De Forbandede - Menneske

Review

Die Angst, die viele Menschen vor dem aktuellen KI-Hype haben, ist nicht unbegründet: Die meiste Musik ist so generisch, dass sie auch von der Künstlichen Intelligenz hätte erstellt werden können. Umso schöner ist es, dass die dänischen Weirdo-Rocker DE FORBANDEDE hier ein Werk mit unverwechselbaren Fingerabdruck hingelegt haben. Bei dem neuen Doppelalbum „Menneske“ ist der Name Programm:  Er bedeutet nämlich „Mensch“.

Es ist nicht nur so, dass die menschliche Natur hier in all ihren Facetten beleuchtet wird – das Werk erkundet auch noch die unterschiedlichsten musikalischen Einflüsse sowie die Schönheit der dänischen Sprache. In Zeiten universeller Charakterlosigkeit serviert man uns ein kleines Kuriosum, welches nur so vor … nun ja… Menschlichkeit strotzt.

Mit DE FORBANDEDE auf Entdeckungsreise

Bereits die Veröffentlichungspolitik der Dänen sorgt für hochgezogene Augenbrauen: „Menneske“ erscheint zunächst nur digital und auf Kassette – die Doppel-LP wird später folgen. Warum das angeschlagene Medium der CD so wenig Liebe bekommt, müssen Band und Label natürlich selber wissen. Dieser unkonventionelle Approach setzt sich selbstredend auch musikalisch fort: Der Opener „Horisontens Tomhed“ begrüßt uns mit saftigen Drumfills, ominösen Keyboards, einem fuzzigen Bass und der eigenwilligen Gesangsperformance von Frontmann Peter Østergaard Christensen. 

Man traut sich kaum, das abgedroschene Wort „Kauzigkeit“ zu verwenden – doch diese Beschreibung passt wirklich sehr gut zu den originellen und komplett in dänisch gehaltenen Vocals. Das wirklich weit gefasste emotionale Spektrum fällt selbst beim ersten Hördurchlauf auf: Versatzstücke aus 70s-Pop treffen auf noisigen Post-Rock und apokalyptische Vibes. „Odyssè“ ist das beste Beispiel für Letzteres und treibt selbst hartgesottenen Gemütern die Schweißperlen auf die Stirn – nur um danach den entspannten Fuzz-Pop-Sounds der Single „Vinger“ zu lauschen. 

Quantität der Qualität 

Spätestens bei „Sort Inferno“ wird klar, dass wir es hier mit einer ganz besonderen Band zu tun haben: Es handelt sich um einen pechschwarzen Blues, der mit „Uuuuhs“, dissonanten Sounds und harschen Backing Vocals daherkommt. Die Keyboards erzeugen ein cinematisches Flair, welches seinesgleichen sucht. Als wenn das nicht genug wäre, übertrifft „Eva“ das Ganze noch einmal und katapultiert den Zuhörer mithilfe einer melancholischen Ian-Anderson-Gedächtnisflöte in eine andere Galaxis.

Der Zuhörer wird mit einem Überfluss an Eindrücken erschlagen und muss feststellen, dass er lediglich die erste Schallplatte gehört hat – weswegen es DE FORBANDEDE wohl nach der Halbzeit deutlich kompakter angehen lassen. „Djevel“ ist beispielsweise kurzer, knackiger Indie-Punk, der mit Hammond-Orgeln begleitet wird. Egal wie vielseitig und unterschiedlich die insgesamt 19 Songs auch sein mögen: Die charakteristischen Soli und warmen Fuzz Rock Sounds sind das verbindende Element des Doppelalbums. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem wunderschöne Akustik-Song „Harmageddon Vej“ auch dieses Muster bricht. 

Mensch oder Teufel?

Obwohl die dänischen Rocker bereits im Songwriting vertieft waren, hat ihnen die Pandemie den notwendigen Freiraum gegeben, „Menneske“ in die wunderbar seltsame Form zu gießen, in der es nun vorliegt. Die schiere Masse der vorhandenen Songs beweist, dass man es mit einem kollaborativen Werk einer gut eingespielten Band zu tun hat. 

Das Album ist keine leichte Kost und wirkt (im positiven Sinne) wie aus der Zeit gefallen: Wer nicht genug Neugier und Geduld mitbringt, wird keine Freude daran finden, die einzelnen Stücke zu erkunden und die kauzige Atmosphäre auf sich wirken zu lassen. Alle anderen können sich mithilfe ihres Sony-Walkmans in die Welt von „Menneske“ zurückziehen und dem Alltag entfliehen.

06.05.2023

Werbetexter und Metalhead aus NRW.

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