The Highway

Review

CULT OF LUNA bieten auch auf „Somewhere Along The Highway“ diese wabernden Gitarrenakkorde, die wie durch einen Schleier aus mit Schwermetallatomen angereichtertem Nebel eher zu halluzinieren denn wirklich nachzuvollziehen sind. Die sieben Schweden aus Umeå mischen erneut schwerfällige Licks mit Noise-Core und atmosphärischer Ambient-Lava. Dabei wird sofort klar, dass sie ihrem Stil absolut treu geblieben sind, denn einfacher als früher machen sie es dem Hörer nicht.

„Marching To The Heartbeats“ führt schon mal ruhig mit klaren Stmmen zu sphärischer Musik ins Album. Doch Beunruhigung greift hier schon um sich. „Finland“ beginnt mit Doom, kehliger aggressiver Gesang begleitet den pumpenden Rhythmus, dann das Break: sanfte Postrockklänge dominieren den Mittelteil des Songs, schwebende Licks werden minutenlang zelebriert. Dann folgt noch einmal eine Eruption voller Zerrissenheit und innerem Widerstreit. Müßig zu sagen, dass die Zehn-Minuten-Grenze hier locker passiert wird. Im folgenden „Back To Chapel Town“ meint man sich in ein U-Boot versetzt, Unterwassereffekt und Sirenenatmosphäre bestimmen das Bild. Dann das Riff an einer Stelle, wo bei anderen der Song schon vorbei wäre. Der gequälte Gesang setzt ein, verstörend, das ganze. Dennoch, sie haben wiedererkennbare Hooks oder Gesangslinien eingebaut, die nach und nach entdeckt werden wollen. Die Qualen der Seele werden vertont; selbige verlaufen weder linear, noch kann man leicht die Ursachen der Verstörung bestimmen, manchmal nicht mal mehr die Wirkung von selbiger abgrenzen.

„And With Her Came The Birds“ (Der Titel ist klangvoll, well done!) enthält Banjo-Klänge, wird in Klarstimme vorgetragen, von sphärischen Gitarren-Akkorden begleitet. Denn amerikaniche Musik ist auch in „Somewhere Along The Highway“ enthalten, allerdings nicht vordergründig. Gekonnt inszenierte Monotonie begleitet uns durch den Song. „Thirtyfour“ eröffnet instrumental, unheilkündend, auch hier wird experimentellen Rhythmen Raum zur Klangentfaltung gelassen. Der verzweifelt anmutende Gesang im Verbund mit den Noiseklängen lässt das Bild eines vereinzelten Individuums vor der grauen Kulisse der verregneten, völlig menschenleeren Stadtsilhouette entstehen. „Dim“ verzaubert zunächst mit einlullender Ruhe und swingender Entspannung, hervorgerufen durch nahezu avantgardistische Gitarrentöne. Ein Instrumentalmarathon wird das geradezu, denn auch hier werden die zehn Minuten lässig überboten, und man merkt es kaum. Erleichterung vor dem Vulkanausbruch? Wenn die Hypnose ihre stärkste Wirkung entfaltet hat, gibts am Ende überraschenderweise noch Gesang, in ein Klasseriff gebettet. Toll, diese Steigerung.

Auf jeden Fall interessante, komplexe Musik, mit der man sich eingehend beschäftigen muss, ähnlich wie es mir beispielsweise mit Bands wie ISIS, NEUROSIS oder TOOL ergeht. An gängige Genrevorgaben, was Songstrukturen angeht, halten sich CULT OF LUNA nicht. Hier wird wirklich progressiv gespielt, nicht wie z.B. bei COMMUNIC Power Metal als Prog ausgegeben, nur weil mal in einem Song ein Chorus nicht wiederholt wird. „Dark City, Dead Man“ bildet den Abschluss dieser tour de force. Klangkaskaden industrieller Natur, dennoch organisch, das ist Sache von CULT OF LUNA, regelrecht eine Kunst, denn steril, kalt, mechanisch klingen sie nicht. Von der Atmosphäre der Waldbeschwörung düsterer Black-Combos sind sie auch weit entfernt, ähnlich ihren norwegischen Brüdern von RED HARVEST. Wer die Seele vertonen will, muss auch warme Töne beimischen, denn ohne Körper ist selbige ja kaum denkbar. Verzweiflung auch im Finale, ganz entfernt tönt bisweilen Doom amerikanischer Machart durchs Stahlgeäst. Noch einmal bekommen wir die volle Dröhnung: psychedelische Spielereien, endlose Schleifen monoton ausufernder, leicht variierter Riffs und die anklagenden Vocals lassen den Wunsch nach Erlösung entstehen von den ausufernden Qualen, die die Seele in Zeiten unserer Zivilisation heimsuchen.

06.07.2007
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